Die Hölle lacht
fand es selbst merkwürdig, dass ein so natürlicher Laut ihm so eigenartig vorkam.
Doch der Gedanke an die Vögel im Wald erinnerte ihn an Tarantia, an seines Vaters Landhaus außerhalb der Stadt, wo er und seine Frau vor ihrer Vermählung viele angenehme Abende verbracht hatten.
Und das wiederum ließ Thobis seinen Auftrag verdammen, der ihn so weit von aller Zivilisation fortgeführt hatte und dem er es verdankte, dass er sich nun in der Wildnis herumtrieb.
Seine Leute hinter ihm machten viel zu viel Lärm für Soldaten, die dem Feind auf der Spur waren, so jedenfalls kam es ihm vor. Er hörte, wie einige miteinander flüsterten, ein anderer lachte laut, wie über einen rauen Witz. Thobis presste die Lippen zusammen und drehte sich um, um die Männer zum Schweigen zu gemahnen.
Da hörte er wieder einen Vogel trillern.
Aus dem Augenwinkel sah er durch einen einfallenden Sonnenstrahl eine flüchtige Bewegung. Er hörte ein Geräusch und spürte einen heftigen Schlag auf den Rücken. Dann wurde er fast sanft nach vorn geschoben, und als sein Kopf nach unten zuckte, sah er die Spitze eines Pfeils und ein kurzes Stück des Schaftes unmittelbar unterhalb des Brustkorbs aus dem Leib ragen.
Staunend starrte er darauf. In diesem kurzem Moment erschien es ihm merkwürdig, dass er den Laut gehört hatte, ehe er Schmerz empfand.
Unendlich langsam schien die Zeit zu vergehen. Das erste Blut quoll aus der Wunde und rann an ihm entlang auf den Moosboden.
Da erst spürte er den Schmerz.
Zuerst war er stumpf, doch dann breitete er sich tobend in ihm aus, verzweifelt wie etwas Lebendes, das zu entkommen versuchte. Nach außen schien es zu brennen, von seiner Brust zum Kopf und den Armen, dann drängte es sich in seine Lunge und entrang sich seiner Kehle in einem schrillen, gurgelnden Schrei.
Sein Schrei fand ein Echo ringsum im Wald, den er nicht mehr zu sehen vermochte, durch alle seine Männer. Thobis hörte sie brüllen, hörte den Einschlag vieler weiterer Pfeile, und spürte den Schmerz vor den Betroffenen, weil er bereits damit vertraut war.
Er stürzte nach vorn. Die Welt wurde schwarz, außer dem Fleckchen Waldboden, das noch in seinem Blickfeld war und das ihn anzuspringen schien.
Aus weiter Ferne hörte er jemanden brüllen: »Den Pfeil! Zünd ihn an!«
Ja, sagte Thobis zu sich, verärgert, weil er nicht selbst daran gedacht hatte. Schießt den Feuerpfeil ab, damit Hubarthis Bescheid weiß!
Aber er sah den rauchenden Pfeil nicht, der in hohem Bogen durch die Luft sirrte, den Pfeil, den ein Sterbender abgeschossen hatte. Er sah nur ein winziges Stück des Waldbodens, ein verwelktes braunes Blatt, auf dem drei Wassertropfen glitzerten. Das Blatt war so nah, dass es fast seinen Augapfel zu berühren schien, trotzdem sah er es ganz deutlich.
Doch nun wurde das Blatt schwarz und zwei der Wassertropfen verschwammen.
Thobis hörte keine Vögel, aber ein würziger Duft schlug in seine Nase. Der Duft fruchtbarer Erde, der Duft, den er aus dem Garten seines Vaters kannte.
Der Duft seiner Frau.
Er würgte. Er sah seine Frau in dem dritten Wassertropfen. Sie lächelte ihn an, so wie damals, ehe sie verheiratet gewesen waren. Wieder würgte er, als Blut aus seinen Mundwinkeln sickerte und der Schmerz ihn zusammenzuschnüren schien. Der letzte Wassertropfen verdunkelte sich …
Thobis versuchte, sich zu bewegen – konnte es nicht. Er fing zu weinen an.
Der Tropfen verschwamm …
Das Bild seiner Frau verschwand. Er schrie nach ihr.
Der Tropfen war nicht mehr.
Der Rauchpfeil schoss hoch über die Bäume, die Urdus und seine Meute verbargen, flog in weitem Bogen unter dem Himmel und stürzte hinunter auf den Boden.
Sonja sah als erste den Pfeil.
»Achtet auf seinen Ausgangspunkt!« rief Hubarthis. »Schnell!« befahl Lobor seinen Ruderern. »Dreht um! Zurück ans Ufer, beeilt euch!«
Desmos blickte Sonja an. Ihre Augen glitzerten angespannt.
Sie nickte.
Abend.
Bei Fackellicht beendete Athu sein Werk: ein Riese aus Lehm, größer und breiter als drei kräftige Männer, in etwa von menschlicher Gestalt, doch mit einem groben, unfertig wirkenden Kopf, der ohne Hals auf den Schultern saß. Geringe Vertiefungen stellten Augen und Mund dar, das genügte, denn der Othalus würde weder das eine noch das andere brauchen.
Schweißbedeckt stand Athu neben dem liegenden Riesen und rieb sich den trocknenden Lehm von den Händen. Der Fackelschein spielte auf seinem Körper wie ein Abbild der Höllenflammen.
Aleil lag
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