Die Horde 1 - Der Daemon des Kriegers
der Luft über Mecepheum stand.
»Rheah«, sagte Corvis rasch, »ich muss mit Khanda sprechen. Kannst du das einrichten?«
»Wie bitte?«, kreischte Seilloah, noch bevor Rheah auch nur Luft holen konnte. »Bist du verrückt geworden? Khanda hat dich betrogen! Er hat uns alle betrogen! Wen zum Teufel kümmert es noch, was er zu sagen hat? Vor allen Dingen jetzt!«
»Mich«, erwiderte Corvis schlicht. »Vertrau mir, es ist wichtig. Also, Rheah?«
Die Zauberin runzelte die Stirn, als sie versuchte, sich in dem schrecklichen Geschrei zu konzentrieren. »Wie viel beträgt deine normale Reichweite für diese Art der Kommunikation?«
»Körperlicher Kontakt ist optimal«, erwiderte er. »Aber ich habe auch schon aus zwei Metern Entfernung mit ihm durch eine geschlossene Tür gesprochen.«
Rheah schüttelte den Kopf. »Dann geht es nicht von hier. Wenn wir bis auf vielleicht fünfundzwanzig oder dreißig Meter herankämen, könnte ich es hinbekommen.«
»Dann sollten wir uns schleunigst in Bewegung setzen.«
Diesmal starrte nicht nur Seilloah ihn entgeistert an. »Du willst, dass wir da hinausgehen?«, keuchte Salia heiser.
»Wir alle nicht. Nur ein paar von uns.« Corvis weigerte sich, unter dem Gewicht ihrer Blicke nachzugeben. »Hört zu, wenn wir hier sitzen bleiben und uns ducken oder uns deswegen gar streiten, werden sie die Stadt in Stücke reißen und uns trotzdem töten. Dann gewinnt Audriss. Ende. Ich habe nur eine Idee, und es ist zugegeben keine besonders gute, aber mehr haben wir nicht. Dafür ist es jedoch erforderlich, dass ich mit Khanda spreche. Also werde ich jetzt da hinausgehen und einige von euch mitnehmen. Genauso gut können wir uns aber auch in unsere Schwerter stürzen, weil ich euch garantieren kann, dass dies ein wesentlich angenehmerer Tod ist als der, der da eventuell auf uns zukommt!«
Merkwürdigerweise war es Rheah Vhoune und nicht Seilloah oder Ellowaine, die als Erste ihre Zustimmung mit einem Nicken kundtat. »Wie lautet der Plan?«
»Er ist nicht sonderlich kompliziert«, gab Corvis zu. »Du begleitest mich, um mir dabei zu helfen, mit diesem elenden Verräter zu reden. Seilloah, Ellowaine und Espa folgen uns, um uns im Notfall Schwierigkeiten vom Hals zu halten, während du deine Magie wirkst. Ich …«
»Ich bitte um Verzeihung«, warf Nathaniel kalt ein. »Ich kann mich nicht erinnern, diesem Unterfangen zugestimmt zu haben. Was mich angeht, seid Ihr eine ebenso große Bedrohung wie …«
»Nathan, halt den Mund!«, fuhr Rheah ihn an. Ihr Haar peitschte Corvis durchs Gesicht, als sie zu ihrem alten Freund herumwirbelte. »Im Augenblick ist Rebaine unsere einzige Chance, diesem Wahnsinn Einhalt zu gebieten, außerdem ist er der Einzige hier, der auch nur im Entferntesten so etwas wie eine Idee hat, was wir anstellen sollten! Also schlag entweder etwas anderes vor oder halt die Klappe und mach mit!«
Der alte Ritter zuckte zurück, sichtlich bestürzt. »Aber Rheah …«
»Welche Silbe von ›halt die Klappe und mach mit‹ hast du nicht verstanden?« Sie drehte sich wieder um. »Also gut, Rebaine, wir helfen dir, jedenfalls fürs Erste.«
Und das ist auch gut so, dachte Corvis, der zusah, wie der eingeschüchterte Espa leise fluchend wieder hinunterkletterte und sein Schwert holte. »Salia«, fuhr er fort, »du übernimmst hier das Kommando, bis wir zurückkehren. Es gibt zwar nicht viel, was du gegen diese Kreaturen ausrichten kannst, aber sollten irgendwelche von Audriss’ Soldaten es bis hierhin schaffen, musst du die Verteidigung organisieren. Bekommst du das hin?«
»Ich glaube, das schaffe ich, ja.«
»Gut. Rheah?«
Die Zauberin stimmte einen leisen, misstönenden Vers an, und im nächsten Moment schwebten Corvis, Seilloah, Espa, Ellowaine und sie selbst über die zertrümmerten Mauern und sanken dann weich auf die Straße hinab. Die Bürger, die in der Nähe waren und bereits voller Panik blindlings herumrannten, warfen einen Blick auf die Rüstung des Kriegsfürsten und verschwanden. Erst Audriss, dann die Kinder der Apokalypse und jetzt auch noch Corvis Rebaine. Wenn der Tag des Jüngsten Gerichtes für Mecepheum tatsächlich gekommen war, dann hätten seine Herolde nicht furchteinflößender sein können als jene, die heute um die Hauptstadt kämpften.
Mit gezückten Waffen und entschlossenen Mienen marschierte die zusammengewürfelte Gruppe über die Pflastersteine in Richtung Stadtzentrum und zu dem größenwahnsinnigen Halbgott, der über ihnen durch die
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