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Die hölzerne Hedwig

Die hölzerne Hedwig

Titel: Die hölzerne Hedwig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: zu KLAMPEN
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wirkte gesund und fit, plattfüßig natürlich, das war der Bauch, er war beträchtlich.
     Aber sie gab nicht den Walfisch, manchmal machte sie sich sogar über ihre eingeschränkte Lebensweise lustig. Ihr Name war
     Laura, das bestätigten mehrere Camper. Die Kommissarin atmete tief ein. Es gab einen Namen, Baby Bordon hatte eine Mutter,
     die Laura hieß. Ohne Familiennamen war das nicht viel wert, aber ein Fortschritt war es doch.
    Warum hatten sie hier Station gemacht? Wollten sie sich mit jemand treffen? Vielleicht mit den deutschen Eltern der Frau?
     Sollten die womöglich hier ihren künftigen Schwiegersohn |243| erstmals sehen? Aus welcher Richtung war das Paar gekommen? Aus dem Norden oder aus der Mitte des Landes? Daraus konnte man
     auf den Flughafen schließen, den sie benutzt hatten? Aber durfte eine Hochschwangere fliegen? Möglich war ja auch, dass sie
     sich längere Zeit in Deutschland aufgehalten hatten. Möglich war auch, dass nur der Amerikaner geflogen war. Und vielleicht
     in letzter Zeit gar nicht, weil sich die gesamte Liebesaffäre und die gesamte Schwangerschaft in Deutschland abgespielt hatten?
    Die Camper bestätigten, dass Laura keine deutsche Muttersprachlerin war. Obwohl sie die Grammatik fast perfekt beherrschte,
     hatte sie diesen herben, rotzigen Tonfall, der sie als Amerikanerin auswies. Woher sie das wussten? Weil sie in ihrer Not
     selbst vor Jugendsendern wie VIVA nicht zurückschreckten, wo pausenlos Frauen um die 20 schnatterten. Dieser Tonfall erinnerte
     an Laura, obwohl sie natürlich nicht so kurze Kleider und tolle Oberweiten … aber das musste nicht vertieft werden.
    Die Kommissarin telefonierte ihren Kollegen herbei. Hier fiel so viel neues Wissen an, dass man zu zweit arbeiten sollte.
     Sie gab ihm durch, was sie bereits erfahren hatte, er wollte es sofort an die Zentrale weitergeben. Erster Schritt: Anfragen
     an alle Autoverleiher an sämtlichen innerdeutschen Flughäfen.
    Als die Kommissarin zu den Campern zurückkehrte, hatte dort zwischenzeitlich Meinungsbildung stattgefunden. Sie musste sich
     den Stellplatz des Wohnmobils ansehen. Es gab nichts zu sehen außer einer hässlichen Einfriedung sowie Anschlüssen für Wasser
     und Strom. Die Besitzer eigener Wohnmobile betonten, wie hirnrissig es sei, als Schwangere |244| in dermaßen beengten Verhältnissen zu leben. Was konnte die beiden dazu gebracht haben, per Wohnmobil zu reisen? Mit diesem
     Gefährt bewegte man sich nicht, wenn man vom Flughafen ins Hotel oder zu Verwandten fahren wollte. Ein Wohnmobil hatte nur
     Sinn, wenn man sich durchs Land treiben lassen wollte, weil man es nicht eilig hatte.
    Laura und ihr Begleiter waren freundlich gewesen, aber kein Besucher hatte das Wohnmobil betreten. Die beiden hatten vor dem
     Boliden gesessen, um sich die Herbstsonne ins Gesicht scheinen zu lassen. Ein Vorzelt hatten sie nicht errichtet, einer Frau
     war das Fell aufgefallen, auf dem Laura zu sitzen pflegte. »Das war wie ein Ritual«, sagte sie. »Bevor sie sich setzte, breitete
     sie es aus.« Ein Hirtenteppich oder ein Schaffell, jedenfalls weiß und flauschig. Und ja, sie hatten sich mit dem Wohnmobil
     bewegt, zwei- oder dreimal waren sie vom Gelände gefahren. Ungewöhnlich für jemanden, der nur einige Tage bleiben will. Unter
     den Campern gab es mehrere, die seit der Ankunft mit ihren Wohnwagen keinen Meter gefahren waren. Für den Zweck waren Fahrräder
     da.
    Die Kommissarin ging ihre Unterlagen durch. War nicht bei einer Befragung das Stichwort USA gefallen?

45
    Kassian lachte: »Jeder Chefredakteur düst in die Staaten. Das ist schließlich einer der Gründe, Chefredakteur zu werden.«
    Auf dem Dachboden, wo er dabei war, die Isolierung festzutackern, nannte er ihnen aus dem Stehgreif Anlässe und |245| Gesprächspartner seiner letzten Reisen in die USA: Kongresse, Redaktionen, Universitäten, Filmfestivals, Interviews mit Politikern
     und Wissenschaftlern. Das sei natürlich alles schon lange her, fügte er beflissen hinzu. Die letzte USA-Reise? New York, vor
     über zwei Jahren. Private Kontakte?
    »Wie privat?«, fragte er.
    »Kontakte zu Prostituierten können Sie für sich behalten«, sagte Küchenmeister. »Es sei denn, Sie wollen sich erleichtern.
     Dann wäre ich der Letzte, der Sie davon …«
    Die Kommissarin trat ihn, dann war Ruhe.
    Kassian redete nun manierlich, fast ohne Eitelkeit. Offenbar gab es einen Freund aus gemeinsamen Korrespondentenjahren, der
     ihm vor zwei Jahren die dritte

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