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Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Titel: Die Höhle in den Schwarzen Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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kleinen Lagerplatz überschauen konnte. Es gab keinen Zweifel, er hatte die Gesuchten vor sich. Es waren zwei große, kräftige Kerle, noch jung, in Leder gekleidet. Die Schlapphüte hatten sie abgelegt. Haar und Bart waren ihnen lang und dicht gewachsen, so daß nur noch Stirn und Nase herausschauten. Die Nasen ließen sich aber auch nicht so leicht übersehen, sie waren groß und so krumm wie Geierschnäbel. Die Männer saßen auf der einen, die Pferde standen auf der anderen Seite des Lagerfeuers. Es waren vier Pferde, zwei Reitpferde und zwei Packpferde.
    Der Junge hätte gern gelauscht, was die Männer sprachen, aber eben jetzt verstummten sie, und der eine der beiden kümmerte sich um das Fleisch, das in der Asche briet. Es roch gut, besonders für den, der Hunger verspürte und ein eiskaltes Bad hinter sich hatte. Rechter Hand ragte etwas aus dem Gebüsch, ein Stück Elchschaufel und ein Stück Fell. Diese Männer hatten einen Elch erlegt. Einer der beiden hatte seine Flinte neben sich ins Gras gelegt. Er rutschte näher ans Feuer, ohne an die Waffe zu denken. Sie blieb ein Stück hinter ihm im dunklen Schatten liegen. Die Sonne war schon gesunken.
    Die Gelegenheit weckte in Harka den Gedanken an einen Streich, den er den Männern spielen wollte, um ihnen zu beweisen, wie unvorsichtig sie waren. Schließlich wurde nicht nur Harka Wolfstöter Bärenjäger von einem Elch überrascht und um seinen Bogen gebracht. Auch anderen Leuten passierten Dummheiten! Harka vermochte nicht zu widerstehen, und obgleich die Sache unter Umständen üble Folgen nach sich ziehen konnte, packte er die Flinte, die hinter dem Rücken der schmausenden Männer im Grase lag, hob sie unhörbar auf und verschwand damit so rasch, wie ein lautloser Rückzug überhaupt möglich war. Soviel er gesehen hatte, wollte jeder der Männer vier bis fünf Pfund Fleisch vertilgen. Sie würden sich nicht so rasch umdrehen und den Verlust nicht gleich bemerken.
    Harka schlich sich vom Flusse weg weit in die Wiesen hinaus und schrie wie eine Eule; das war sein Zeichen für Stark wie ein Hirsch. Bald konnte er hören, daß der Gefährte mit den Pferden kam. Der Schwarzfußjunge brachte die Mustangs im Schritt herbei, so daß sie nicht viel Geräusch verursachten. Die Männer am Lagerfeuer schienen noch immer nichts bemerkt zu haben. Die Jungen lachten sich im stillen eins. Harka blieb jetzt bei den Tieren und der Beute, während Stark wie ein Hirsch offen zu dem Flußufer hinrannte und laut schrie:
    »He-ho! He- ho! Thomas! Theo!«
    Das mußten also die Namen der gesuchten Fallensteller sein.
    Vom Flußufer her wurden die krächzenden Stimmen der beiden Bärtigen vernehmbar. »Halloo! Halloo!«
    Die beiden Männer kamen aus Bäumen und Büschen heraus und gestikulierten. Harka erkannte sie in der beginnenden Nacht als Schattenrisse und setzte die Mustangs zu dem Lagerplatz hin in Bewegung. Stark wie ein Hirsch rannte voran, und Harka hörte, wie eine laute Begrüßung stattfand.
    »Junge! Junge! Das ist doch der Junge des Häuptlings! Wo kommst du denn her! Wo stehen eure Zelte?«
    Stark wie ein Hirsch antwortete den Männern irgend etwas, allerdings viel leiser, so daß Harka seine Worte nicht verstehen konnte. Aber die Fallensteller schienen einige Brocken der Schwarzfußsprache zu kennen, wie sich das für Jäger und Fallensteller in dieser Gegend gehörte, und sie antworteten wiederum laut:
    »Bei allen Teufeln, das ist ja wunderbar! Wo steckt dein Freund?« Harka sprang auf und galoppierte die letzte Strecke auf seinem Grauschimmel herbei; den Schecken führte er am Zügel mit. Die beiden Fallensteller versuchten wohl zu identifizieren, was da ankam.
    »Donnerwetter, zwei Luchse, zwei Luchse! Ihr habt Luchse gejagt? Kinder, Kinder! Ach, eine Flinte hat dein Freund! Das ist schon was anderes!«
    Harka konnte das Lachen kaum mehr unterdrücken. »Kommt zum Feuer!« sagte er auf englisch zu den beiden Bärtigen. »Ich will euch die Flinte zeigen!«
    »Schön, schön, Flinte zeigen! Auf die bist du natürlich stolz, so ein grüner Indianerjunge und schon eine Flinte! Kommt her! Wir haben einen Elchbraten, daran werdet ihr für acht Tage satt.«
    Die beiden bärtigen Männer und die Jungen mit ihren Mustangs begaben sich zu dem Lagerplatz. Thomas und Theo fachten das Feuer an, so daß es etwas heller leuchtete. Dann ging Harka auf den einen der beiden zu, hielt ihm die Flinte hin und sagte:
    »Diese Flinte schenke ich meinem älteren weißen Bruder. Er

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