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Die Homoeopathie-Luege

Die Homoeopathie-Luege

Titel: Die Homoeopathie-Luege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Heissmann , Christian Weymayr
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Kombination
    Â»Placebos sind keine inaktiven Substanzen, wie man bisher glaubte. Sie bestehen aus Worten und Ritualen, Symbolen und Bedeutungen, und all diese Elemente sind aktiv dabei, das Gehirn des Patienten zu prägen«, schrieb im Jahr 2010 ein Team um den Italiener Fabrizio Benedetti im Fachjournal Neuropsychopharmacology Reviews . Der Turiner Arzt und Physiologe gilt als einer der weltweit führenden Köpfe, wenn es um die Neurobiologie von Placebo-Effekten geht. Schon vor Jahren formulierten er und andere Forscher die wichtige Erkenntnis, dass es Medizin ohne Placebo-Effekte wahrscheinlich gar nicht gibt: Praktisch alles, was wir rund um eine Therapie erwarten und erleben, hat für uns eine Bedeutung und kann sich auf unsere Genesung auswirken. Viele Wissenschaftler sprechen daher auch von sogenannten Kontext-Effekten, die jegliche medizinische Prozedur umgeben – und erheblichen Einfluss auf unsere Psyche und auf das Behandlungsergebnis ausüben können. Eine Fülle von Studien hat inzwischen solche Effekte auf diverse Leiden belegt: auf verschiedene Formen von Schmerz, auf Heuschnupfen und andere Allergien, Reizdarmsyndrom oder die Parkinson-Krankheit.
    Der wahrscheinlich mächtigste Kontext-Faktor ist dabei die Beziehung zwischen Arzt und Patient: Schon wenn Herr oder Frau Doktor in Weiß dem Kranken gegenübertritt, lässt sich bei vielen Patienten eine Reaktion feststellen, die als »Weißkittel-Hypertonie« bekannt ist: Der Blutdruck schießt in die Höhe, vielleicht weil der Kranke insgeheim Angst vor dem Arztbesuch hat, weil er sich fragt, welche Prozeduren er wohl noch über sich ergehen lassen muss, oder weil der Doktor ihm sehr autoritär oder respekteinflößend erscheint.
    Umgekehrt zeigen zahlreiche Studien, dass ein Arzt allein durch sein Auftreten den Genesungsprozess in Gang setzen kann, ohne eine im klassischen Sinne wirksame Therapie zu verabreichen. Der Brustton der Überzeugung, mit dem der Doktor einem Patienten seine Diagnose verkündet, kann dazu führen, dass es diesem augenblicklich besser geht: Wer kennt nicht das gute Gefühl, vom Arzt eine klare Ursache für langwierige Beschwerden offenbart zu bekommen? Endlich hat das Kind einen Namen. Stellt der Mediziner außerdem noch baldige Genesung in Aussicht, fühlt man sich allein dadurch schon ein bisschen gesünder. Bereits in den 1980er-Jahren zeigte eine im British Medical Journal publizierte Untersuchung eindrucksvoll, wie sich triviale, aber lästige Symptome wie Husten, Hals-, Kopf- oder Rückenschmerzen allein dadurch lindern lassen, dass der Arzt – quasi als lebendes Placebo – eine angeblich sichere Diagnose stellt und zuversichtlich erklärt, dass man die Krankheit bald los sein werde. Der Effekt war sogar unabhängig davon, ob der Doktor seinen Rezeptblock zückte und Placebo-Pillen verschrieb – Hauptsache, er strahlte Sicherheit und Zuversicht aus. Patienten mit klarer Diagnose, die die Botschaft hörten, dass bei ihnen gar keine Medikamente vonnöten seien, ging es bald besser als denen, die vom Arzt im Unklaren gelassen wurden und ein Placebo bekamen mit dem Hinweis, der Doktor wisse auch nicht, ob das etwas bringen werde.
    Besonders groß scheint der Therapieerfolg von Ärzten zu sein, die den Kranken viel Zeit widmen und dabei anteilnehmend und einfühlsam vorgehen. So konnte vor einigen Jahren eine Studie an Patienten mit Reizdarmsyndrom zeigen, dass der Arzt als partnerschaftlicher Unterstützer seiner Patienten besonders gesundheitsfördernd wirkt: Mehr als 250 von Durchfall, Verstopfung oder Bauchschmerzen Geplagte wurden in drei Gruppen eingeteilt: Die erste setzte man nur auf eine Warteliste, und eine zweite bekam als Placebo eine »Scheinakupunktur«, bei der die Nadeln die Haut nur berührten, aber nicht durchstachen. Eine dritte Gruppe erhielt ebenfalls die Pseudo-Nadelung, allerdings verbunden mit langen Gesprächen, in denen sich der Arzt umfassend und voller Anteilnahme nach Krankheits- und Leidensgeschichte erkundigte. Schon die Prozedur einer Scheinakupunktur zeigte deutliche Wirkung: Nach drei Wochen berichteten 44 Prozent der Pseudo-Gestochenen von einem Nachlassen ihrer Symptome. Doch den mit Abstand größten Effekt – mit einer Besserung bei fast zwei Dritteln der Teilnehmer – erzielten Scheinakupunktur plus reichlich Zuwendung durch den Doktor.
    Die Studie zeigte noch etwas: Wir

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