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Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Die Höhle in den Schwarzen Bergen

Titel: Die Höhle in den Schwarzen Bergen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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bester Stimmung waren, trennten sie sich, und die Jungen kamen früh genug zum Schlafen. Stark wie ein Hirsch blieb diese Nacht vor dem Ausritt Mattotaupas noch einmal im Zelt bei Harka.
    Die beiden Jungen lagen in ihre Decken gewickelt nebeneinander. Als Harka die Augen schloß, fühlte er sich froh und zuversichtlich. Das Zelt war jetzt gut versorgt. Der Vater wurde, obgleich er nur ein Gast der Siksikau war, wie einer der angesehensten Krieger behandelt und hatte seinen Gastgebern durch Klugheit und Tapferkeit schon viel genützt. Im ganzen Zeltdorf herrschte Einigkeit und gegenseitiges Vertrauen. Auch für den Zaubermann, der Dunklen Rauch geheilt hatte und unter dessen wachsamen Augen die anderen vier verletzten Krieger genasen, empfand Harka eine große Achtung. Von solchen Streitigkeiten, wie sie bei der Bärenbande am Pferdebach nach der ersten Berührung mit den weißen Männern ausgebrochen waren, ließ sich bei den Siksikau nichts spüren. Unangefochten waren die Schwarzfüße Herren der heimatlichen Wildnis. Hier wurde noch keine Bahn gebaut, hier wurden die Wanderungen der Büffelherden noch nicht gestört. Hier war alles, wie es seit Vaters, ja Großvaters und Urgroßvaters Zeiten gewesen war, und darum war alles so sicher und selbstverständlich. Auch die Geheimnisse, die es gab, waren uralte Geheimnisse, und niemand stritt sich über neu auftauchende Rätsel. Vielleicht würden diese auch einmal in die rauhe Grassteppe der Siksikau eindringen, denn die Zahl der weißen Männer war groß, und sie waren unruhig wie der Wind, der überall wehen und durch alle Ritzen dringen will. Aber bis dahin konnte viel Zeit vergehen, und vielleicht blieben die Siksikau in ihrem Lande doch ungeschoren. Stark wie ein Hirsch glaubte das, und Harka wollte es gern glauben. Er hatte die Lebensweise der weißen Männer nicht lieben gelernt, als er sich im Winter bei ihnen aufhielt.
    Harka dachte auch daran, daß sein Vater sich an Tashunka-witko rächen wollte, der ihn vor den Ohren und Augen der Siksikau einen Verräter genannt hatte. Der Junge hatte ein so unverbrüchliches Vertrauen in die kriegerische Tüchtigkeit Mattotaupas, daß er nicht viel Sorge um den Vater empfand, obwohl Tashunka-witko ein gefährlicher Feind war. Harka sah sich auch schon wieder im Besitz seiner doppelläufigen Büchse. Und doch bohrte etwas in ihm, wenn er an die Feindschaft zwischen Mattotaupa und Tashunka-witko dachte. In einem verborgenen Winkel seines Fühlens und Denkens wünschte er, daß Mattotaupa seinen Gegner nicht töten, sondern daß es ihm gelingen würde, diesen Oberhäuptling der Dakota von seiner Unschuld zu überzeugen. Dann brauchten sich nicht die besten Dakota gegenseitig abzuschlachten, während die Watschitschun (= Geister = Weiße) sich ins Fäustchen lachen konnten.
    Aber das waren sehr kühne und ganz neue Gedanken für Harka, und er bedeckte sie in seinem Innern noch, wie ein Adler seine Jungen mit den Flügeln deckt, um sie den Gefahren nicht auszusetzen, ehe sie ihnen gewachsen waren. Harka erinnerte sich an alles, was ihm sein Vater, was auch der ihm jetzt so verhaßte uralte Geheimnismann der Bärenbande an langen Winterabenden aus der Geschichte der Wälder und Prärien erzählt hatte. Als der alte Hawandschita noch jung gewesen war, hatte er den Ruf Tekumsehs, des »Berglöwen« vernommen, der zum gemeinsamen Kampfe rief, und er war ihm damals gefolgt.
    Die Gedanken des Knaben ließen von diesen schwierigen Fragen ab, denn der Schlaf kam ihm näher. Er erinnerte sich noch einmal an Uinonah, seine Schwester, die jetzt in den Zelten am Pferdebach auch in Lederdecken gewickelt lag, um einzuschlafen. Vielleicht dachte auch Uinonah eben an ihren Bruder und ihren Vater. Wie würde sie sich freuen, wenn Mattotaupa eines Nachts kam, um sie zu holen.
    Ob das so leicht sein würde? Scheschoka wohnte noch in diesem Zelte, Harkas zweite Mutter. Auch Schonka wohnte noch dort, Scheschokas Sohn, den sie mitgebracht hatte. Untschida wohnte noch in diesem Zelte, die Mutter Mattotaupas. An sie dachte Harka mit Liebe und Verehrung. Mattotaupa hatte aber nicht davon gesprochen, daß er auch Untschida mitnehmen könne, und das schmerzte den Jungen. An Harpstennah, seinen jüngeren Bruder, erinnerte er sich nur flüchtig.
    Harka hörte an den Atemzügen, daß schon alle Zeltbewohner außer ihm eingeschlafen waren, und auch er ließ jetzt alle Gedanken fahren und sank in einen tiefen Schlaf.
     
     

 
Der schwarze Bart
     
    Am

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