Die Hölle lacht
Truppen und braucht so viele Schwerter auf seiner Seite, wie er nur aufbringen kann. Aber ich sehe keinen Sinn darin, bei ihm zu bleiben.«
»Warum rennst du nicht einfach davon?«
»Weil dann vielleicht ich einer Patrouille in die Arme laufe. Und das möchte ich vermeiden. Aber wenn meine Leute und ich dich und deine Freunde befreiten, könnten wir miteinander fliehen. Und wenn wir auf aquilonische Soldaten stoßen, könnt ihr ihnen erklären, was passiert ist – oder uns zumindest eine Möglichkeit zur Flucht geben. Oder wir könnten …«
Sonja höhnte: »Du hast dir die Sache wohl noch nicht richtig überlegt.«
Otos brummte tief in der Kehle. »Aber über dich habe ich mir Gedanken gemacht und nicht wenige.«
»Hund!« fauchte Sonja. »Das ist alles, wofür du mich willst, nicht wahr?«
Otos grinste noch breiter. Er kam dicht an Sonja heran, blickte sie lüstern an und streichelte ihr Haar mit einer Hand, während er mit der anderen ihren Kopf hielt. Sonja schüttelte seine Hände weg.
»Sei nicht dumm!« flüsterte Otos angespannt. »Wie stolz du doch in deinen Ketten bist, du feurige Teufelin! Denk daran, ich kann dir zur Flucht verhelfen!«
»Schmor in der Hölle!«
Otos stand auf und blickte auf sie hinunter. »Hure! Ich kann mit dir tun, was ich will – du bist eine Gefangene. Vergiß das nicht! Wenn du mir ins Gesicht spuckst wie Urdus, werde ich dafür sorgen, dass du in Ketten stirbst! Überleg es dir gut! Ich komme zurück.«
Er drehte sich zum Gehen um, doch er war erst einen Schritt weit gekommen, als Sonja sich in ihren Stricken wand, soweit es ging auf den Boden glitt und den Fuß ausstreckte, dass Otos darüberstolperte und auf das Gesicht fiel.
»Hund!« brüllte sie so laut sie konnte. »Tarim verfluche dich! Verschwinde!«
Das Lager erwachte zu Leben, die Wachen sprangen erschrocken hoch und starrten auf die beiden.
Otos drehte sein verstörtes Gesicht zu Sonja um, die weiterschrie.
»Hundesohn! Bruder von Ilmets Schlange! Verschwinde oder ich trete dir in den Bauch. Schwein! Hund!«
Urdus’ Knurren klang wie Donnergrollen am fernen Horizont. Laute Schritte auf den Steinen schallten durch das ganze Lager. Ehe Otos aufzustehen vermochte, wurde er von Urdus heftig auf die Beine gezerrt.
»Was, bei allen Höllen, geht hier vor?«
Otos wand sich im Griff des Riesen, doch vergebens. Urdus hielt Otos am Wams fest.
»Dieser Hund hat versucht, mir Gewalt anzutun!« brüllte Sonja.
»Untier!« donnerte Urdus vor Verachtung. »Schleimiges Kriechtier!« Er schüttelte Otos heftig, dann schleuderte er ihn von sich. Rattengesicht schlug auf dem Boden auf, überschlug sich und kam geduckt hoch, mit dem Rücken gegen einen hohen Felsblock.
Urdus zog sein Schwert und machte drei Schritte auf den drahtigen Halunken zu. »Soll ich dich gleich hier bestrafen, Otos?« brüllte er und deutete mit der Schwertspitze zwischen die Beine des Mannes.
Otos schloss und öffnete die Hände, seine Nasenflügel blähten sich. Sein Beinkleid und Wams waren zerrissen. Aus seinen Augen funkelten Hass und Furcht.
»Nein …«, krächzte er schließlich.
»Dann sieh zu, dass du zu den anderen zurückkehrst!«
Halb seitwärts gehend, um Urdus nicht aus den Augen lassen zu müssen, schlurfte Otos zum Lager zurück. Urdus blickte ihm nach, dann wandte er sich Sonja zu und fuhr mit der Zunge über die geschwollene, blaugefärbte Unterlippe. Er lächelte grausam und ließ seinen Blick auf ihr ruhen. Sonjas Augen begegneten seinen, aus denen keineswegs Verlangen sprach, genauso wenig wie aus ihren Dankbarkeit. – nur Hass aus beiden.
Urdus drehte sich auf den Fersen und schob sein Schwert in die Scheide. »Aufstehen, alle!« brüllte er und klatschte laut in die Hände. Sein Blick wanderte über seine buntgemischte Truppe, von der die meisten bereits wach waren. Dann schritt er zum Feuer und hielt eine Ansprache.
»Wir werden uns heute felsauf zurückziehen und zusammenbleiben, bis wir uns weit genug vom Ufer entfernt haben. Sollten wir Patrouillen begegnen, kämpfen wir.« Hochmütig betrachtete er die zu ihm Aufschauenden. »Und nun packt euer Zeug zusammen.«
Die Verbannten taten wie geheißen, und die Gefangenen wurden auf die Beine gezerrt. Als alle zum Aufbruch bereit waren, nahm Betos sich einen Moment Zeit, um zu seinem Bruder zu sprechen.
»Hast du heute Nacht von einer Flucht geträumt, Desmos?« erkundigte er sich grimmig lächelnd. Desmos’ Augen verrieten eine stille Wut. Er ballte die
Weitere Kostenlose Bücher