Die Horde 1 - Der Daemon des Kriegers
während seine Augen so ausdruckslos waren wie die Augenhöhlen des Helms, den er nicht mehr trug, »wenn tatsächlich endlich jemand die Zügel in die Hand nimmt, falls es denn der Richtige ist, war vielleicht nicht alles, was ich getan habe, vergeblich.«
»Bei allem gebotenen Respekt, Mylord«, sagte Losalis mit seiner tiefen Stimme, »du musst vollkommen verrückt geworden sein.«
Corvis, Losalis, Davro, Seilloah und Ellowaine hatten sich auf einem kleinen Hügel versammelt, von dem aus sie einen Blick auf Mecepheum werfen konnten. Die Schlacht unter ihnen war ungeheuerlich, zwei gegenläufige Sturmfluten aus Blut und Stahl, die ineinanderkrachten. Dunstwolken erhoben sich, wo heißes Blut in den kalten Schnee sickerte, und das Schlachtfeld war bereits von Toten und Sterbenden übersät.
»Ich weiß, dass es ein bisschen fahrlässig klingt«, versicherte der Schrecken des Ostens seinem Stellvertreter. »Diese Entscheidung fällt mir gewiss nicht leicht. Aber es ist der einzige Weg. Ich muss in die Stadt hineinkommen.«
»Mylord«, setzte Losalis nach. »Selbst der letzte Mensch in Mecepheum, sei er nun dort geboren oder nicht, würde dich liebend gerne umbringen, sobald du ihm unter die Augen trittst. Sie glauben schließlich, dass du hinter all dem steckst, schon vergessen?«
»Zudem bist du nicht gerade unauffällig«, setzte Davro hinzu, der einen der Knochenstacheln zwischen Daumen und Zeigefinger nahm und ihn hin und her bewegte.
Corvis verzog das Gesicht, als sein ganzer Körper zitterte. »Glaubt es oder lasst es bleiben, darauf bin ich selbst schon gekommen. Ich habe nicht vor, diese Rüstung zu tragen. Jedenfalls vorerst nicht.«
»Du willst diese Monstrosität mit dir herumschleppen?«, erkundigte sich die Hexe ungläubig. »Du hast nicht zufällig noch ein Maultier in deinem Geldsack versteckt, oder etwa doch?«
Der Kriegsfürst warf ihr einen vernichtenden Blick zu. »Du hast dich zu lange mit Khanda und Davro abgegeben, Seilloah. Nein, ich werde sie nicht mit mir herumschleppen. Ich werde Khanda bitten, sie in etwas Unauffälliges zu verwandeln, bis ich sie brauche, so wie er es«, Corvis konnte ein Erschauern bei der quälenden Erinnerung nicht unterdrücken, »das letzte Mal getan hat, als ich hier war.«
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»Vielen Dank.«
»Ich verstehe das alles nicht«, erklärte Losalis mürrisch. »Was willst du damit erreichen?«
»Audriss ist bereits in Mecepheum. Ich werde ihn mir holen.«
Ellowaine blickte fragend auf. Sie hatte etwas abseits gestanden, und jetzt musterte sie Corvis mit scharfem Blick. »Woher weißt du das?«, wollte sie wissen.
»Ich weiß, was er dort will.«
»Er will die ganze Stadt«, protestierte der Oger.
»Das stimmt. Aber er will auch noch etwas anderes, und er kann es sich nicht leisten, auf den Fall der Stadt zu warten, bis er es bekommt. Ich werde nach Mecepheum gehen, ihn finden und ihn töten.«
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»Ganz und gar nicht. Denn ich weiß, wer Audriss ist.«
Bevor einer seiner verblüfften Gefährten genug Geistesgegenwart aufbrachte, um etwas zu sagen, ging der Schrecken des Ostens zu einem anderen Thema über.
»Also gut«, sagte er. Entweder bemerkte er die staunenden Blicke und offenen Münder nicht, oder er ignorierte sie. »Ich mache es folgendermaßen: Ich gehe hinein. Losalis, ich wünschte, du könntest mich begleiten. Ich wüsste nicht, wer mir besser den Rücken freihalten könnte, aber du musst hier draußen das Kommando übernehmen.«
Die Miene des großen Mannes verfinsterte sich, und er kratzte sich den Bart. »Ich bin nicht gerade glücklich darüber«, gab er zu. »Aber du hast hier die Befehlsgewalt.«
»Gut.« Corvis nickte. »Seilloah, du kommst mit mir. Ich weiß, dass sie deine Heilkünste hier draußen vermissen werden, aber ich brauche so viel magischen Beistand wie nur möglich. Wir wissen nicht genau, wozu Audriss und Pekatherosh fähig sind, außerdem schwirrt da auch noch irgendwo Rheah Vhoune herum.«
Die Hexe nickte. »Gib mir ein paar Minuten Zeit. Ich will nur dafür sorgen, das Losalis’ Heiler ausreichend von meiner Salbe haben, bevor wir verschwinden.«
»Aber beeil dich.
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