Die Horde 1 - Der Daemon des Kriegers
dich also nicht selbst heilen?«, erkundigte sich der andere, während er auf den schwach glühenden Edelstein deutete.
»Es überrascht mich, dass du das nicht weißt«, antwortete Corvis. »Dämonen können nicht heilen. Zum Teufel, es ist nahezu unmöglich, mittels Magie eine von einem Dämon oder einer von einem Dämon geschmiedeten Waffe geschlagene Wunde zu heilen. Das ist wie Feuer und Wasser. Das sind Gegensätze des karmischen Kontinuums.«
*H AT DIR SCHON M AL JEMAND GESAGT , DASS DU UNERTRÄGLICH GESCHWÄTZIG WIRST , NACHD EM MAN DICH ZU EINER BLUTIGEN M ASSE GEPRÜGELT HAT ?*
»Sei still, Khanda.«
Der Gefährte des Kriegsfürsten zuckte mit den Schultern. »Woher sollte ich das wissen? Ich habe keinerlei Bedarf für magische Heilung.«
»Zugegeben, aber …«
»Allerdings bringt mich das in ein Dilemma.«
Corvis spannte sich an, was alleine genügte, um dem Wesen Unbehagen zu bereiten. »Tatsächlich?«
»Oh ja. Ich bin nämlich davon ausgegangen, dass du in besserer Verfassung bist, wenn wir von hier verschwinden. Ich bin nicht sicher, ob du in deinem derzeitigen Zustand auch nur ein lethargisches Faultier abhängen könntest.«
»Na ja, wenn ich es überrumpeln kann …«
»Ich fürchte, ich muss dich tragen.«
» Du fürchtest!? Ich will nicht, dass du mir so nah kommst! Ich …«
»Außerdem«, fuhr er fort und ignorierte Corvis’ Gereiztheit darüber, dass er ihm einfach das Wort abgeschnitten hatte, »glaube ich auch nicht, dass ich oder Audriss will, dass du im Augenblick Zugang zu realer Macht besitzt. Da Khanda dich nicht heilen kann, besteht keine Notwendigkeit, dass du ihn bei dir trägst.«
»Oh nein, das tust du nicht! Ich …«
Erneut unterbrach der andere ihn, diesmal jedoch mit seiner Faust, die mit voller Wucht gegen Corvis’ Kinn krachte.
Wäre der Schrecken des Ostens gesund gewesen, hätte er möglicherweise schnell genug reagieren können, um dem Schlag auszuweichen. So jedoch registrierte er kaum Khandas Ausruf: *O H S CHEI …* , bevor er erneut bewusstlos zusammenbrach.
Die Reise zum Lager der Schlange war nicht ganz so unerfreulich wie sein Aufenthalt in den Verliesen des Regenten, was bedeutete, es war nur das Zweitübelste, was Corvis jemals erlebt hatte. Seine drei Befreier schoben ihn halb bewusstlos auf ein Pferd, banden ihm die Hände an den Sattelknauf, damit er nicht herunterrutschte, und ritten zügig in die Nacht hinaus. Sie hatten einen Umhang, Stiefel, ein Wams und Hosen für ihn besorgt und sogar den schlimmsten Dreck von ihm abgewaschen, aber weitere Anstrengungen, es ihm gemütlich zu machen, unternahmen sie nicht.
Ab und zu fiel sein Blick auf Spalter und ein paar Knochen, die aus den Satteltaschen eines seiner sogenannten Gefährten herausragten, und er vermutete, dass Khanda und die anderen Teile seiner Rüstung in den anderen Taschen zu finden waren. Dort nutzten sie ihm allerdings nichts, und der Schrecken des Ostens war keineswegs so dumm zu glauben, dass er eine Chance hätte, an sie heranzukommen.
Das ständige Hämmern der Hufe sowie das Heben und Senken des Pferderückens unter ihm bereiteten ihm unablässige Schmerzen. Seine Wunden weigerten sich aufgrund der Belastung, sich zu schließen, und bluteten unaufhörlich, sobald es etwas anstrengender wurde. Knochenstücke bohrten sich ihm bei jedem Schritt schmerzhaft ins Fleisch. In einer Nacht stieg Corvis ab und stellte fest, dass sein Hemd an einer Stelle einen Blutfleck aufwies, wo vorher gar keine Wunde gewesen war. Er untersuchte die Verletzung und bemerkte fassungslos, dass eine Rippe sich tatsächlich von innen durch die Haut gebohrt hatte. Er hatte sich so sehr an die Schmerzen gewöhnt, dass er es nicht einmal registriert hatte.
Sie ritten mitten durch den tiefsten Winter. Zum Glück schneite es nur leicht, und dafür war er sehr dankbar, obwohl es nur eine kleine Erleichterung bedeutete. Die Kälte machte ihn lethargisch, und seine Verletzungen schmerzten in der eisigen Luft noch mehr, pochten im Rhythmus der Schritte seines Pferdes.
Sie ritten vielleicht eine Woche lang durch verschneite Wälder und Dörfer, die zum größten Teil verlassen waren. Das Tempo, das seine Begleiter vorgaben, hätte Corvis selbst im gesunden Zustand anstrengend gefunden. So jedoch konnte er seine Verletzungen bald nicht einmal mehr voneinander unterscheiden und glitt wie im Nebel durch die Tage. Die Straße und die Umgebung strichen wie im Traum an ihm vorbei. Die Bäume, die nur selten und
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