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Die hölzerne Hedwig

Die hölzerne Hedwig

Titel: Die hölzerne Hedwig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: zu KLAMPEN
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beiden Enden, er schwebt in großer Gefahr.«
    Als die Kommissare sie verließen, wussten sie über seine Erkrankung Bescheid.
     
    Nächste Station: die Rezeption der »Hölzernen Hedwig«. Das Lehrmädchen mit der Neugier im Blick zeigte die Gästeliste der
     letzten Monate vor. Flaute im Winter; vereinzelte Wochenendgäste im Frühling – Paare über 50; Familien in der Zeit der Schulferien,
     die länger als eine Woche blieben, aber nie länger als zwei; Gedränge während der Heideblüte, danach steiler Absturz. Das
     Lehrmädchen erhielt Unterstützung von einer älteren Kollegin. Im Duett sangen sie das Lied der Heidetouristen, ihrer biederen
     Art, ihrer Hemmungen und fehlenden Umgangsformen sowie ihrer Unwilligkeit, spontan um eine Übernachtung zu verlängern oder
     das Trinkgeld über den nächsten runden Eurobetrag hinaus aufzustocken.
    Auf ihren Listen kreuzten die Einheimischen die wichtigen Betriebe an und malten kryptische Zeichen an die Häuser, von denen
     bekannt war, dass man es dort mit schriftlichen Anmeldungen nicht übertrieb. Wer dort eincheckte, spontan oder angemeldet,
     würde keine schriftlichen Spuren hinterlassen. So verwandelte sich Brutto in Netto und die drohende Steuerprüfung wurde zu
     einem stumpfen Schwert. Auch bei hochschwangeren Gästen würde man keine Ausnahme machen, warum auch? Schwangere Gäste brächten
     Glück.
    In Küchenmeisters Zimmer roch es, als hauste hier ein |238| bettlägeriger Mensch, der seit Monaten nicht gelüftet hatte. Erneut klärten sie mit der Zentrale Erkenntnisse über Entführungen
     und Vermisste ab. Ohne Ergebnis. Kein Krankenhaus hatte Patienten erlebt, die unangemeldet erschienen und vorzeitig verschwunden
     waren, auch keine hochschwangeren Frauen.
    Die Anfragen bei den Reedereien hatten keine neuen Erkenntnisse über Bordon gebracht. Auch an Bord hatte er den Schweiger
     gegeben, als Schläger war er nie aufgefallen. Über seine Familie oder Freunde auf dem Festland hatte er sich bedeckt gehalten.
    Sie forderten drei Beamte an, die erneut sämtliche Hotels und Pensionen im Umkreis abklappern sollten. Sie sollten keinen
     Betrieb auslassen, mochte er auch auf den ersten Blick vernachlässigenswert wirken. Im Grunde müssten sie sich um diese Vermieter
     am sorgfältigsten kümmern.
    »Es ist so leicht«, murmelte Küchenmeister. »Du erledigst alles mit deinem Pkw, machst nirgends Station, erreichst die Hütte,
     führst deinen Auftrag aus und fährst wieder ab. Du gehst nicht aufs Klo, plünderst nicht den Kühlschrank und trägst Handschuhe.
     Und alles findet in einer Gegend statt, in der du nie zuvor gewesen bist. Wie sollen wir da ein Stück Fleisch finden, in das
     wir unsere gesunden starken Zähne schlagen?«
    Die Kommissarin verspürte große Lust, über Dora zu sprechen, aber sie sah ihrem Kollegen an, dass er darauf nicht scharf war.
     Es klopfte. Das eifrige Lehrmädchen sprudelte heraus: »Der Campingplatz, versuchen Sie es doch da mal. Bestimmt haben Sie
     das schon längst getan, aber der Ort ist nie erwähnt worden, deshalb habe ich gedacht, sag es ihnen |239| lieber, im schlimmsten Fall bist du zu spät. Fragen Sie nach Kai, Kai ist der netteste.«

44
    Keine Spur von Kai, nicht an der Rezeption, nicht vor dem flachen Gebäude. Dass es sich um die Rezeption handelte, war eine
     unbewiesene Annahme, nichts deutete darauf hin, dass an dem unaufgeräumten Tisch mit den Kaffeebechern und dem Taschenrechner
     in letzter Zeit gearbeitet worden war. Die Kommissarin rief: »Hallo, ist da jemand? Irgendwo? Ich suche einen Gesprächspartner!
     Hallo!?«
    Wenn man, durch den Wald kommend, das Eingangstor, ganz aus Holz, durchquert hatte, erreichte man zuerst das Gebäude mit dem
     flachen Dach. Es sah aus, als habe man Wohncontainer zusammengeschoben und mit Eternitplatten verkleidet, auf die man danach
     Holzlatten genagelt hatte, um eine Fachwerk-Anmutung zu erzeugen. Der Gesamteindruck war billig und fade. Das Holz, obwohl
     echt, wirkte wie Plastik, das Holz imitieren sollte.
    Vier Papierkörbe rahmten den Empfang ein, die Kommissarin machte sich die Mühe, in alle einen Blick zu werfen. Zwei Zigarettenpackungen
     vom Discounter, sonst nichts. Sie umrundete die Eternithölle und entdeckte im Hintergrund die Kneipe: Flach auch sie, aber
     mit mehr Farbe, vielen Reklametafeln, Terrasse und Eingangstür mit bunten Plastikbändern. Je näher man ihnen kam, umso speckiger
     sahen sie aus. Die Kommissarin schob die Bänder mit

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