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Die hölzerne Hedwig

Die hölzerne Hedwig

Titel: Die hölzerne Hedwig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: zu KLAMPEN
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zweisprachig aufgewachsen, studierte deutsche Literatur und ärgerte sich, dass sie Uwe Johnson und
     Max Frisch nicht mehr getroffen hatte.
    Sie lebte jetzt mit Gregory zusammen, Marketingchef in einer Firma, die deutsche Nahrungsmittel importierte und deutsche Volksfeste
     organisierte. Von Spreewaldgurken bis zu Baumkuchen aus Salzwedel. Und Bier natürlich, Bier war das Standbein. Sie seien nach
     Deutschland gekommen, weil Lauras Kind hier zur Welt kommen sollte. Es musste mit den familiären Wurzeln zu tun haben. Beide
     wollten sich Richtung Süden treiben lassen, sie hatten noch drei Wochen Zeit, Laura fühlte sich beweglich und unternehmungslustig.
     Im Süden lebte noch Verwandtschaft, die war ihr Ziel. Dazwischen lagen der Rhein und der Kölner Dom, Kloster Corvey, die Lahn
     und die Brüder Grimm sowie eine literaturwissenschaftliche |249| Abteilung an einer westdeutschen Universität, an die sich Karl nicht mehr erinnerte. Im Grunde ging es um »Old Europe«. Gregorys
     Vorwissen tendierte gegen Null, für ihn sollte es eine Bildungsreise werden, für Laura die Begegnung mit den Wurzeln.
    Von Karl wollte sie hören, dass er sie freigebe und ihr nichts nachtrage. Damit brachte sie ihn in Verlegenheit, denn sie
     nahm schrecklich wichtig, was er längst abgeschüttelt hatte.
    »Ich habe zuerst gelacht«, fuhr Karl fort, »mehr aus Verlegenheit. Da wurde sie eifrig und schrecklich ernsthaft. Es war,
     als sollte ich ihr Absolution für ihr altes Leben erteilen.«
    »Sei froh, dass du die los bist«, warf Marvin altklug ein. »Mit so einer könntest du mich jagen.«
    »Danach bekam ich sie nicht mehr aus dem Kopf. Ich weiß, das war albern. Als unsere Beziehung frisch war, habe ich’s nicht
     recht ernst genommen. Und jetzt, wo sie dabei war, ein Kind von einem anderen zu kriegen, fing ich an und dachte an Laura.«
    Angeblich hatte sie ihm nicht verraten, wo sie logierte. Hatte sich umgedreht und war verschwunden. Um zwei Tage später erneut
     bei der Herde aufzutauchen, diesmal mit Gregory. »Ich will, dass ihr euch kennenlernt.« In diesem Eifer konnten ihr die Männer
     nicht folgen. Karl und Gregory gaben sich die Hand. Es war eine zeremonielle Szene, beide fühlten sich unwohl, zu einem wirklichen
     Gespräch kam es nicht, aber Laura schien glücklich.
    Das war immer noch nicht das Ende. Ein drittes Treffen fand statt, diesmal nicht bei der Herde und nicht mit Gregory, mit
     dem sich Karl nichts zu sagen hatte und dessen |250| Beschützer-Mentalität ihm auf die Nerven ging. Selbst Laura schien froh darüber, ihrem Freund für eine Stunde zu entfliehen.
    Man traf sich bei den Bordons. Irena freute sich und Bordon konnte nichts dagegen haben, denn in der Zuckerfabrik hatte die
     »Kampagne« begonnen, die jährliche Anlieferung der Rüben. Bis Weihnachten gab es dann gutes Geld zu verdienen.
    »Wir kommen der Sache näher«, sagte die Kommissarin gespannt.
    Kaum saß man zusammen, begannen die Wehen. Laura nahm das nicht ernst, sie war noch vor der Zeit, aber dann ging alles sehr
     schnell und wurde sehr dringend. Karl, ohne Erfahrung in solchen Dingen, schlug vor, die Hebamme anzurufen oder ins Krankenhaus
     zu fahren. Irena schob ihn aus der Hütte, die Frauen müssten nun unter sich sein, sie würde alles tun, was notwendig sei.
    »Sie hat mir noch die Hand gedrückt und mir einen Blick zugeworfen. Sie hat sich gefürchtet, aber sie war tapfer.«
    Karl war gegangen und hatte die Frauen allein gelassen. Nicht einmal die Ankunft der Hebamme hatte er abgewartet.
    »Ich war froh, dass ich nicht dabei sein musste. Geschämt habe ich mich erst später.«
    »Weiter, Junge, weiter«, drängte der Kommissar.
    »Ich weiß nichts«, sagte Karl leise. »Ich weiß nicht, was passiert ist und ich weiß nicht, wo Laura steckt. Ich weiß, dass
     man das, was passiert ist, nicht voraussehen konnte. Aber es tröstet mich nicht.«
    »Aber deine Schafe kriegen doch ständig Junge!«, rief Marvin. » |251| Wie kannst du die Frau in dieser Lage allein lassen? Also ich verstehe dich nicht.«
    »Falls Sie Lust haben, dem Bengel eins aufs Maul zu hauen, nur zu«, forderte Küchenmeister Karl auf. »Meinen Segen haben Sie.«
    Kommissarin Wiese blickte über die Herde hinweg in die Ferne. So viele neue Erkenntnisse, und hinterher so schlau wie vorher.
     Was war das für ein Fall, in dem man den Kern nur immer umkreiste, aber ihm nie näherkam? Bewegung als Selbstzweck, Arbeiten
     bis zur Frustration und darüber hinaus.
    »Sie

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