Die Hölle lacht
lebendig wird«, erklärte er. »In alter Zeit wurden die Seelen von verurteilten Bösewichten oder gefangenen Kriegern verwendet. Danach stellte man künstliche Seelen her, doch das Geheimnis ihrer Erschaffung ging verloren. – Ich glaube, sie wurden wie Pflanzen gezogen. Aber eine Seele ist unbedingt erforderlich. Stelle dir vor …«, er trat näher an Aleil heran, blickte in ihre geweiteten dunklen Augen, auf ihre bronzefarbige, schweißfeuchte Haut. Sie schluckte und öffnete die Lippen voll Staunen oder Inbrunst. »… stell dir vor, wozu ich fähig wäre, besäße ich einen solchen Körper!«
Blitze knisterten, jetzt wieder ein wenig näher, nach wenigen Augenblicken von Donnerschlägen gefolgt.
Aleil lächelte nervös. Sie deutete auf das Lehmwerk. »Du? In dem da?«
»Ich werde es schaffen!« Er wandte sich wieder dem Erdhaufen zu.
Aleil schüttelte mit bleichem Gesicht den Kopf.
»Mehr!« befahl Athu nun. »Geh, hol mir noch Lehm. Es soll groß werden – gewaltig!«
Sie drehte sich um. Am Höhleneingang blieb sie stehen und starrte hinaus. Der Regen fiel in Strömen, und alles war grau in grau. Nicht die geringste Lücke, aus der die Sonne hätte spitzen können, war in der finsteren Wolkendecke.
»Geh, Aleil!«
Sie trat hinaus und war in kurzer Weile schon völlig durchnässt. Am Fuß des Felsens ging sie zum Teichrand, wo der zu Schlamm aufgeweichte Lehm sich mit dem fruchtbaren Waldboden vermischte.
Sie trat ans nachgiebige Ufer und ihre Füße versanken bis zu den Knöcheln. Sie schlüpfte aus dem Mieder, dann dem Rock, um den Lehm darauf zu häufen und so zur Höhle tragen zu können. So arbeitete sie nackt im warmen Regen und dem milden Wind.
Sie schöpfte den Lehm mit beiden Händen; weich war er und frisch von Regen und Leben, und er sickerte durch die Finger. Es war ein wundersames, belebendes Gefühl, wenn die Hände sich in diese warme, nachgiebige Erde gruben. Sie hob eine Handvoll zum Gesicht, roch daran, ja leckte sogar mit der Zungenspitze daran, an diesem süßen Lehm, dieser lebengebenden Erde. Sie strich sie sich auf die Brüste und kniete sich in den Schlamm, dass ihre Füße und Waden darin verschwanden und er ihre Schenkel liebkoste. Wie der warme Körper eines Liebsten fühlte diese Erde sich an: ein Geliebter, der sie leidenschaftlich an sich zog.
Aleil warf sich zurück und ihr Gesicht hieß den Regen willkommen, der in Rinnsalen von Ästen und Laub floss und auf ihr Gesicht, ihre Arme und den Rumpf platschte. Sie grub sich tiefer in den warmen Schlamm. Lachend breitete sie die Arme aus, spreizte die nackten Beine und drückte sich in die liebkosende Erde.
Hoch über ihr zuckte und knisterte ein Blitz. Aleil lachte.
Donner grollte. Erneut lachte sie.
Sie hörte Athu sie vom Höhleneingang rufen. Seine Stimme klang barsch über das Tropfen des Regens und das saugende Platschen des Schlammes, in den sie sich schmiegte.
Lauter lachte sie. Wieder grollte Donner und der Regen fiel heftiger. Aufs neue rief der Zauberer nach ihr – und Aleil war, als liebte sie ihn auf seltsame, magische Weise körperlich.
»Ihr seid eine ungewöhnliche Frau«, sagte Hubarthis zu Sonja, als sie sich einen Weg durch den tropfenden Wald zum Fluss bahnten.
»Gar nicht so ungewöhnlich, lediglich eine Söldnerin.«
»Dir seid jedem Krieger ebenbürtig.«
»Zumindest besser als die meisten«, verbesserte sie ihn.
Sie schritten an der Spitze von Hubarthis’ Trupp. Desmos war ein wenig hinter ihnen zurückgeblieben. Als er hörte, wie sie sich unterhielten, ohne jedoch die einzelnen Worte zu verstehen, durchzuckte ihn Eifersucht. Er wusste, dass er Sonja nie haben würde – dass kein Mann sie je haben würde. Aber ihm war auch klar, dass er von ihr abhing, auf eine seltsame, schicksalsschwere Weise. Und wenn Hubarthis sie ihm wegnahm, selbst nur für ein kurzes Gespräch, was war dann mit ihm?
Ich bin unfrei“ dachte er, war nie frei. Immer hat etwas über mich bestimmt. Dinge – unpersönliche Kräfte – haben mich immer gelenkt, und wenn eines mich losließ, übernahm ein anderes …
Woher kommst du Sonja? Wer bist du, du eigenartige Frau mit dem Schwert? Wo hast du zu kämpfen gelernt? Und warum erscheinst du mir mehr, denn ein Mann oder eine Frau sein sollte? All diese Gedanken gingen Desmos durch den Kopf, während Sonja sich weiter mit Hubarthis unterhielt.
»Ich bin nicht frei«, sagte sie gerade zu dem Oberst. »Ein seltsames Geschick, von dem meine Seele besessen ist,
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