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Die hohe Kunst des Bankraubs: Roman (German Edition)

Die hohe Kunst des Bankraubs: Roman (German Edition)

Titel: Die hohe Kunst des Bankraubs: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Brookmyre
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sie wartete.
    »Okay, wie zum Teufel haben Sie das gemacht?«
    »Die erste Regel bei jedem Trick: Sorg dafür, dass alles schon an seinem Platz ist, bevor du anfängst. Ich kenne das Gemälde gut und wusste genau, was die Spieler auf der Hand haben.«
    »Und wie haben Sie mich dazu gebracht, die Karo-Sieben zu ziehen?«
    »Branchengeheimnis. Das nennt man ›forcieren‹. Da gibt es viele Techniken mit demselben Ziel – das Gegenüber dazu bringen, die richtige Karte zu ziehen.«

    »Und was, wenn das nicht klappt?«
    »Da hat man immer einen Plan B. Oft gibt man den ursprünglichen Trick einfach auf und macht einen anderen, bei dem man nicht forcieren muss. Mein Dad konnte das aber immer gut umgehen. Der hat dann einfach eine zweite Person aus dem Publikum aufgerufen, der er eine Karte forcieren konnte, und dann eine dritte Person, die auswählen durfte, ›welche der beiden Karten er wegwerfen sollte‹. An dieser Stelle verkündete er immer feierlich, er habe damit bewiesen, dass er keine Karte forciert haben könne. Wenn der Dritte die richtige Karte auswählte, sagte er ›Diese Karte soll es sein? Gern.‹ Und wenn er die falsche aussuchte: ›Die Karte soll ich wegwerfen?‹«
    »Und was hätten Sie gemacht, wenn ich mir die falsche Karte ausgesucht hätte?«
    Zal fächerte den Stapel wieder auf, diesmal mit dem Blatt nach oben. Jede einzelne Karte zeigte die Karo-Sieben.
    »Wie gesagt, muss alles schon an seinem Platz sein, bevor man anfängt.«
    »Ich brauch frische Luft«, sagte Angelique. »Mir glüht der Kopf.«
    »Der Skulpturenhof ist …«
    »Ich glaube, der reicht mir nicht.«
    Sie wusste, dass er den ganzen Tag durch den Louvre hätte spazieren können, bis sie ihn abends irgendwann hinauswarfen, also fand sie es sehr höflich von ihm, dass er ihr den Gefallen tat und mit ihr nach draußen ging, ohne sich zu beschweren. Sie gingen ein Stück an der Seine spazieren. Die kalte Luft erfrischte sie etwas, aber sie hatte immer noch das Gefühl, dass sich einige ihrer Gehirnwindungen verknotet hatten.
    »Als ich mit den Geiseln aus der Bank gelaufen bin – das hatten Sie auch forciert, oder?«
    »Die Prinzipien der Illusion bleiben dieselben, auch wenn man sie neu anwendet.«
    »Prinzipien, die jeder Sohn eines Zauberers verinnerlicht.«
    »Ja, ob er will oder nicht.«

    »Sie wollten nicht in die Fußstapfen Ihres Vaters treten?«
    »Nein, eigentlich nicht. Naja, als ich klein war, war er für mich der Größte, und ich fand’s toll, wenn er mir etwas beigebracht hat. Ich konnte indisch mischen, bevor ich lesen konnte. In dem Alter will jeder sein wie sein Vater. Das ändert sich, wenn sich der Vater in ein Arschloch verwandelt. Viele werden dann trotzdem so wie er, weil sie immer noch dem nacheifern, der er vorher war.«
    »Womit hat er sich den Titel verdient?«
    »Hat sich selbst verschwinden lassen. Passt gut, oder? Sein größter Auftritt, vor einem VIP -Publikum, das nur aus seiner Frau und seinem Sohn bestand. Plötzlich war er weg.«
    »Alkohol?«
    »Oh ja, bitte, wenn wir über das Thema reden.«
    »Ich meinte …«
    »Ich weiß. Ja, er hat gesoffen. Kam und ging, wie es ihm passte, und man wusste nie, in welchem Zustand er aufkreuzen würde. Wenn er weg war, hatte ich immer schreckliche Angst, er würde nie wiederkommen. Und wenn er doch mal da war, stritt er sich immer so viel mit meiner Mutter, dass ich wollte, dass er wieder ging. Der Wunsch erfüllte sich dann langfristig. Er wurde einmal zu oft gefeuert, und schließlich wollte ihn in Las Vegas keiner mehr anstellen, also musste er weiter weg nach Arbeit suchen. Hat gesagt, er schickt uns Geld, was aber nicht allzu oft vorkam. Noch seltener kam er persönlich vorbei, meistens, weil er pleite war.«
    »Wie lange ging das so weiter?«
    »Bis ich dreizehn war.«
    »Was ist dann passiert? Lief’s auf Scheidung raus?«
    Zal blieb stehen und schaute auf den Fluss hinaus. »Ein Betrunkener ist auf dem Las Vegas Boulevard in den Wagen meiner Mutter gerast. Sie hat es nicht überlebt.«
    »Das tut mir leid.«
    Er nickte, drehte sich dann wieder zu ihr um und sah sie mit jahrzehntealter Trauer in den Augen an. Neben ihrem Mitgefühl war Angelique auch seltsam dankbar, dass er ihr all das erzählt hatte. Manchmal hatte man den Eindruck, dass sich jemand einemöffnen wollte, der dann auf ähnlich schmerzhafte Themen zu sprechen kam, und sofort die Schotten dicht machte und einen plötzlich noch weiter wegstieß, als man ihm vorher gewesen

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