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Die hölzerne Hedwig

Die hölzerne Hedwig

Titel: Die hölzerne Hedwig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: zu KLAMPEN
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gemeinsame Zukunft hatten. Weil auch Irena schwach gewesen war
     und in dieser |96| Zeit einen wie Bordon gesucht hatte. Bordon konnte eine Frau beschützen – vor anderen Männern. Aber auch vor einem selbstbestimmten
     Leben. Er war kein Mann fürs Leben, sondern für einige Jahre.
    Die Kommissarin sprach über Geld und auswärtige Kontakte. Karl sagte: »Woher soll ich etwas wissen? Ich erfahre alles als
     Letzter.«
    »Es sei denn, die Neuigkeit besucht Sie hier draußen.«
    »Das ist richtig.«
    »Und? Hat die Neuigkeit Sie besucht?«
    »Sie sind eine tolle Frau.«
    Sie geriet aus dem Konzept, tat so, als habe sie sich verhört. Aber so war es nicht.
    Karl sagte: »Einmal pro Woche jemand wie Sie und ich würde lächelnd in der Heide stehen. Aber dann kommt nur der alte Mann
     und nölt herum und ist beleidigt, weil ich den Lebensentwurf, den er für mich ausgesucht hat, nicht mag.«
    »Sie haben doch bestimmt eine Freundin.«
    »Gehört das zum Verhör?«
    »Es gibt kein Verhör, wir unterhalten uns nur. Und: Nein, es gehört nicht dazu.«
    »Das ist gut. Ich habe nämlich keine Freundin. Aber ich möchte das nirgendwo lesen, weil es peinlich wäre.«
    »Finden Sie, dass Sie Ihre Zeit gut nutzen?«
    Die Frage gefiel ihm, sein Gesicht wurde wacher. »Ja, allerdings. Ich werde mich immer an diese Zeit erinnern. Wo ich nicht
     lügen musste und nicht buckeln, wo Geld keine Rolle spielte und ich mich nicht schämen musste, weil ich kein Auto habe. Das
     können Sie zu den Akten nehmen: Schäfer hat kein Auto.«
    |97| Sie war mit ihm für heute fertig. Sie hatte viel Arbeit vor sich, aber sie blieb noch. Denn hier war es schön. Und als sie
     erkannte, dass das Pferd verschwunden war, weil sie die Zügel zu leicht verknotet hatte, nahm Karl den graubraunen Hund, hielt
     seine Schnauze fest, zeigte in die Richtung, in der das Pferd verschwunden war und stieß einen leisen Pfiff aus. Wie ein Strich
     schoss der Hund davon.
    Karolina sagte: »Das glauben Sie doch selbst nicht.«
    Aber es dauerte keine zwei Minuten, dann kehrten sie zurück: der Hund mit dem Zügel zwischen den Zähnen und das Pferd, gehorsam
     trabend. Der Hund brachte das Pferd zu Karl, die Frau sah er gar nicht.
    Karl verbeugte sich und reichte ihr die Zügel wie eine Gabe.
    »Eins interessiert mich natürlich doch noch«, sagte sie, als sie schon auf dem Pferd saß. »Warum wohnen Sie mit ihm zusammen?
     Sie wissen schon: mit dem alten Mann.«
    »Ich will ihm eine Lektion erteilen.«
    »Das nehme ich Ihnen nicht ab.«
    »Dann weiß ich auch keinen Grund. Vielleicht will ich die Miete sparen und finde es eleganter, er zahlt meine Miete, statt
     dass er mir Geld gibt, von dem ich dann meine Miete an ihn zahle.«
    »Gehört Ihrem Vater denn der Besitz?«
    »Er tut so, als herrschte bei uns das Urchristentum. Aber er hat gekauft und bezahlt. Juristisch ist alles seins. Das törnt
     ihn an, das gibt ihm Kraft. Einer von vielen zu sein, würde ihn krank machen.«

|98| 18
    Sie wollte nur die Hose wechseln, um den Pferdegeruch loszuwerden. Und um Wasser über die Unterarme laufen zu lassen. Und
     um einen Blick auf den Snookertisch werfen zu können und zwei Minuten zuzusehen, wie Higgins oder Williams einen frechen Chinesen
     vom Tisch hauten. Aber sie kam nicht einmal bis zur Treppe, denn das Mädchen mit dem Eifer im Gesicht rief: »Da ist einer,
     der zu Ihnen will!«
    Im ersten Moment dachte sie an Kassian. Er wollte wissen, wie das Gespräch mit seinem Sohn verlaufen war. Weil er etwas wusste,
     was die Polizei nicht wusste und nun Angst hatte, dass sein Junge sich um Kopf und Kragen geredet hatte.
    Aber dann sah sie den Mann und erinnerte sich an den Wagen auf dem Parkplatz. Eine verdreckte Jaguar-Limousine. Er saß auf
     ihrem Platz, von 30 Tischen hatte er sich ihren Platz ausgesucht und schlug sich den Wanst voll. Es war 17 Uhr, die Abendkarte
     öffnete um sechs, aber er hatte einen Weg gefunden, die Fastenzeit abzukürzen. Für die Kommissarin gab es drei Arten von Essern:
     Die meisten fielen nicht auf, ein kleiner Teil war so abstoßend, dass sie ihre Gegenwart mied. Einen anderen kleinen Teil
     bezeichnete sie als »mitreißende Esser«. Es machte Spaß, ihnen dabei zuzusehen, sie liebten es zu essen, die Freude daran
     stand ihnen ins Gesicht geschrieben. Das waren die Menschen, die von Krümeln und Essensresten um den Mund nicht verunstaltet
     wurden.
    Der Mann auf ihrem Platz war ein mitreißender Esser. Trotzdem mochte sie ihn nicht,

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