Die Horde 1 - Der Daemon des Kriegers
anders für Euch erledigen.«
»Jemand wie Ihr vielleicht?« Lorums Stimme blieb gelassen, aber seine Miene war plötzlich eisig. »Wollt Ihr mir etwa meine Position streitig machen, Lord Jassion?«
»Selbstverständlich nicht.« Der junge Baron beruhigte sich endlich ein wenig. »Aber es fällt mir nicht schwer, mir eine Zeit vorzustellen, in der Ihr Euch möglicherweise wünscht, jemand wie ich würde den Wappenrock des Regenten tragen. Nein, ich meinte eher jemanden wie Corvis Rebaine.«
»Was? Was wisst Ihr über …?«
»Ich weiß, Euer Gnaden, dass Rebaine damals nur deshalb so kurz vor seinem Triumph stand, weil wir zu schwach waren, ihn aufzuhalten. Solange wir schwach bleiben, wird jemand wie er es sehr wahrscheinlich erneut versuchen. Ich hoffe nur, dass Ihr Eure Nation unter Kontrolle habt, bevor das passiert.«
Lorum stolperte zurück, als hätte man ihn geschlagen. Sein Gesicht rötete sich, und er öffnete mehrmals den Mund, aber Jassion war bereits verschwunden und ließ nur das Echo seiner Schritte zurück, bevor der Regent auch nur Luft für eine Erwiderung holen konnte.
»Ich nehme an«, sagte Jassion, als die Tür von Tylers Arbeitszimmer hinter ihnen ins Schloss fiel, »dass Ihr alles mit angehört habt?«
»Ja.« Rheah strich beiläufig einige Falten am Ärmel ihrer Tunika glatt. »Genau genommen war ich länger da als ihr.« Sie runzelte die Stirn, als wäre es ihr unangenehm, daran zu denken. »Ihr habt ja gar keine Ahnung, wie seltsam Spinnen die Welt sehen«, erklärte sie ernst. »Das muss an diesen Punktaugen liegen.«
Tyler nickte, als er verstand. »Ihr habt Hauptmann Garras geheilt, stimmt’s?« Es klang beinahe vorwurfsvoll. »Rollie erwähnte, wie ungewöhnlich die unverhoffte Genesung sei.«
Rheah zuckte mit den Schultern. »Ich habe ein bisschen nachgeholfen. Allerdings weiß ich nicht, ob Rollie das unbedingt erfahren muss. Ich glaube zwar nicht, dass er etwas dagegen hätte, aber wieso sollten wir die Angelegenheit überflüssig verkomplizieren?«
»Warum?«, wollte Jassion wissen. »Warum habt Ihr von all den Kranken ausgerechnet diesem Mann geholfen?«
»Weißt du, Jassion, du bist wirklich ein Musterbeispiel für Paranoia. Muss denn jeder immer irgendwelche Hintergedanken haben?«
»Ja.«
Sie seufzte. Dann zögerte sie, als ihr Blick über einige Bücher auf dem Regal über Sir Tylers Kopf glitt. Ich muss unbedingt daran denken, sagte sie sich, ihn zu bitten, mir das da auszuleihen …
»Die Wahrheit, mein misstrauischer Baron, lautet, dass ich keinen besonderen Grund gehabt habe. Ich war ohnehin hier, weil gewisse Individuen, mit denen ich näher bekannt bin, eine Einschätzung der Lage aus erster Hand wünschten, und bin dabei zufällig über Rollie gestolpert, als der seine Runde machte. Ich bin ihm aus bloßer Neugier gefolgt, und er hat mich zu Garras geführt.« Sie lächelte sarkastisch.
»Wisst ihr, was das Seltsame an uns Hexern, Zauberern, Magiern oder welchen Namen auch immer ihr uns geben mögt ist? Wenn man lange genug mit Magie zu tun hat, beginnt man die Welt um sich herum zu manipulieren, ohne es zu bemerken.« Sie machte eine Pause, als suchte sie nach den richtigen Worten, um ihre Gedanken angemessen auszudrücken. Vielleicht traf auch eher das Umgekehrte zu, dass sie nach dem richtigen Gedanken suchte, den sie ausdrücken wollte. »Manchmal, so scheint es, manipuliert die Welt uns ihrerseits. Es wäre nicht das erste Mal, dass ich etwas aus einer Laune heraus getan habe, nur um später feststellen zu müssen, dass es von nicht geringer Bedeutung war. Ich hatte keine Ahnung, dass Garras uns eine so faszinierende kleine Geschichte erzählen würde, als ich in seine Heilung unterstützend eingegriffen habe.« Ihr Lächeln kehrte ebenso schnell zurück, wie es verschwunden war. »Sollte einer von euch zufälligerweise irgendwann bemerken, dass an meinem Kopf oder meinen Schultern Fäden hängen, lasst es mich bitte wissen, ja?«
»Was ist mit der faszinierenden kleinen Geschichte?«, erkundigte sich Jassion mürrisch. »Stimmt sie?«
»Wirke ich auf dich wie ein Orakel, Baron? Selbst mein magischer Blick hat Grenzen.«
»Ich glaube, wir sollten besser davon ausgehen, dass der Schrecken des Ostens etwas damit zu tun hat«, meinte der ältere Ritter. »Ich lasse nicht gerne die Schatten aus der Vergangenheit aufsteigen, aber mir scheint, wir stehen besser da, wenn wir uns auf eine Bedrohung vorbereiten, die sich im Nachhinein als Hirngespinst
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