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Die hölzerne Hedwig

Die hölzerne Hedwig

Titel: Die hölzerne Hedwig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: zu KLAMPEN
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gerade.«
    »Wen? Ich meine: was?«
    Graf hatte den Hund lange nicht entdeckt. Erst als er sich vom Schlachter zwei belegte Brötchen geholt hatte, um sie im Wagen
     zu verzehren, war es auf der Rückbank lebendig geworden.
    »Wir haben geteilt«, flüsterte der Wachtmeister. »Eigentlich ist er ein Lieber. Ich bringe ihn gleich zurück.«
    »Halt! Eine Frage noch! Was weißt du über den Sohn von Kassian?«
    »Karl? Was soll ich über ihn wissen?«
    »War das nicht eben haargenau meine Frage? Und könntest du etwas lauter sprechen? Hunde werden aggressiv, wenn man in ihrer
     Gegenwart flüstert. Sie glauben dann, man redet heimlich über sie.«
    Marvin wurde lauter, aber es blieb mühsam. Kassian und Karl stritten sich oft und wenn sie sich nicht stritten, redeten |79| sie nicht miteinander. Karl war der Schäfer und schlief auch bei den Schafen. Als Kind war er wohl ein Genie gewesen, als
     Jugendlicher ein Chaot und Krimineller. Jetzt war er aus dem Schlimmsten raus und sein Vater hatte wohl geglaubt, den Sohn
     nun endlich für seine Art der Lebensführung zu begeistern. Das Berufsbild des Schäfers hatte offensichtlich nicht auf seinem
     Zettel gestanden.
    »Was passt ihm daran denn nicht? Er liebt das Landleben doch so sehr?«
    »Aber erst nachdem man vorher draußen war und die Welt gesehen hat. Kassian will kein Kind ohne Ehrgeiz haben.«
    »Was soll der Junge denn machen? Journalist werden?«
    »Zum Beispiel. Oder etwas mit Ausbildung und Reisen. Etwas, was einen an seine Grenzen bringt.«
    »Der Ausdruck stammt doch nicht von dir.«
    »Warum denn nicht? Weil ich nicht bis drei zählen kann?«
    »Hey. Du weißt, dass wir dich anbeten. Du bist unser Lieblings-Cop. Die Chefin hat ein Bild von dir auf dem Nachttisch stehen.«
    »Ist das wahr?«
    »Nein, Marvin, das war ein Scherz. Sie hat natürlich ein Bild von mir auf dem Nachttisch stehen.«
    »Ist das wahr?«
    Hier half nur ein Funkloch.
    Das Handy wurde sofort wieder lebendig. Küchenmeister glaubte an einen Hilferuf von Graf und benahm sich entsprechend. Aber
     es war die Zentrale. Sie hatte mehrere Neuigkeiten, aber hinter der ersten verblasste alles andere.
    Irena war nicht die Mutter von Baby Bordon, die DNA-Spuren aus der Hütte ließen keinen Zweifel zu.

|80| 15
    »Okay«, sagte Küchenmeister, als er Karolina aus der WG abgeholt und sie auf einem Waldweg geparkt hatten, »ich gebe zu, die
     andere Sache ist auch nicht ohne.«
    »Nicht ohne!«, rief Karolina. »Irena und Bordon sind Bruder und Schwester!«
    »Na ja …«
    »Bruder und Schwester! Sie haben ein gemeinsames Elternteil. Das nennt man Bruder und Schwester. Wie nennen Sie das denn?«
    »Ich war nie gut in Verwandtschaftsbezeichnungen. Fragen Sie mich nicht, was ein Vetter ist oder ein Großonkel. Dafür fehlt
     mir das Gen. Das ist nur was für Frauen, weil die gern über so was … ich kann ja auch keine Ähnlichkeiten feststellen. Aber
     das bleibt unter uns.«
    »Immerhin erkennen Sie mich. Sie erkennen mich doch, oder?«
    »Sie haben ja auch keine Ähnlichkeit mit irgendwem, dann ist das einfach.«
    Er mochte es, wenn sie sich mit beiden Händen durch die Haare fuhr. Dora war auch herrlich gewesen, als sie ihm am Küchentisch
     gesagt hatte, was er sie könne. Aber das war nur ein Missverständnis gewesen.
    Sie mussten von vorn anfangen. Alle Arbeitshypothesen hatten sich in Luft aufgelöst.
    »Streng genommen nicht alle«, wandte Küchenmeister vorsichtig ein. »Auch wenn sie Geschwister sind, können sie wie Mann und
     Frau zusammengelebt haben.«
    »Ich höre.«
    |81| »Weil sie entweder trotzdem verliebt waren, Sex hatten. Oder weil sie nicht wussten, dass sie Bruder und Schwester waren.«
    »Okay, über dieses blauäugige Stadium sind wir nun aber hinaus. Wir haben ein Paar ohne Vergangenheit, das sich im Dorf als
     Liebespaar ausgibt und miteinander verwandt ist. In der Hütte ist nach etwas gesucht worden. In der Hütte ist ein Kind zur
     Welt gekommen, von dem wir absolut nichts wissen! Gar nichts!«
    Mit zwei Händen durchs Haar, sie regte sich immer mehr auf.
    »Wir haben nichts! Es ist nicht zu fassen. Keinen Vater, keine Mutter.«
    »Aber ein Kind. Und dieses Kind ist nicht zufällig in die Hütte geraten. Es ist im Bauch seiner Mutter gekommen, weil die
     Mutter in die Hütte wollte. Eine Geburt ereilt einen nicht bei der Spazierfahrt.«
    »Streng genommen kann das passieren. Aber okay. Das Kind ist unser Beweis, dass die Bordons sehr wohl Kontakte nach außen
     hatten.

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