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Die hohe Kunst des Bankraubs: Roman (German Edition)

Die hohe Kunst des Bankraubs: Roman (German Edition)

Titel: Die hohe Kunst des Bankraubs: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Brookmyre
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verlassen wollen. Auch in dieser gefiel es ihr, und Zal hatte gesagt, sie solle sich ruhig Zeit lassen. Sie würde ihn aber nicht lange warten lassen. Sie wollte unbedingt mehr erfahren und konnte nicht abstreiten, dass sie sich wieder auf seine Gesellschaft freute, vor allem wenn sie die beim Abendessen in Montmartre genießen konnte. Irgendwo fragte immer noch eine Stimme, ob sie denn wusste, was sie tat, aber die verhallte unbeachtet. In ihrem Gedächtnis und Gewissen war unter »das Richtige tun« der Kampf gegen Terroristen gespeichert. Wenn das hier falsch war, dann hoffte sie, dass all ihre Fehler sich so gut anfühlten.
    Sie aßen nicht weit vom Hotel, da das Thermometer selbst unter Angeliques Toleranzschwelle gefallen war und ganz besonders unter die ihres Outfits. Auch Zal hatte beim Umziehen wohl eherdarauf geachtet, dass er in einem beheizten Raum gut aussah, als dass er an einem Dezemberabend spazieren gehen würde.
    Ein Kellner nahm ihnen am Tisch die Jacken ab, und Angelique sah, dass Zal ein kurzärmliges Hemd trug, was für sie normalerweise unter Modesünde fiel. Bei Armen wie diesen konnte sie aber wohl eine Ausnahme machen. Auch hier waren die Enden von Tattoos zu sehen, verschlungene, schwarze Ranken, die sich um seine Bizeps schlangen.
    »Was für ein Muttermal«, sagte sie, als er sie beim Starren erwischte.
    »Aus dem Gefängnis«, erklärte er. »Komischerweise hatte ich vorher nie daran gedacht, mir welche stechen zu lassen. Am Gruppenzwang lag es auch nicht, eher an der Langeweile. Irgendwann konnte ich es ziemlich gut.«
    »Sie haben die selbst gemacht?«
    »Manche. Nicht am Anfang, aber ich bin mit dem Typen ins Gespräch gekommen, der sie mir gestochen hat. Er hat gesehen, dass ich besser zeichnen konnte als er und dass meine Hand ruhig genug war, also haben wir eine Zeit lang zusammengearbeitet. Das hat etwas von … Schadenskontrolle. Man trägt seine seelischen Verletzungen offen auf sich. Man erinnert sich daran, dass man sich verändert hat, und die bleibende Tinte heißt, dass man nicht mehr zurückkann. Man hat seine Lektionen gelernt und die Sache überstanden.«
    »Welches war das Erste?«
    Er zog den rechten Ärmel hoch, wo vier Worte in einem Rahmen standen, der zu sehr nach Charles Rennie Mackintosh aussah, als dass es Zufall hätte sein können. Sie lauteten: »This too will pass.«
    »Es heißt, William Wallace hat seine Männer nach einem Satz gefragt, der ihn aufheitert, wenn es ihm schlecht geht, und ihn zur Vorsicht aufruft, wenn es ihm gut geht. This too will pass – auch das geht vorbei. So etwas braucht man im Gefängnis. Gute Laune und Vorsicht, anders kann man nicht überleben.«
    »Darf ich jetzt fragen, wofür Sie gesessen haben?«

    »Das geht bis New York zurück. Ich habe Ihnen erzählt, dass wir eine Nanosekunde lang cool waren, ja? Tja, es war die falsche Nanosekunde.«
    »Inwiefern?«
    »Es gab da noch ein verzogenes Kind reicher Eltern, das sich schrecklich wichtig nahm, aber der Junge war anders als die anderen, die gegen ihre Eltern rebellieren, aber dann wieder mit ihnen Sommerurlaub in den Hamptons machen. Dieser Kerl war ein Vollidiot mit Kohle, ein Neureichenklischee auf zwei Beinen. Konnte mit Geld um sich werfen, hatte dabei aber keinerlei Klasse, Geschmack oder Talent. Neben dem sah Mercurio aus wie Francis Bacon. Der war einfach plötzlich da. Ich glaube auch gar nicht, dass er überhaupt von der Kunsthochschule kam – er hat wahrscheinlich einfach irgendwann beschlossen, dass er eine künstlerische Ader hat. Und er hatte vorher wohl immer alles in den Arsch geschoben bekommen, also erwartete er … Ehrlich gesagt weiß ich nicht, was er erwartete; ob er sich mit seinen Malen-nach-Zahlen-Sachen einen Namen machen wollte oder ob er einfach in der Kunstszene dazugehören und auf die richtigen Partys eingeladen werden wollte. Natürlich geschah keins von beiden. Im Gegensatz zu Mercurio wusste er nicht, wie er sein Geld ausgeben musste, um Eindruck zu machen, und er kroch schon gar nicht den richtigen Leuten oder überhaupt wem in den Arsch. Er erwartete eher, dass die Leute bei ihm Schlange standen.«
    »Warum? Wer war er?«
    »Er hieß Alessandro. Mehr wussten wir damals nicht. Wir haben ihn Sandy genannt. Er fand uns cool – wie gesagt, diese eine Nanosekunde – und wollte mit uns abhängen, dazugehören. Oder eigentlich wollte er, dass wir mit ihm abhängen, seine neuen Spielzeuge und Accessoires werden, was weiß ich. Vielleicht dachte er,

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