Die Höhle in den Schwarzen Bergen
weißen Männer unternehmen?« fragte der Indianer schließlich mit ausgetrockneter Stimme.
»Zu den Häuptlingen der Siksikau schicken sie Botschaft, daß sie dich ausliefern sollen. Andernfalls trifft die Blutrache der Weißen die Siksikau.«
Mattotaupa unterdrückte ein Aufstöhnen. Seine Lunge rang nach Luft, da ihm das Herz stocken wollte.
»Ich bin nicht dort nicht bei den Siksikau. Die Häuptlinge können sagen, daß ich nicht bei ihnen weile.«
»Das können sie. Wenn du aber dorthin zurückkehrst? Was dann?« Mattotaupa erhob sich, sehr langsam. Er stand in dem düsteren Raum mit der übel riechenden Luft, aufgerichtet, reglos, stolz. Sein Blick traf den Weißen, der noch am Boden hockte und lauernd zu ihm hinaufschaute.
»Ich kehre nie zurück«, sagte Mattotaupa, jedes Wort betonend, aber ohne jeden Klang in der Stimme. »Nie. Die Männer der Siksikau, die mich und meinen Sohn aufgenommen haben, werden nicht um meinetwillen zu leiden haben. Ich habe gesprochen, hau.«
Der Weiße zuckte mit den Schultern, spielte mit seiner Pfeife und blieb lange still.
Mattotaupa stand noch immer wie versteinert. »Top, du bist ein Ehrenmann«, sagte der Jäger endlich leise, »verflucht und tausendmal verdammt! Ich dachte längst, es kann, mich nichts mehr rühren. Aber jetzt geht’s mir noch mal ans Herz. Ein Glück, daß wenigstens der Junge die Zuflucht bei den Blackfeet hat. Aber dir, Top, dir geht’s jetzt, wie es mir schon lange geht. Ausgestoßen, verachtet, verfolgt, im Krieg mit allen! Es ist ein hartes Leben. Aber man kann es ertragen, weil man’s ertragen muß. Zum Sterben sind wir beide noch zu schade. Wir haben noch einiges auszurichten hier auf dieser Welt!«
Der Indianer schwieg noch einige Minuten und bewegte sich nicht. »Ja«, sagte er dann. »Es ist noch etwas auszurichten, ehe ich den Tod finde. Meine Rache! Harka soll nie zu hören bekommen, daß er einen Vater hatte, der eine Beleidigung nicht zu rächen verstand.«
»So ist’s! Du kommst wieder zu dir selbst, Mattotaupa, und du bist nicht allein. Wir beide gehören jetzt auf Gedeih und Verderb zusammen.«
»Mein weißer Bruder.«
»Mein roter Bruder Top!«
Der Morgen der toten Fische
Die Prärie zwischen den Quellflüssen des Platte, die sich mehrere hundert Meilen südwestlich der Jagdgründe der Blackfeet erstreckte, wurde wie alljährlich von der Sommersonne heiß beschienen, von den Winden ausgetrocknet. Kahle Sandstreifen zogen sich zwischen die Strecken, die von niederem Büschelgras und Stauden bewachsen waren. Manche Bachbetten führten kein Wasser mehr, in anderen quälten sich seichte Rinnsale weiter. Verlassen lagen die Büffelwege. Die Herden waren nördlich oder östlich zu frischeren Wiesen gezogen. Hirsche und Elche hatten die Wälder der Vorberge im Westen aufgesucht.
Öde, einsam und unfruchtbar dehnte sich das Land unter dem verblassenden Sternenhimmel und sah dem Tag entgegen, der neue Hitze, neuen Wind, aber kein frisches Wasser bringen würde.
In dem kleinen Lager der Bahnvermessungsexpedition wurden die Schläfer wach. Die Männer gingen an den Bach, bei dem die Zelte aufgeschlagen waren. Halb verschlafen noch rief der oder jener einem anderen etwas zu, aber die meisten blieben stumm und mürrisch und dachten daran, daß ihnen die Konserven heute nicht besser munden würden als am Tage vorher. Sie waren aber alle zufrieden, daß mit der Arbeit wieder früh begonnen werden sollte, denn nichts wünschten sie mehr als ihre Aufgabe erfüllt zu haben und der Einöde und ihren lauernden Gefahren wieder zu entrinnen. Die Männer gingen bei den Zelten und dem Bach nur mit der Hose bekleidet, aber schon nach dem Frühstück legten sie ihre Röcke an, die ihnen gegen Pfeile und Messer wenigstens einen gewissen Schutz zu bieten schienen. Sie trugen alle, vom Ingenieur bis zum letzten Packträger, Revolver oder Pistole im Gürtel. Ihre bärtigen Gesichter, ihre Hände waren sonnenverbrannt.
Der Leiter der Expedition stand vor seinem Zelt. Er wollte warten, bis die drei in der Nacht ausgestellten Wachtposten zurückkamen und mitteilten, ob sie irgend etwas Verdächtiges bemerkt hatten. Zwei Männer sah er schon, die Flinte im Arm, herankommen. Er kannte sie so gut, wie er alle im Lager kannte.
Der eine, mit Namen Bill, war ein vierschrötiger Kerl. Er wirkte brutal; um seinen Mund spielte eine gewisse Dummschlauheit. Der zweite, fast um einen halben Meter größer, fiel durch seine Barttracht auf.
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