Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die hölzerne Hedwig

Die hölzerne Hedwig

Titel: Die hölzerne Hedwig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: zu KLAMPEN
Vom Netzwerk:
Beziehung miteinander hatten. Es hätte gepasst, er war von der Art, die Doras Sinnesorgane
     wahrnahmen. Körperlich schien er so gut in Schuss, dass sie sich nicht in völliger Dunkelheit lieben mussten.
    Dora hatte nichts von Irenas Schwangerschaft bemerkt und bestritt mehrfach, dass eine Schwangerschaft vorgelegen hatte. »Natürlich
     hätte sie mit mir darüber gesprochen. Mit wem denn sonst?«
    »Es gibt hier noch eine Frau«, erinnerte Karolina.
    Die Bewohner hatten sich unter Kontrolle, aber einen kurzen Blick wechselten sie doch. Als würde die andere Frau nicht in
     Frage kommen, um mit ihr über das weiblichste aller Themen zu sprechen.
    »Sie wollte ihn nicht verlassen«, sagte Dora. »Sie brauchte nur zwischendurch Luft zum Atmen.«
    Liebe zwischen den Bordons? Davon war nie die Rede gewesen. Zusammengehörigkeit ja, Irena hatte sich nie |73| beklagt, um Gewalt war es nie gegangen. Dabei war Bordon der Typ, dem man so etwas zutraute: schweigsam, dumpf, stark. Was
     sollte er anderes tun als schlagen, wenn er nicht weiter wusste? Und Irena war schnell, schneller als er, sie war nicht dumm,
     sie hatte länger in Deutschland gelebt als er, sprach auch besser unsere Sprache. Nicht perfekt, aber viel fehlte nicht. Nein,
     die Vergangenheit sei nie ein Thema gewesen. Und wen besuchte sie speziell, wenn sie herkam? Sie nahm jeden, den sie als Gesprächspartner
     bekommen konnte. Popeye ging jedesmal stiften, denn es ist ja kein Zufall, wenn sich jemand beruflich mit Lebewesen umgibt,
     die stumm sind. Vielleicht war sie ja an den Teichen gewesen? Möglich. Hier erreichte man alles mit einem Fußmarsch oder per
     Rad. Das fliederfarbene Rad vor dem Haus …? Ja, das gehörte Irena.
    Die Kommissare baten darum, dass sich die übrigen Mitbewohner, der Sohn von Kassian und die Lebenslängliche, bei ihnen melden
     sollten. Man müsse dringend miteinander reden.
    Dann stand Wachtmeister Graf auf der Matte. Er war der Erste, bei dem der Hund anschlug. Laut Kassian lag das an der Uniform,
     laut Dora lag das daran, dass Graf zu dumm war, um mit Tieren umzugehen. Angeblich konnte er auch nicht mit Pferden, selbst
     mit den Schafen nicht.
    Graf rettete sich in seinen Wagen und wollte ihn erst verlassen, wenn der Hund fest vertäut sei. Die Kommissarin setzte sich
     zu ihm und sagte: »An Ihren Auftritten müssen Sie noch feilen.«
    Graf äußerte Drohungen gegen den Hund, die sie ihm untersagte.
    |74| Graf murmelte: »Jetzt sagen Sie gleich: Der Köter will nur spielen. Das sagen alle Hundefreunde, bevor die Töle zubeißt. Und
     dann bin ich schuld.«
    Küchenmeister trat an den Wagen, er lächelte und lächelnd öffnete er die hintere Tür, im nächsten Moment saß der Hund auf
     der Rückbank, der Kommissar neben ihm. Hechelnd tauchte die Hundeschnauze zwischen den Vordersitzen auf, Marvin hielt das
     nicht für eine vertrauensbildende Maßnahme.
    Mühsam brachten sie ihn zum Reden und mussten es nicht bereuen. Marvin hatte mit der jungen Hebamme gesprochen. Sie war häufig
     in der Gegend unterwegs, ihr wären fremde Gesichter und Autos aufgefallen. Einen Treffer hatte er gelandet: den Wagen auf
     dem Parkplatz der WG. Glücklicherweise standen die Autos ja alle vor dem Haus und nicht dahinter. Die Hebamme hatte den Mini
     Cooper entdeckt, weil es sich um ihr Traumauto handelte. Eine fremde Frau hatte daneben gestanden und sich mit Irena unterhalten,
     die ihr Fliederrad dabei hatte. Einige Tage später hatte sie fast die identische Szene mitbekommen, nur dass jetzt beide Frauen
     neben dem Mini standen. Aber alles hatte sich vor dem alten Gasthaus abgespielt und woanders hatte die Hebamme den Mini nie
     gesehen.
    Marvin hatte auch den Postboten befragt und in allen Geschäften der umliegenden größeren Orte Bordons Foto herumgezeigt. Kein
     Treffer.
    Und er hatte wieder eine Liste gemacht, wieder auf gelochten Seiten. »Damit Sie das in den Ordner von gestern heften können,
     damit Sie es nicht verlieren.«
    Wenn man dem ersten Impuls widerstand, Marvin zu würgen, |75| konnte man für den jungen Heißsporn Respekt aufbringen. Nicht nur, dass er Eigeninitiative aufbrachte, er tat auch noch das
     Richtige. Karolina kannte hundert Kollegen, die er mit diesen Fähigkeiten ausstach.
    »Haben Sie eigentlich eine Freundin?«
    »Wer? Ich? Wo denken Sie hin? Wann soll das denn stattfinden? Ich arbeite doch Tag und Nacht.«
    »Nach Feierabend«, sagte Küchenmeister vom Rücksitz. »Wenn du schnell machst, reicht die

Weitere Kostenlose Bücher