Die Horde 1 - Der Daemon des Kriegers
Bericht gehört. Mehrere seiner eigenen Männer haben gesehen, wie er in einer plötzlich auftauchenden Nebelbank verschwand, einem Nebel, der ohne Vorwarnung aufstieg und sich ebenso rasch wieder verzog. Wir alle wissen sehr genau, was das bedeutet.«
»Wer will denn wissen«, fragte Herzog Edmund, »ob die Legion den armen jungen Mann nicht einfach nur getötet hat? Nicht dass ich mir so etwas wünschen würde, keine Frage, aber es könnte vielleicht auch eine vernünftigere Erklärung geben.«
»Nein.« Nathaniel Espa, der nur als persönlicher Berater des Regenten anwesend war, stand auf und beugte sich über den Tisch. »Nein, ich habe gesehen, wie die Legion vorgeht, vor Pelapheron. Sie töten schnell und effizient, und ich habe nie gesehen, dass sie jemanden mitgenommen hätten.« Er seufzte. »Ich fürchte, dass Herzog Lorums Theorie zutrifft, so widerwärtig sie auch sein mag.«
»Nein!«, wiederholte Rheah störrisch, obwohl ihre Zuversicht allmählich Risse bekam. »Verdammt, ich kenne Jassion! Ich kenne ihn, seit er ein Baby war! Er ist stur, dickköpfig, gewalttätig und besessen, aber er ist kein Verräter! Ich kann nicht glauben, dass er freiwillig Audriss dienen würde.«
»Eigentlich solltet ihr annehmen, dass er Audriss ist.«
Alle Köpfe im Raum drehten sich zur Tür, die weit offen stand. Normalerweise hätte niemand in der Lage sein sollen, diese Kammer zu betreten. Die Tür war nicht nur verschlossen und verriegelt, sondern von Rheah Vhoune selbst mit einem Schutzzauber versehen worden. Aber jetzt stand das Portal weit offen, ohne dass es auch nur einen Laut von sich gegeben hätte oder die Schutzzauber sich gemeldet hätten. In der Öffnung waren drei Leute zu sehen.
Der Mann, ein großer, drahtiger Grauhaariger, trat vor und blieb mitten vor dem hufeisenförmigen Tisch stehen, von wo aus er die gesamte Versammlung ansprechen konnte. Seine beiden Begleiterinnen flankierten ihn. Die eine war ebenso hager wie er und hielt zwei sehr gefährlich aussehende Faustäxte in den Händen; das Funkeln in ihren Augen deutete an, dass sie nur zu bereit war, sie auch zu benutzen. Die andere war dunkelhaarig, älter als die erste und schien unbewaffnet zu sein.
»Wer seid Ihr?«, verlangte Espa zu wissen, während seine Hand zu dem Griff des großen Schwertes an seiner Seite glitt. »Wie seid Ihr hier hereingekommen?«
»Rheah«, sagte der Mann, »bitte sag deinem Freund, wenn er dieses Schwert zückt, ist er tot, bevor die Scheide auch nur aufgehört hat zu wackeln.«
Rheah nickte mit zusammengebissenen Zähnen. »Er meint es ernst, Nathan. Das gilt für euch alle, eure Waffen sind nutzlos.« Sie hob eine Braue. »Nur für meine nicht«, fuhr sie fort. »Du weißt, dass ich dich aufhalten kann. Möglicherweise besitze ich nicht so viel Macht wie dein Kettenhund, aber du kannst sie nicht auf einmal kanalisieren und abwehren.«
»Wahrscheinlich stimmt das. Deshalb wirkt meine Gefährtin da drüben auch so nervös. Wenn mir irgendetwas Unnatürliches zustößt, hat sie den Befehl, ihren Faustäxten freie Bahn zu lassen.«
Rheah fluchte leise.
»Und nun zu der Frage, wer ich bin«, fuhr der Mann fort. »Ich mache es etwas deutlicher. Khanda?«
Er kräuselte sich wie eine Reflexion im Wasser, in das jemand einen Stein geworfen hatte. Dann trug er nicht mehr Pelze und Leder, sondern die schwarze Knochenrüstung, die jeder in diesem Raum kannte. Er hatte alles an, bis auf den Helm, aber den benötigte er gar nicht.
Er hatte eigentlich erwartet, den folgenden Aufruhr beschwichtigen und jeden so lange auf seinem Sitz festhalten zu müssen, bis sie sich angehört hatten, was er ihnen sagen wollte. Aus irgendeinem Grund jedoch, wahrscheinlich wegen ihres Schocks, passierte nichts. Gar nichts. Stattdessen starrten die meisten der Versammelten ihn furchtsam an und gaben keinen Laut von sich, bis auf ein gelegentliches Keuchen.
»Gut«, sagte Corvis nachdrücklich. »Das macht es einfacher.« Langsam und entschlossen betrachtete er jeden Einzelnen der Versammelten. Nur wenige Gildenmeister und Adlige waren mutig genug, seinen Blick zu erwidern. Ihn auszuhalten vermochte so gut wie keiner.
Obwohl er sich Mühe gab, konnte Corvis nicht verhindern, dass die Verachtung auf seiner Miene deutlich zu erkennen war. Das hier sollten die Männer und Frauen sein, die Imphallion regierten? Duckmäuserische Weichlinge und zänkische Politiker, Narren, für die selbst die Bedrohung durch eine Invasionsarmee nicht
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