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Die hölzerne Hedwig

Die hölzerne Hedwig

Titel: Die hölzerne Hedwig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: zu KLAMPEN
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Eurosport ignorierten alle Sender Snooker, daher ignorierte
     sie alle Sender außer Eurosport. Snooker war die Kunst, die sie gern beherrscht hätte. Lieber als malen und musizieren.
    Sie zeigten eine Aufzeichnung vom Nachmittag, Higgins gegen Maguire. Higgins war hibbelig, Maguire sah aus, als |40| habe er das falsche Rasierwasser benutzt. Beide Weltklassespieler waren neben der Spur und machten leichte Fehler. Das tat
     sie sich nicht an, unvollkommen war sie selber.

10
    »Ich habe noch nie einen Menschen getroffen, der sich so sehr aufs Essen freut«, sagte sie, als sie auf die Sitzbank rutschte.
     Küchenmeister hatte den Viermanntisch rekrutiert. Alles war gut: die Position an der Wand, der Blick auf die Weiten des Gastraums
     und auch auf die Theke, 12 Meter lang oder mehr. So viele Gläser und so sauber. Selbst der Wirt sah frisch geputzt aus. Es
     war die Art von Sauberkeit, die sich Karolina gefallen ließ. Der Abstand zwischen den Tischen war unfassbar groß für jeden,
     der das Zugabteil-Ambiente von Großstadt-Lokalen kannte. Zwischen diesen Tischen hätte man tanzen können.
    Die Bedienungen waren uneinheitlich. Vom Lehrmädchen, keinen Tag älter als 17, bis zur kaltschnäuzig-erfahrenen Fünfzigerin
     mit Profi-Schuhwerk war alles vertreten. Nur auf den einzigen männlichen Kellner hätte Karolina verzichten können.
    »Haben die Herrschaften schon gewählt?«, fragte Wachtmeister Graf und wollte sich vor Lachen ausschütten. »Sie können aussuchen,
     was Sie wollen, Sie kriegen sowieso das, was ich bringe. Wenn Sie schlau sind, widersprechen Sie jetzt nicht.«
    Küchenmeister legte seine Hand auf Karolinas. »Ruhig |41| atmen«, sagte er, »das ist nur eine Vision, sie wird nach dem ersten Bissen vergehen.«
    »Ist alles offiziell abgesegnet«, stellte Marvin klar. »An zwei Tagen in der Woche darf ich abends eine Schicht machen. Ich
     kann Ihnen den Briefwechsel zeigen, wenn Sie mir nicht glauben.«
    Er sah aus wie ein Jäger ohne Jacke. Er freute sich über seinen gelungenen Streich und betonte dreimal, dass er ohne Block
     und Stift arbeiten würde, weil er sich alles merken könne, solange nicht mehr als acht Bestellungen auf einmal zusammenkommen
     würden.
    »Ihr kriegt das Beste, trinkt zwei Bier zum Auftakt gegen den Durst und dann sehen wir weiter. Ein Insekt könnte sich das
     merken.«
    Der Kerl war bei allen beliebt, bei den Kolleginnen und den einheimischen Gästen. Wie er von Tisch zu Tisch ging und seine
     Sprüche vom Stapel ließ, sah es aus, als wäre er der Wirt.
    »Wenn Sie wollen, verprügele ich ihn«, bot Küchenmeister an. »Aber erst nach dem Essen.«
    Sie war glücklich, das zeitraubende Studium der Speisekarte überspringen zu können. Mit umfangreichen Angeboten kam sie nicht
     klar, in ihrem Kopf neutralisierten sich dann alle Möglichkeiten und am Ende des Kartenstudiums war sie so schlau wie vorher,
     nur schlechter gelaunt.
    Dann passierte zweierlei gleichzeitig: Küchenmeister bekam eine SMS und Marvin brachte die Biere, taufrisch gezapft, in den
     zierlichen 0,2 Liter-Gläsern, die man in der Stadt kaum noch bekommt.
    Karolina hob ihr Glas und sagte »Prost«.
    |42| Küchenmeister las die SMS, die Gläser stießen aneinander und er sagte: »Bordon ist nicht der Vater von dem Baby. Ein Prosit
     der Gemütlichkeit.«
    Beide tranken ihr Glas auf ex. Marvin flog heran und tauschte die Gläser gegen frisch gezapfte.
    Karolina sagte: »Ihnen ist aber schon klar, dass ich nichts für Ihre Beförderung tun kann?«
    »Ach, das wird schon«, erwiderte der eifernde Kellner. »Ich muss einfach dafür sorgen, dass es Ihnen ein Bedürfnis wird, für
     mich ein gutes Wort einzulegen.«
    »Wie oft bist du eigentlich schon von Kollegen verprügelt worden?«, fragte Küchenmeister und stellte das zweite leere Glas
     aufs Tablett.
    »Sind zu langsam, die Cops. Sind alle etwas langsam hier. Ich bin schnell. Manchmal leide ich darunter. Dann lege ich mir
     ein Kissen aufs Gesicht und schreie ganz laut. Das hilft. Manchmal denke ich, ich bin mehr der Typ für New York. Da würde
     ich hinpassen.«
    Er hatte Europa noch nie verlassen. Den Gangstern von New York blieb noch etwas Zeit, um sich vorzubereiten.
    »Sagen Sie’s endlich«, hibbelte Marvin.
    Er hatte mitgekriegt, dass eine SMS das Klima verändert hatte und spürte, dass sie etwas mit dem Fall zu tun hatte. Karolina
     verscheuchte ihn. Sie wollte nicht schuld daran sein, dass späte Gäste auf einen Kellner trafen, der sich

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