Die hohe Kunst des Bankraubs: Roman (German Edition)
hatte, als sie zum ersten Mal vor der Galerie protestierten.
Das Ganze war eine riesige Illusion gewesen, bis ins letzte Detail durchgeplant und erst dann mit absoluter Präzision ausgeführt, als alle Bestandteile – und Akteure – an Ort und Stelle waren. Das hatte Angelique Sorgen bereitet, als sie in der Garage vor vollendete Tatsachen gestellt wurde.
»Alessandro hatte nicht sterben sollen, oder?«, fragte sie. »Mit ihm wolltest du bei den Behörden Schutz für Parnell aushandeln.«
»Genau wie vereinbart. Nicht, dass Parnell das unbedingt nötig gehabt hätte. Dexter ist mit größeren Fischen als Alessandro befreundet, aber ich wollte auf Nummer sicher gehen, also brauchte ich den Deal.«
»Bloß hättest du den Deal auf jeden Fall abgeschlossen, mit wem auch immer. Du hast mich dazu gebracht, ihn dir anzubieten, wie du mich dazu gebracht hast, die Bank zu räumen. Und wäre ich nicht da gewesen, hätte jemand anders die Rolle übernommen.«
Zal schwieg. Angelique traten die Tränen in die Augen. Sie wollte nicht, dass er sie weinen sah, aber sie wusste, dass sie es nicht vermeiden konnte. »Mehr war ich doch nicht. Nur eine Dumme, eine Freiwillige aus dem Publikum.«
»Das stimmt nicht.«
»Natürlich stimmt das. Du hast mit mir gespielt wie mit einer Marionette. Mit mir und mit allen anderen auch. Verdammt noch mal, du hast mich schon mal reingelegt, aber dabei bin ich wenigstens nicht mit dir im Bett gelandet.«
Jetzt waren die Tränen nicht mehr aufzuhalten und strömten ihr über das Gesicht. Zal kniete sich neben sie und wollte ihre Hand nehmen, aber sie wehrte sich.
»Lass mich in Ruhe.«
Er setzte sich wieder an seinen Platz.
»Geh bitte«, forderte sie ihn auf.
Zal stand auf.
»Hab ich dich angelogen?«, fragte er leise.
»Du hast mich getäuscht.«
»Hab ich dich ein einziges Mal angelogen? Hab ich dir ’nen Haufen Quatsch erzählt, damit du Dinge tust, die du nicht willst? Mir irgendeine verlogene Geschichte ausgedacht und dir etwas vorgespielt? Ich bin genau der, der vor dir steht, Angelique. Echt und unverdünnt. Dass ich dich in die Sache reingezogen hab, war die einzige Möglichkeit, dir nah zu sein. Und als ich dich in der Bank gesehen habe, wusste ich, dass ich deine Nähe brauche. Auch, wenn ich sie nur eine Weile haben kann.«
Angelique schaute ihn durch die Tränen an. Vielleicht zum ersten Mal sah sie ihm Schwäche an, ein unverhohlenes Flehen in seinen blauen Augen. Aber sonst hatte er ja nichts mehr in seiner Trickkiste. Sie stand auf, sie musste Stärke zeigen.
»Du warst also scharf auf ’ne Polizistin, und wolltest dich von der Kleinigkeit, dass sie dich einbuchten will, nicht abwimmeln lassen?«
»Ich war nicht einfach nur scharf auf dich. Mein Gott, das weißt du doch. Ich hab das alles genauso wenig geplant wie du. Besonders in den Kram gepasst hat mir die Sache ja auch nicht, aber sie ist trotzdem geschehen. Und was ist mit dir, Officer? Als ich dichangerufen hab, hast du dir da gedacht: ›Au ja, ich fang was mit ’nem Bankräuber an, das wird bestimmt eine stabile, langfristige Beziehung‹? Du wusstest, dass es nicht halten konnte – vielleicht fanden wir das beide so attraktiv.«
Angelique seufzte. Nichts tat so weh wie die Wahrheit. In der kurzen Zeitspanne, als sie ihm nicht geglaubt hatte, war alles einfacher gewesen.
»Vielleicht ja«, sagte sie leise. »Aber diese Anziehungskraft spielt doch nur ganz am Anfang eine Rolle. Was dann kommt, kann man nicht vorhersagen.«
»Ganz genau.«
Sie nahm seine Hände und sah ihm in die Augen.
»Bleib«, sagte sie.
»Kann ich nicht. Das weißt du. Ich muss verschwinden. Das ist mein Job.«
»Ich finde dich«, erwiderte sie. »Das ist mein Job. Egal, wo du hingehst, ich spür dich auf und krieg dich.«
»Darauf verlass ich mich. Aber verschwinden muss ich trotzdem.«
»Noch nicht.«
Angelique lag wach mit dem Kopf auf Zals schlafender Brust in der Dunkelheit. Der Partylärm hatte mit der Zeit nachgelassen, aber sie hörte auf der Straße noch Leute singen, die betrunken nach Hause schlingerten und stolperten. Sie musste an Andie MacDowell und Bill Murray in Und täglich grüßt das Murmeltier denken, die wach bleiben wollen, weil ihre magische gemeinsame Zeit mit dem Einschlafen endet. Sie wehrte sich aber nicht mehr, und die Augen fielen ihr langsam zu. Es würde bald vorbei sein. Aber noch nicht gleich.
Sie wurde von der Türklingel geweckt.
Es dauerte ein paar Sekunden, bis sie verstanden hatte,
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