Die Hongkong-Papiere
Antworten. Wo bin ich?«
Der Inder war völlig verschreckt. »St. Mark’s Nursing Home, Holland Park, Mr. Dillon. Bitte.« Seine Hände flatterten. »Ich verabscheue Waffen.«
»Sie werden sie noch mehr verabscheuen, wenn ich mit Ihnen fertig bin. Was geht hier vor? Mit wem habe ich es zu tun?«
»Bitte, Mr. Dillon.« Der Mann schlug jetzt einen flehenden Ton an. »Ich arbeite hier nur.«
Plötzlich erscholl ein lauter Ruf. Dillon wirbelte herum und sah seinen zweiten Entführer am Ende des Korridors stehen. Er zog seine Beretta, Dillon schoß reflexartig mit der Walther, und der Mann kippte nach hinten. Dillon stieß den Inder in das Zimmer, machte kehrt und rannte die Treppe hinunter. Ehe er unten ankam, begann eine Alarmglocke monoton zu schrillen. Dillon zögerte nicht, erreichte den Korridor im Parterre innerhalb weniger Sekunden und sprintete zur Tür am Ende des Flurs. Er entriegelte sie und stürzte hinaus in den Garten.
Es regnete heftig. Er schien sich auf der hinteren Seite des Hauses zu befinden. Irgendwo auf der anderen Seite hörte er laute Stimmen und Hundegekläff. Er sprintete über einen Rasenstreifen und schlug sich quer durch die Büsche. Dabei hielt er eine Hand vor sich, um sein Gesicht vor zurückpeit schenden Zweigen und Ästen zu schützen, bis er die Mauer erreichte. Sie war etwa fünf Meter hoch und mit Stacheldraht gekrönt. Wahrscheinlich war es möglich, auf einen Baum zu klettern und hinüberzuspringen, aber der schwarze Draht oben sah gefährlich aus. Er hob einen langen Ast auf und reckte sich hoch. Sowie der Ast den Draht berührte, funkte ein greller Blitz.
Er machte wieder kehrt und rannte an der Mauer entlang. Mittlerweile war das Hundegekläff lauter und wilder gewor den. Aber der Regen beeinträchtigte die Witterung der Tiere. Dillon gelangte zum Rand des Wäldchens und sah vor sich das Tor, das in die Freiheit führte. Es war geschlossen, und zwei Männer bewachten es. Sie trugen Baskenmützen, Tarnunifor men und waren mit Sturmgewehren bewaffnet.
Ein Landrover fuhr vor, und ein Mann in Zivil stieg aus und redete mit ihnen. Dillon rannte zurück zum Haus. Die Alarm glocke verstummte abrupt. Vor der Hintertür, durch die er kurz zuvor herausgekommen war, blieb er stehen. Vorsichtig öffnete er sie. Im Flur war es still. Langsam schlich er bis zum Fuß der Treppe.
In der Ferne erklangen Stimmen. Er lauschte einen Moment und stieg dann leise die Treppe hinauf. Das wäre wohl der letzte Ort, wo sie nach ihm suchen würden, hoffte er im stillen. Er gelangte in den Flur des obersten Stockwerks. Smith und der andere Mann waren verschwunden, aber während Dillon innehielt, um seine nächsten Schritte zu planen, ging zu seiner Rechten die Tür auf, und zum zweiten Mal in dieser Nacht
erschien der indische Arzt.
Sein Entsetzen wirkte beinahe komisch. »O mein Gott, Mr. Dillon. Ich dachte, Sie seien längst über alle Berge!«
»Ich bin zurückgekommen, um Sie zu besuchen«, erwiderte Dillon. »Sie haben mir gar nicht Ihren Namen genannt.«
»Chowdray – Doktor Ernas Chowdray.«
»Gut. Ich erkläre Ihnen, was wir tun werden. Irgendwo in diesem Haus sitzt derjenige, der das Ganze leitet. Sie werden mich zu ihm bringen. Und wenn nicht«, damit setzte er dem Inder die Pistolenmündung unters Kinn, »werden Sie vor allem Pistolen noch viel mehr hassen.«
»Das wird ganz bestimmt nicht nötig sein. Ich gehorche:«
Er ging voraus die Treppe hinunter, dann durch einen Flur im ersten Stock bis zu einem mit Teppichboden belegten Absatz. Eine geschwungene Regency-Treppe führte hinunter in eine prächtige Vorhalle. Die Hunde bellten immer noch draußen im Garten, aber in der Halle war es so still, daß man das Ticken der Großvateruhr in der Ecke hören konnte.
»Wohin müssen wir?« flüsterte Dillon.
»Dorthin, zu dieser Mahagonitür«, erklärte Chowdray.
»Dann mal los.«
Sie bewegten sich hinunter, durchquerten die Halle und blieben vor der Tür stehen. »Die Bibliothek, Mr. Dillon.«
»Ganz ruhig und friedlich«, sagte Dillon. »Machen Sie auf.«
Chowdray gehorchte, und Dillon schob ihn vor sich her in den Raum. Die Wände waren mit Büchern bedeckt, ein Feuer loderte in einem Adam-Kamin. Detective Chief Inspector Hannah Bernstein stand am Kamin und unterhielt sich mit den beiden falschen Telecom-Technikern.
Sie wandte den Kopf und lächelte. »Kommen Sie herein, Mr. Dillon. Auf Sie habe ich gerade fünf Pfund gesetzt
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