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Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Titel: Die Höhle in den Schwarzen Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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mag sie für immer behalten!«
    »Aber bei allen Teufeln, Junge, Junge, was denkst du dir denn! Du kannst doch deine Flinte nicht verschenken! Das ist ein teures Stück! Was soll dein Vater dazu sagen! Vielen Dank, aber nein, nein, du brauchst doch das bißchen Elchfleisch nicht mit der Flinte zu bezahlen! So ein Indianerjunge, keine Ahnung hat er, was so was wert ist, keine Ahnung! Also laß schon, und behalte deinen Schießprügel! Ich habe doch selbst einen! Ich brauche keine zwei! Ganz genau den gleichen habe ich, wie du ihn mir schenken willst. Wie ein Zwilling, warte, ich zeige dir meine!«
    Der älter wirkende Bärtige begann im Grase zu suchen. »Verflucht und zugenäht, bei allen Teufeln, da lag sie doch, die Flinte, wo hast du sie denn hingeschafft, Theo!«
    »Nichts weggeschafft, nichts hingeschafft, Thomas. Du bist eine Stunde früher auf die Welt gekommen als ich, deshalb wirst du schon altersschwach!«
    »Du bist eine Stunde später als ich auf die Welt gekommen, deshalb bist du noch unreif! Grün bist du, ganz grün! Bitte sehr, dir das hier anzusehen ­ siehst du nicht noch das eingedrückte Gras hier und die Spur im Sand, wo der Kolben gelegen hat? Gib mal einen Augenblick dein Ding her, Indianerjunge, ich will dem Theo nur was zeigen! Schau her, du Baby Theo, wenn ich diese Flinte hier hinlege, paßt sie ganz genau in die Spur hinein! Also hat meine Flinte an dieser Stelle gelegen, und wo ist sie jetzt?!«
    »Eben wieder an der Stelle«, antwortete Theo trocken. Harka blieb ernst, nur seine Augen lachten.
    »Wieso wieder? Was jetzt hier liegt, ist doch die Flinte, die dem jungen Indsman gehört!«
    »Du bist eine Stunde vor mir auf die Welt gekommen, deshalb wirst du schon altersblind, Thomas. Siehst du denn nicht die Kerbe?«
    »Was für eine … alle Teufel und Hexen, wie geht denn das zu? Das ist die Kerbe im Schaft, die ich eingekerbt habe, als ich dem Erzgauner und Räuber, dem Hahnenkampfbill, im vorigen Frühjahr eine aufs Fell brannte, die er verdient hatte, und ich denke, er hat das Zeitliche gesegnet und brät in der Hölle.«
    »Nein«, sagte Harka. »Nein? Was heißt hier nein?«
    »Im vergangenen Herbst lebte er noch.«
    »Woher weißt denn du das?«
    »Mein Vater und ich sind ihm am Niobrara begegnet.«
    »Oh, er lebt noch? Das ist aber schade! Das ist aber wirklich schade. Ja, sehr schade. Aber wieso hast denn auch du eine solche Kerbe in deine Flinte gekerbt, genau an die gleiche Stelle … das grenzt doch an Zauberei!«
    »Ich habe nicht gezaubert, mein älterer weißer Bruder, ich war nur ganz leise und schnell!«
    »Du warst nur …« Thomas blieb der Mund offenstehen.
    Theo aber lachte schallend, hüpfte auf dem linken Bein und hob das rechte, um sich immer wieder auf den Schenkel zu klopfen. »Mein Bruder Thomas, du bist zwar eine Stunde früher als ich auf die Welt gekommen, aber kapieren kannst du erst eine Stunde später! Der kleine rote Gentleman hier hat dir deine Flinte geklaut, um dir zu beweisen, was du für ein alter Esel bist, und jetzt bringt er sie dir ganz gentlemanlike zurück!«
    Thomas sank in sich zusammen. »Da soll doch … ist denn so was möglich! Wie heißen Sie denn, junger Herr?«
    »Harka Nachtauge Steinhart Wolfstöter Büffelpfeil- versender Bärenjäger, der Sohn Mattotaupas.«
    Thomas hielt sich die Ohren zu. »Soviel Adel ist meinen alten Ohren zuviel. Also wie war das? Harry?«
    »Harka.«
    »Bleiben wir bei Harry, das kann ich leichter behalten auf meine alten Tage. Und dein Vater? Tomatto …?«
    »Mattotaupa. Vier Bären.«
    »Vier sind zuviel auf einmal für meinen bescheidenen Bedarf. Sagen wir Top. Das ist irgendwie christlich und ehrlich. Top und Harry! Einverstanden?«
    »So pflegten schon die weißen Männer in Minneapolis meinen Vater und mich zu rufen.«
    »All right! und du, Harry, hast dich also an einen alten erfahrenen Präriejäger angeschlichen und ihm die Flinte weggeholt. Aus dir kann noch was werden!«
    »Ich hoffe es, mein älterer Bruder. Aber ich habe auch eine Bitte an dich!«
    »Endlich das Elchfleisch, was?«
    »Wir haben Luchsfleisch. Aber du hast mit deinem Elch meinen Bogen erbeutet.«
    »Deinen … ach, das Ding, womit das Vieh sein Geweih geschmückt hatte, gehört dir? Das ist ja zum Bersten! Dort an der Elchschaufel hängt der Bogen, hast ihn gesehen, nicht? Nimm ihn dir nur, ich brauche keinen Bogen. Habe ja meine Flinte wieder!« Er strich zärtlich über den Lauf.
    Die beiden Bärtigen und die beiden Jungen

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