Die Hoehle des Grauens
festhielt. Klick. Stanley, aus dem Boot rutschend. Klick. Fairbanks.
Justus atmete durch und wollte die nächsten Motive anwählen, als ihm eine der schreienden Bodenplatten, die auf den Fluren angebracht waren, einen gehörigen Schreck versetzte. Irgendjemand war draußen unterwegs, und er schien direkt vor Donellys Zimmer zu sein! Doch Justus war auf eine solche Situation vorbereitet: Bereits beim Betreten des Raums hatte er nach Fluchtmöglichkeiten und Verstecken Ausschau gehalten. Mit einem Griff war die Kamera ausgeschaltet. Schnell ließ er sie auf die Kommode gleiten.
Als Notversteck hatte Justus die Garderobe gewählt, die durch eine Tür mit Lamellen verdeckt war. Durch sie konnte man, so hoffte er, Teile des Raumes überblicken. Flinker und geräuschloser, als man es seinem stattlichen Körper zugetraut hätte, war er nach wenigen Sekunden zwischen den Hemden und Anzügen Donellys verschwunden und hatte die Tür von innen zugezogen. Er versuchte, möglichst ruhig und gleichmäßig zu atmen. Die an den Bügeln hängende Kleidung roch nach Donellys auffälligem Rasierwasser. Doch von einer Seite legte sich ein leicht parfümierter Hauch darüber, der eindeutig von jemand anderem stammte. Justus ertastete eine feine Bluse. An der Position der Knöpfe erkannte er verwundert, dass es eine Damenbluse war. Doch er hatte keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen. Schon hörte er ein leises Kratzen an der Zimmertür, dann öffnete sie sich langsam.
Bob ließ sich Zeit. Dank Justus’ exakter Beschreibung war es leicht, den Weg zur Hütte des Wilderers zu finden. Doch Bob wollte nicht unangenehm überrascht werden. Immer wieder verharrte er an einer geeigneten Stelle, um die Umgebung nach etwas Verdächtigem abzusuchen. Jetzt müsste ich ein Indianer sein, schoss es ihm durch den Kopf. Spuren lesen, Geräusche verstehen, lautlos sein, für andere unsichtbar werden. Der Vogel, der dort aufstieg: War sein Lärmen Ausdruck der Freude über eine gelungene Beute? Oder hatte er sich erschreckt, vor einem Luchs … vor einem Menschen? Je mehr Bob auf die Umgebung achtete, desto mehr beschlich ihn das Gefühl, dass er beobachtet wurde. Der Wilderer kannte sich aus. Er lebte hier. Er wusste jeden Schritt und Tritt. Er las die Natur. Auf hundert Meter hörte er den Ast zerbrechen, den Bobs Fuß gerade zertrat. Bob hielt inne und sah sich um. Der Wald war dichter geworden und dunkler. Zwischen den Stämmen, Ästen, Zweigen und Blättern war der Fußpfad kaum noch zu erkennen. Irgendwo dahinten musste eine Lichtung sein, auf der sich die Hütte befand. Bob versuchte sich zu beruhigen. Der Wilderer stand nicht oben auf der Liste der Verdächtigen. Diese Position hatte Jack Donelly inne, zumindest wenn es nach Bob ging. Aber sicher war er sich nicht. Vorsichtig schlich Bob weiter.
Dann sah er das grüne Leuchten. Die Lichtung, die Blockhütte, sie war ganz nah. Bob hatte dem Pfad folgend einen kleinen Hügel umrundet, und die Sicht war plötzlich frei. Fast automatisch blieb Bob stehen, um die Hütte näher in Augenschein zu nehmen. An dieser Stelle war der Pfad breiter, und ein Erdwall gab ihm Deckung. Bob starrte auf eine alte Blockhütte, die notdürftig repariert worden war. Ein Berg von Holzscheiten wartete auf seine Verwendung. Seitlich an der Hütte hatte der Wilderer Körbe in unterschiedlichen Größen gestapelt. Kein Rauch stieg von der Feuerstelle, keine Bewegung war sichtbar, nichts tat sich.
Außer diesem leisen Knacken. Direkt über ihm. Dann ein Fauchen, ein scharfer Luftzug. Bob warf den Kopf hoch, doch es war bereits zu spät: Ein riesiger Korb sauste auf ihn nieder, streifte ihn an der Schulter und warf ihn dann zu Boden. Bob war gefangen.
Sein erster Gedanke war weg, weg von hier . Bob robbte zum Rand des Korbes, und es gelang ihm, ihn anzuheben. Doch als er den Arm unter dem frei gewordenen Spalt durchstreckte, drückte sich ein großer zerschlissener Lederschuh auf sein Handgelenk. Entsetzt blickte Bob nach oben. Er sah direkt in ein wütend funkelndes Augenpaar, das er gerade noch durch ein Gewirr von Haaren ausmachen konnte. Der Wilderer.
»Sieh an! Welch hübscher Fang!«
»Ich … ich …«, stotterte Bob.
Ohne auf sein Gestammel zu achten, zog ihn der Mann mit einem kräftigen Ruck unter dem Korb hervor. Geschickt fesselte er Bobs Hände. Mithilfe eines Seils brachte er den Korb wieder in seine alte Position unter den Ästen zurück. Dann stieß der Mann Bob vorwärts. Er verlor kein
Weitere Kostenlose Bücher