Die Hölle lacht
Bestes, die Trireme durch die Strömung zum nächsten Ufer zu steuern.
Das aquilonische Ufer?
In der Stille des Spätnachmittags trieb die Galeere nahe dem Ufer dahin, bis es Urdus schließlich mit einem kräftigen Drehen des Steuerrads gelang, sie zu einem heftigen Halt auf dem Ufer selbst zu bringen. Das große Schiff knirschte über Steine, scharrte über Wurzeln und drehte sich fast herum. Seine hohen Masten splitterten und verfingen sich in überhängenden Ästen, seine Hülle ächzte und zitterte, als sie gegen die Böschung kratzte.
»Werft Anker!« befahl Urdus. »Vertäut das Schiff so gut ihr könnt an Bäumen und Felsblöcken.« Dann führte er die elf Gefangenen an Land.
Ob durch Zufall oder mit Absicht, Urdus’ Bemühungen hatten ihn zu einer günstigen Uferstrecke gebracht. Das Ufer stieg hier steil durch dichtes Buschwerk und ein Waldstück zu einem Felsmassiv hoch. Unmittelbar östlich des üppigen Waldes ragten fast senkrechte Felsen empor, die mit Höhlen durchzogen waren. Dorthin führte Urdus seine Leute.
Die aquilonischen Gefangenen, unter ihnen Sonja, waren in einer langen Reihe, ohne viel Fertigkeit, wohl aber sicher, mit Ketten und Tauen zusammengebunden. Sie sprachen nicht viel. Während des anstrengenden Marsches durch den Wald sammelten die Verbannten Beeren und Pilze und füllten ihre Beutel aus Tierfellen mit Wasser. Zwei oder drei geschickte Schützen trafen mit ihren Pfeilen Wildgeflügel, das später gebraten werden sollte.
Einmal während des Marsches näherte sich Aleil Athu und fragte ihn hastig im Flüsterton: »Warum hast du Urdus die Rothaarige in die Hand gespielt?«
»Weil an ihrer Fechtkunst etwas Merkwürdiges, ja fast Magisches ist. Sie hätte ihn möglicherweise getötet.«
Aleil überlegte. »Und er - ich meine, hast du ihn während der Schlacht mit einem Zauber geschützt, so dass die Aquilonier ihm nichts anhaben konnten?«
»Ja.«
»Ich dachte …«
Athu lächelte rätselhaft. »Ich helfe ihm nicht, genauso wenig wie seinen Feinden. Seine Pläne interessieren mich nicht. Ich bin nur darauf bedacht, dass er nicht stirbt, ehe ich es so will.«
Aleil spürte, dass sie von dem Zauberer nicht mehr erfahren würde. Sie verließ ihn stumm und bemerkte mit Besorgnis, dass Urdus sie mit finsterer Miene beobachtete.
Die Dämmerung vertiefte sich, als sie endlich die Felswand erreichten und ein Lager machten. Urdus befahl, dass auf einer verhältnismäßig ebenen Fläche unmittelbar vor dem höchsten erklimmbaren Felsen ein großes, kreisförmiges Stück gerodet würde. Seine Männer hackten Büsche, fällten die vereinzelten Bäume, hoben Feuergruben aus und brachten Felsbrocken und Stämme zum Draufsetzen herbei. Mit Feuerstein und Stahl zündeten sie Kienholz an, legten dürre Äste darauf, und begannen, das erlegte Wildgeflügel auf dem Feuer zu braten und die Pilze zu schmoren. Urdus entspannte sich ein wenig, als er feststellte, dass alle seinen Befehlen gehorchten. Selbst Otos wehrte sich nicht dagegen, dass Urdus wieder die Führung übernommen hatte, und auch Otos’ Anhänger schienen nichts dagegen zu haben.
Sonja, Hubarthis, Desmos und ihre Mitgefangenen wurden zur Mitte der neu geschaffenen Lichtung gebracht. Man nahm ihnen die Ketten nicht ab, aber Urdus wies Aleil und eine andere Frau an, ihnen Wasser zu geben und teilte ihnen mit, dass sie zu essen bekämen, sobald er und seine eigenen Leute gesättigt waren. Der Vanir stand stolz vor seinen Gefangenen, während er sprach, und die Flammen des Feuers warfen ihre tänzelnden Schatten um ihn.
»Habt Ihr uns noch andere Patrouillen nachgeschickt, Oberst Hubarthis?« fragte er.
Hubarthis hob heftig den Kopf und begegnete Urdus höhnischem Blick, so fest er konnte. »Ja, ein weiteres Schiff. Wieso hältst du uns am Leben?«
»Keine Patrouillen an Land. Gewiss lasst Ihr doch auch an Land nach uns suchen.«
»Das spielt keine Rolle. Warum hältst du uns am Leben?« fragte Hubarthis erneut.
»Weil ich sicher bin, dass Eure Patrouillen unterwegs sind. Wenn sie uns finden, werden sie weniger wagemutig sein, sobald sie erfahren, dass wir Männer von Rang und Namen als Gefangene haben.«
»Sie werden trotzdem angreifen. Wir sind alle entbehrlich.«
»Das glaube ich nicht.« Urdus wandte sich von ihm Desmos zu. »Ihr also seid Betos’ berühmter Bruder?«
Nur kurz schaute Desmos hoch, dann senkte er den Kopf wieder.
»Seid Ihr taub? Oder wurde Euch während der Schlacht die Zunge abgeschlagen?«
Immer
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