Die Höhlenkinder 3 – Im Steinhaus
Met als Trost- und Labetrunk zu genießen. Nun, da er das Bienenvolk im Garten wußte, sah er keinen Grund, sich den Genuß zu versagen.
Das Bauholz für den Laubengang war fertig. Evas Bedürfnis nach Sonnenschein sollte bald erfüllt werden. Die Obstbäume, die im Vorjahr zurückgeschnitten und von Wurzeltrieben gereinigt worden waren, zeigten vielfach Kurztriebe mit vielen, auffallend großen Blütenknospen, die einen reichen Ertrag versprachen. Und Eva freute sich schon, daß ihre Hausbienen honigsammelnd von Blüte zu Blüte fliegen würden. Aber noch schienen sie ihren Winterschlaf zu halten. Die Bäume waren verblüht, die Fruchtknoten dick und prall, aber noch immer schienen die Bienen zu schlafen. Hans entfernte in Gegenwart der Mutter das Verschlußbrett an der Rückwand des Bienenstocks. Ein übler Gestank quoll ihnen entgegen. Auf dem Boden der Höhlung lagen die Bienen in Haufen beisammen, regungslos, mit Schmutz besudelt, einzelne von Schimmel überzogen: Das Bienenvolk war tot. Eva hatte Tränen in den Augen, und Peter, der hinzugekommen war, stieß einen Ruf tiefer Enttäuschung aus. Da sagte Eva, was sie ahnte: »Wißt ihr, was da geschehen ist? Verhungert sind sie! Ihr habt ihnen allen Honig genommen; das war ja ihr Wintervorrat. Arme Bienen!«
Peter kehrte wütend in seine Werkstatt zurück. Hans aber fegte den Bienenstock leer und wusch alle Wände mit Aschenlauge. Erst nach Tagen, als die Bienenwohnung vom Winde getrocknet und geruchlos war, fügte er die Hinterwand ein. Während er mit dem Vater am Laubengang baute, grübelte er darüber nach, wie er es anstellen sollte, für seinen Bienenstock ein neues Volk zu bekommen. Indes lockten die blühenden Ränder der Gemüsebeete fremde Bienen um so reichlicher an, je mehr Sommerblüher die Frühlingsblumen ablösten.
Hans verfiel darauf, das Flugloch des leeren Bienenstockes mit Honigwasser zu besprengen, um die Gäste auf die leere Wohnung aufmerksam zu machen. Sie gingen wohl ein und aus, aber keine Biene blieb darin über Nacht. Am hellen Mittag nach der Sommersonnenwende jedoch senkte sich ein schwärmendes Volk zum Stock nieder. Als wimmelnde Traube hing es unter dem Flugloch. Die Sonnleitnerleute beobachteten mit angehaltenem Atem, wie langsam der Einzug vor sich ging, während aus dem Innern des Stockes ein eigenartiges Summen drang, als riefe eine »Stimme« das Volk ins Innere. In der nächsten Woche ließen Peter und Hans ihren Laubengang im Stich und suchten den Wald nach hohlen Baumstämmen ab. Es gelang ihnen, im Garten neben dem besiedelten Klotz noch fünf andere aufzustellen, die Hans mit Bohrer, Meißel und Säge in geräumige Bienenwohnungen verwandelte. Er versah sie mit Querstäben zum Ansetzen der Waben. Zwei Klötze wurden noch im Laufe des Sommers von zugeflogenen Schwärmen besiedelt.
Im Spätsommer bauten Hans und Peter einen Windfang vor die Haustür und darüber für Eva ein Sonnenplätzchen, das durch eine Tür im Obergeschoß zugänglich war. An den Ausbau des Laubenganges kamen die beiden Männer noch nicht.
Zur gleichen Zeit holten sich die Sonnleitnerleute zum ersten Mal eigenen Honig von den Stöcken und beschlossen, den Tierchen das als Wintervorrat zu lassen, was sie noch bis zum Herbst eintragen würden. Bei dieser Gelegenheit schaffte Peter drei Töpfe Honig für sich beiseite, damit ihm der Met nicht ausginge. Da er seinen heiter stimmenden Trank weder mit Hans noch mit Eva teilen wollte, verwahrte er ihn in der Bärenhöhle und schluckte heimlich davon, sooft er auf Fischfang zog, den er lange vernachlässigt hatte.
Evas Befinden besserte sich wieder ein wenig; Peter verschob den Weiterbau am Laubengang auf das nächste Jahr und widmete sich der Heuernte. Zum Helfer beim Einbringen hatte er sich einen starken Ziegenbock abgerichtet. Der wollte zwar anfangs nicht, aber unter dem Zwang des Riemenzeuges, das ihn an die zwei Zugstangen des Karrens fesselte, und angetrieben vom juckenden Schlag der Weidengerte, fügte er sich in sein Los. Nach dem Getreideschnitt hatte das Zugtier bereits gelernt, daß ein Zungenschnalzer des Lenkers »Los, zieh!« bedeutete und ein »Brr!« soviel wie »Halt!«
In der Speisekammer fehlte es Eva an nichts; leid tat ihr nur, daß es ihr noch nicht gelungen war, lockeres Brot herzustellen, wie sie es aus früher Kindheit in Erinnerung hatte. Ihre Fladen waren hart und nicht selten speckig. Da kam ihr ein scheinbar bedeutungsloses Ereignis zu Hilfe. An einem nebligen Tage, den
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