Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Hongkong-Papiere

Die Hongkong-Papiere

Titel: Die Hongkong-Papiere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
Vom Netzwerk:
lasse ich mich von niemandem verdrängen.«
     »Demnach wurden diese Tradition und Ihre Kampftechnik vererbt?«
     »Natürlich. Es gibt viele Methoden, viele Schulen, aber ohne ch’i sind sie alle nichts wert.«
     »Und was ist das?«
     »Eine ganz spezielle Energie. Wenn sie sich unterhalb des Bauchnabels ansammelt, dann hat sie eine elementare Kraft, die unendlich viel größer ist als physische Kraft alleine. Es bedeutet, daß die Faust sozusagen eine Art konzentrierter Überträger ist. Die wuchtigen Schläge, wie sie von westlichen Boxern ausgeteilt werden, sind nicht nötig. Ich schlage aus nur wenigen Zentimetern Entfernung zu und drehe die Faust beim Auftreffen. Die Folgen können eine gerissene Milz oder gebrochene Knochen sein.«
     »Das kann ich mir durchaus vorstellen, aber eine Eisenstange mit dem bloßen Arm abzuwehren? Wie schaffen Sie das?«
     »Übung, Mr. Dillon, fünfzig Jahre Übung.«
     »Soviel Zeit habe ich nicht.« Dillon erhob sich aus der Wan­
    ne, und Yuan Tao reichte ihm ein Handtuch.
     »Mit Disziplin und Eifer kann man innerhalb weniger Wo­ chen wahre Wunder wirken, und bei einem Mann wie Ihnen bezweifle ich, daß man bei Null anfängt. Auf dem Rücken haben Sie Narben von Stichwunden, und in der linken Schulter gibt es eine alte Schußverletzung. Und schließlich war da noch die Pistole.« Er zuckte die Achseln. »Sie sind kein gewöhnli­ cher Mann.«
     »Ich wurde erst vor kurzem mit dem Messer von hinten angegriffen«, erzählte Dillon ihm. »Man hat mir durch zwei Operationen das Leben gerettet, aber mein Körper ist vergif­ tet.«
    »Und Ihr Beruf?«
     »Ich habe für den britischen Geheimdienst gearbeitet. Heute morgen haben sie mich rausgeworfen und mir mitgeteilt, ich sei nicht mehr dafür geeignet.«
     »Dann irren die sich.«
     Eine Pause entstand, und Dillon fragte: »Heißt das, daß Sie mich aufnehmen?«
     »Ich bin Ihnen etwas schuldig, Mr. Dillon.«
     »Jetzt hören Sie aber auf, Sie hatten mich nicht nötig. Ich habe gestört.«
     »Aber Sie wußten nicht, daß Sie störten, und das ist der Unterschied. Es sind die Absichten eines Menschen, die zählen.« Yuan Tao lächelte. »Möchten Sie Ihre Leute nicht Lügen strafen?«
     »Bei Gott, das würde ich gerne«, sagte Dillon und zögerte dann, als Yuan Tao ihm einen Mantel reichte. »Aber zwischen uns sollte von Anfang an Offenheit herrschen.«
     »Und?«
     Dillon zog den Mantel an. »Ich war mehrere Jahre lang Mitglied der Provisorischen IRA und stand bei der Königlichen Polizei von Ulster und beim britischen Geheimdienst ganz oben auf der Liste der meistgesuchten Personen.«
     »Und trotzdem arbeiteten Sie für die Briten?«
     »Nun, am Anfang hatte ich kaum eine andere Wahl.«
     »Aber jetzt hat sich in Ihrem Kopf etwas verändert?«
     Dillon grinste. »Gibt es etwas, das Sie nicht wissen? Wie dem
    auch sei, macht das einen Unterschied?«
     »Warum sollte es? An der Art und Weise, wie Sie einen der Männer angegriffen haben, glaube ich erkennen zu können, daß Sie Karate gelernt haben.«
     »Ein wenig, aber es ist nicht bedeutend. Brauner Gürtel, trainiert für den schwarzen, dann hatte ich keine Zeit mehr.«
     »Das ist gut. Ich glaube, wir können eine ganze Menge
    erreichen. Aber jetzt essen wir erst einmal. Damit Sie wieder was auf die Rippen bekommen.«
     Er ging voraus durch einen Flur zu einem Wohnraum, der in einer Mischung aus europäischen und chinesischen Stilformen eingerichtet war. Su Yin saß am Kamin und las in einem Buch. Sie trug einen Hosenanzug aus schwarzer Seide.
     »Ich habe Neuigkeiten, Nichte«, sagte Yuan Tao, als sie aufstand. »Mr. Dillon wird drei Wochen lang unser Gast sein. Das macht dir doch nichts aus?«
     »Natürlich nicht, Onkel. Ich hole jetzt das Abendbrot.«
     Sie ging zur Tür, schaute dabei über die Schulter zu Dillon, und zum ersten Mal, seit sie sich kennengelernt hatten, lächelte sie.

    Es war der Morgen des 4. Juli, als Morgan und Asta in London landeten. Sie wurden von einem Rolls-Royce, der von Morgans Geschäftszentrale in London organisiert worden war, in Heathrow abgeholt.
     »Ins Berkeley?« fragte sie.
     »Wohin sonst? Es ist das beste Hotel der Stadt. Ich habe für uns die Wellington-Suite mit den zwei Zimmern und dem wunderschönen Dachgarten reservieren lassen.«
     »Und es liegt so günstig zu Harrods«, bemerkte sie.
     Er drückte ihre Hand. »Habe ich dich jemals gebeten, nicht mein Geld auszugeben? Ich setze dich dort

Weitere Kostenlose Bücher