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Die hölzerne Hedwig

Die hölzerne Hedwig

Titel: Die hölzerne Hedwig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: zu KLAMPEN
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gehen wollte. »Ich darf nicht
     nach Pfannkuchen riechen. Das Schlimmste, das dir bei Frauen passieren kann, ist, ihren Mutterinstinkt zu wecken. Dann kannst
     du deine Eier wegwerfen.«
    Er sah ihren Blick und murmelte: »Ich habe nach einer anderen Formulierung gesucht, aber keine gefunden.«
    Sie schlug vor, an seiner Stelle zur WG zu fahren und ihm die alte Hebamme zu überlassen. Sein entsetztes Gesicht verschaffte
     ihr gute Laune.
    |50| Das Haus war in den 70er Jahren gebaut worden. Der Garten bestand fast nur aus Rasen, alles wirkte lieblos, die Rabatten bestanden
     aus Rosensträuchern, denen ein Energiespender fehlte. Die Stiele waren dünn, die Zahl der Blätter spärlich, alle Blüten im
     selben Rot. Wenn es ein Haus gab, das in allen Details das Gegenteil des Schwestern-Hauses darstellte, dann dieses. Dafür
     lag es nicht einsam, sondern war Teil des Ortszentrums. Acht Gebäude, um einen Feuerwehrteich herum entstanden, dem ein Dutzend
     Eichen und Buchen Schatten spendeten. Im Wagen sitzend, schlug die Kommissarin die Nachbarn nach. Marvins Bibel war hilfreich.
    Sie hatte kein Problem damit, zweimal zu klingeln, auch drei- und viermal. Angemeldet hatte sie sich nicht, aber jeder im
     Dorf würde auf Besuch der Polizei eingestellt sein. Und der Täter sowieso.
    Nach dem vierten Versuch rief eine Stimme: »Offener wird’s nicht!«
    »Dragoner« hatte der Dorfpolizist die alte Hebamme genannt. Die Haustür war nicht aus dem Baumarkt, schön war sie auch nicht.
     Aber welche Tür passte zu gelbem Klinker?
    Die Tür schwang auf, der Hund stand einen Zentimeter außerhalb des Schwenkbereichs. Ein Boxer, schönes Braun, leichtes, aber
     noch hinnehmbares Übergewicht. Vor allem wirkte er nicht aggressiv, vielleicht war der Besuch der Höhepunkt seines Tages.
     Die Kommissarin sprach mit leiser Stimme und hielt dem Vieh eine Hand hin. Zu Hunden verspürte sie keine Nähe. Boxer, die
     zum Sabbern neigten, machten sie in ihrer Einstellung nicht schwankend. Der Hund ging vor, sie musste nur folgen. Von hinten
     sah er noch hässlicher aus.
    |51| Alle Türen, die vom langen Flur abgingen, standen offen, selbst die ins Badezimmer und ins Klosett. So musste der Hund sich
     nicht anstrengen, um den Gast ans Ziel zu bringen. In die Küche hinein, aus der zweiten Küchentür in einen Raum, der winzig
     war. Nicht nur, weil er mit zwei Tischen vollgestopft war, auf denen Bildschirme und anderes technisches Gerät standen.
    »War die Speisekammer«, knurrte die Frau, ohne ihr Hacken zu unterbrechen. So droschen Zeitgenossen auf die Tasten, die sich
     das Schreiben selbst beigebracht und einen großen Teil ihres Lebens mechanische Schreibmaschinen bearbeitet hatten.
    Ihre Haare waren weiß und schütter. Aber Gesicht und Körper deuteten nicht darauf hin, dass ein Krebs die Frau schwächen würde.
     Stämmig war sie und resolut wirkte sie. Ihre Stimme klang wie fernes Donnergrollen, selbst wenn das Thema freundlich war.
     Oder wenigstens neutral, denn freundlich wurde es in den folgenden Minuten nicht. Eine Sitzgelegenheit bekam Karolina erst,
     als sie darum bat. Sie saß im Türrahmen, weil im Raum kein Platz war. Zum Schluss landeten sie am Küchentisch und mit der
     Zeit kam auch Essbares ans Tageslicht. Aber alles stammte aus dem Supermarkt und nichts war von der Plastikverpackung in ein
     schöneres Behältnis umgefüllt worden.
    »Was soll das bringen?«, fragte die Hebamme. Dass sie Pape hieß, wusste die Kommissarin schon. Dass ihr Vorname Karolina lautete,
     musste belacht werden, obwohl die Hebamme den Sinn nicht einsah: »Einen Namen braucht das Kind«.
    Die Kommissarin klammerte sich an ihr Thema, sie kannte diese Gesprächspartner, die einen Sog erzeugten, der |52| einen fortwährend vom Anlass entfernte. Sie brach Stücke vom Marmorkuchen aus der Stanniolpackung ab und trank dazu Cappuccino
     aus der Stanniol-Portionspackung. Das schmeckte alles gar nicht schlecht, es war nur anders als erwartet. Immerhin stand in
     der Küche ein alter Herd. Abgedeckt war er und diente als Abstellplatz für Einkäufe.
    Es war die alte Karolina, die den Hebel umlegte:
    »Wie wollen wir es halten? Wollen Sie Fragen stellen oder soll ich alles runterbeten, was ich weiß? Oder nein, das geht nicht,
     Sie wollen ja nicht 14 Tage hier bleiben.«
    »Warum eigentlich nicht? Reichen Ihre Vorräte nicht so lange?«
    »Stehe ich unter Verdacht?«
    »Wie bitte?«
    »Musste sein. Auf die Frage freue ich mich schon seit gestern.

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