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Die hölzerne Hedwig

Die hölzerne Hedwig

Titel: Die hölzerne Hedwig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: zu KLAMPEN
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anzufreunden
     und den Kavalier herauszukehren. Plötzlich stand Bordon am Pranger: als Unhold, Geschäftemacher, Menschenhändler. Dabei geschah
     alles in völliger Freiwilligkeit. Natürlich war es nicht legal, aber das geltende Recht war zu starr, um gerecht zu sein.
    Fast gleichzeitig tauchten sie in der Ferienwohnung auf: das Paar, das sich auf sein Kind freut und der Beschützer aus dem
     Dorf. Er drohte, das Paar anzuzeigen und sozial zu vernichten. Die beiden mussten verhindern, dass ihnen das Kind vorenthalten
     wurde. Bordon trat zwischen die streitenden Fronten und bot Vermittlung an. Der Beschützer blies sich auf, es kam zum Streit,
     niemand wollte töten, jeder wollte sich wehren. Bordon starb. Entsetzt floh das Paar, während nebenan die Frau in den Wehen
     lag. Die Leiche wurde in Bordons Hütte gebracht, der Säugling ebenfalls. Die junge Mutter war entsetzt, aber kaltblütig genug,
     um auf Barzahlung zu bestehen. Ein hilfreicher Geist fuhr die Wöchnerin an den sicheren Ort, der vorher abgemacht worden war.
    Die zweite Hebamme, die nichts mit der Aktion zu tun hatte, erhielt einen anonymen Anruf und machte sich auf den Weg. Irgendwann
     kehrte Irena in die Hütte zurück, sah die Katastrophe, wurde von der Hebamme überrascht, rannte sie |167| mit so viel Wucht und Angst über den Haufen, dass sie für einen Mann gehalten wurde. Dann war Irena fort und würde nie mehr
     auftauchen.

33
    Marvin atmete ein und aus, ein und aus, in kurzen Abständen.
    »Er hat falsch geatmet, weil er so aufgeregt war«, sagte Kommissar Küchenmeister gerührt zu seiner Kollegin.
    »Wie war ich? Wie findet ihr das?«, fragte der junge Wachtmeister erwartungsvoll und brachte sich auf dem großen pinkfarbigen
     Ball in Position. Zum ersten Mal hatten die Fahnder aus der Stadt die Polizeidirektion im großen Dorf betreten. Vier Räume
     mit überschaubarer technischer Ausstattung sowie eine Arrestzelle.
    Marvin hatte gerade den möglichen Hintergrund des Verbrechens ausgemalt, wie er nach der Indizienlage theoretisch möglich
     war. Danach war Bordon nicht der skrupellose Mann, der die Menschen manipuliert hatte, um am Ende sein verdientes Schicksal
     zu erleiden. Er war eine verlorene Figur, die in der fremden Kultur nicht Fuß fasste und immer einsamer wurde.
    »Du machst deine Sache gut«, lobte die Kommissarin.
    Marvin strahlte. Zeitweise mochte man ihn – bis zu seinem nächsten Satz.
    Macciato besaß ein Glaubwürdigkeitsproblem. Er hatte einige Male zu oft betont, dass er aus Zufall an die Hütte |168| geraten war und dass sie in einer Gegend lag, an die er in den ersten 30 Jahren seines 36-jährigen Lebens kein einziges Mal
     gedacht hatte. Die Kollegen aus Görlitz hatten den Lebenslauf des Klubbesitzers rekonstruiert – ein überschaubarer Aufwand,
     denn es hatte in der Vergangenheit ja bereits Anlässe gegeben, um seinen Hintergrund auszuleuchten. Was er berichtet hatte,
     traf im Großen und Ganzen zu. Alles andere wäre auch Dummheit gewesen. Er musste nur 2 und 2 zusammenzählen, um zu erkennen,
     dass er im Zusammenhang mit einem Mord keine vermeidbaren Lügen auftischen durfte.
    Wie seriös war die von Marvin vorgetragene Theorie mit dem Kinderhandel? Jedenfalls war sie die Antwort auf ein Kind, das
     weder mit Irena noch mit Bordon verwandt war.
    »Wir müssen alle Männer testen«, sagte Marvin eifrig und fing sich, bevor ihn der Ball abwerfen konnte. Die Sitzgelegenheit
     des von Rückenschmerzen geplagten Kollegen hatte ihre Tücken.
    »Dafür ist es noch zu früh«, erwiderte die Kommissarin.
    »Wieso denn? Es sind doch nur 50 Männer. Wenn wir die umliegenden Dörfer dazunehmen, sind es vielleicht 500. Für die Gerechtigkeit
     ist das nicht zu viel.«
    »Würdest du dich auch testen lassen?«, fragte Küchenmeister.
    »Für die Gerechtigkeit würde ich eine Samenspende abgeben!«, rief Marvin großspurig.
    »Das ist ja auch keine Arbeit, sondern Freude. Weißt du überhaupt, wie ein DNS-Abgleich funktioniert?«
    Die Kommissarin bat um Themenwechsel und legte den Kopf schief. Was war das? War das Geräusch nur in ihrem Kopf?
    |169| Marvin sprang auf und rief: »Sie kommen. Wir müssen uns beeilen.«
    Als sie das Gebäude verließen, hatte der Zug sie fast schon erreicht. Die drei Polizisten blieben stehen, von ihrer erhöhten
     Position hatten sie den besten Blick.
    Der erste Gedanke von Küchenmeister war: Ku-Klux-Klan. Aber sie trugen dunkle Kutten mit spitzen Kapuzen. Sie hielten Fackeln,
    

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