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Die Hofnärrin

Die Hofnärrin

Titel: Die Hofnärrin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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verhilft ihm demnach nicht zu besseren Geschäften?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Es ist keine Gabe. Es ist mehr eine
Art Torheit, genau, wie er sagt.«
    »Du sprichst aus, was dir in den Kopf kommt? Und du siehst
etwas, das andere nicht sehen können?«
    »Manchmal.«
    »Und was hast du gesehen, als du mich angeschaut hast?«
    Nun sprach er mit so leiser Stimme, als wolle er mich in eine
Verschwörung hineinziehen. Ich hob meinen Blick von seinen Stiefeln,
seinen kräftigen Beinen, zu dem schönen Überrock und den weichen Falten
seiner weißen Halskrause, zu seinem sinnlichen Mund und den halb
geschlossenen dunklen Augen. Er lächelte, als wüsste er genau, dass
meine Wangen, meine Ohren, ja, selbst mein Haar in Flammen standen,
heiß wie unter der Sonne Spaniens. »Als ich Euch zum ersten Mal sah,
glaubte ich, Euch zu kennen.«
    »Von früher?«, fragte er.
    »Nein, aus einer Zeit, die noch kommt«, erwiderte ich
linkisch. »Ich dachte, ich würde Euch kennenlernen, in künftigen Tagen.«
    »Als Junge niemals!« Er grinste amüsiert ob der Schlüpfrigkeit
seiner Gedanken. »Und welches Amt werde ich wohl bekleiden, wenn du
mich kennenlernst, holder Knabe? Werde ich ein mächtiger Mann sein?
Werde ich über ein Königreich herrschen, so wie du eine Buchhandlung
leiten wirst?«
    »Ich hoffe in der Tat, dass Ihr ein mächtiger Mann sein
werdet«, erwiderte ich steif. Mehr wollte ich nicht preisgeben. Seine
zärtliche Neckerei sollte mich nicht einlullen, sodass ich glaubte, ich
könnte mich ihm anvertrauen.
    »Was hältst du denn von mir?«, fragte er geradewegs.
    Ich holte tief Luft. »Ich halte Euch für fähig, eine junge
Frau, die keine Kniehosen trägt, ins Unglück zu stürzen.«
    Darüber musste er laut lachen. »Weiß Gott, das ist eine wahre
Voraussage«, scherzte er. »Aber vor den Mädchen fürchte ich mich nicht,
es sind eher ihre Väter, die mich mit Schrecken erfüllen.«
    Wider Willen musste ich sein Lächeln erwidern. Die Art, wie
seine Augen beim Lachen tanzten, machte auch mich vergnügt, und ich
sehnte mich danach, etwas besonders Geistreiches und Erwachsenes sagen
zu können, damit er mich ansähe – und nicht als Kind
wahrnähme, sondern als junge Frau.
    »Und ist jemals nach einer deiner Prophezeiungen das
Vorhergesagte eingetroffen?«, fragte er, plötzlich sehr neugierig.
    Die Frage an sich war schon gefährlich in einem Land, in dem
man ständig Ausschau nach Hexenzauber hielt. »Ich besitze diese Macht
nicht«, beeilte ich mich zu sagen.
    »Aber auch ohne die Macht dazu, kannst du die Zukunft
voraussehen? Manche von uns besitzen diese Gabe, eine heilige Gabe, sie
wissen, was sich ereignen wird. Mein Freund Mr. Dee glaubt, dass die
Engel die Menschen auf ihrem Weg führen und uns zuweilen vor der Sünde
warnen können, ebenso wie die Sterne einem Manne sein Schicksal
vorhersagen können.«
    Zu diesem gefährlichen Geschwätz schüttelte ich lediglich
tölpelhaft den Kopf, fest entschlossen, ihm darauf keine Antwort zu
geben.
    Nachdenklich sah er mich an. »Kannst du tanzen oder kannst du
ein Instrument spielen? Kannst du eine Rolle in einem Maskenspiel
lernen und deinen Text aufsagen?«
    »Nicht sehr gut«, sagte ich wenig hilfreich.
    Er lachte über meinen Widerwillen. »Nun, wir werden ja sehen,
holder Knabe. Wir werden sehen, ob sich da etwas machen lässt.«
    Ich machte vor ihm eine kleine Verbeugung in der Art eines
Jungen und gab Acht, dass ich nichts mehr sagte.
    Am nächsten Tag marschierte ich mit einem
Bücherpaket und sorgfältig zusammengerollten Manuskripten durch die
Stadt, vorbei an Temple Bar und an den grünen Wiesen von Covent Garden
zum Whitehall-Palast. Es war kalt, und es fiel ein Schneeregen, der
mich zwang, den Kopf gesenkt zu halten und die Kappe tief über die
Ohren zu ziehen. Der Wind vom Fluss war so eisig, als käme er
geradewegs aus Russland, und so stark, dass er mich förmlich die King's
Street entlang blies bis zu den Toren des Whitehall-Palastes.
    Nie zuvor war ich in einem Königsschloss gewesen. Ich hatte
geglaubt, ich würde die Bücher lediglich den Torwächtern übergeben,
aber als ich ihnen den Brief zeigte, den Lord Robert geschrieben hatte
und an dessen Ende das Dudley-Siegel mit Bär und Stamm abgebildet war,
verneigten sie sich wie vor einer Edeldame und befahlen einem Mann,
mich hineinzuführen.
    Zunächst gelangten wir in den ersten einer Reihe von
Innenhöfen, jeder einzelne wunderbar angelegt mit einem großen Garten
mit Apfelbäumen in der

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