Die Horde 1 - Der Daemon des Kriegers
bliebe, das sich zu erobern lohnte. Wir würden uns selbst zerstören, lange bevor er hier einträfe.«
Jassion schnaubte verächtlich. »Sie hätten niemals genug Mumm, um sich gegen eine zu allem entschlossene Streitmacht zur Wehr zu setzen! Sobald sie begreifen, dass sie nur die Wahl haben, sich uns anzuschließen oder als Hochverräter zu sterben, würden sie …«
»Als Verräter sterben«, unterbrach ihn Lorum, »und dabei viel zu viele unserer Männer mit in den Tod reißen. Außerdem, selbst wenn wir diese Sache bewerkstelligen könnten, wären die politischen Konsequenzen …«
»Politische Konsequenzen? Bei allen Göttern, Ihr redet über den Fortbestand des Königreiches! Die Gilden und ihre Politik sollen verdammt sein!«
Die beiden Männer starrten sich finster an, und die Luft zwischen ihnen schien zu knistern. Dann, so beiläufig, als würde er nur die Hand ausstrecken, um eine Tür zu öffnen, versetzte Nathaniel Jassion eine Ohrfeige.
Der junge Baron stolperte zurück. Eine Hand fuhr schockiert zu seiner blutenden Lippe, während die andere zum Griff seines Schwerts zuckte. »Ihr … Ihr …!«
Lorum bemerkte mit einer gewissen Genugtuung, dass er zum ersten Mal erlebte, wie Jassion die Worte fehlten.
»Ihr habt das Recht, anderer Meinung zu sein als Seine Gnaden«, informierte Nathaniel ihn ruhig. »Schließlich seid Ihr hier, um das Eure beizutragen. Aber Herzog Lorum ist Euer Regent, und Ihr werdet ihn mit dem Respekt behandeln, der ihm und seinem Rang gebührt. Habe ich mich deutlich genug ausgedrückt?«
Jassion ballte die Faust in seinem schwarzen Handschuh, und seine Finger waren nur wenige Zentimeter vom Griff seiner Waffe entfernt. Er nickte kurz, obwohl seine Augen loderten. »Ziemlich deutlich. Ich bitte um Vergebung, falls ich zu nachdrücklich gesprochen haben sollte, Euer Gnaden. Aber ich habe immer noch den Eindruck, dass Ihr einen schrecklichen Fehler begeht, wenn Ihr auch nur versucht, mit diesen Dummköpfen zu verhandeln, die sich Gildenmeister nennen.«
»Vielleicht, teurer Jassion. Aber ich habe keine andere Wahl. Und vergesst Euch ja nicht noch einmal. Ich entscheide, was ein Fehler ist und was nicht. Ihr habt hier nicht das Kommando.«
»Nein!«, spie der Baron verbittert hervor. »Das habe ich nicht. Möglicherweise werden wir deshalb alle schrecklich leiden müssen, bevor die ganze Sache hier vorbei ist.« Damit schritt er steifbeinig aus dem Raum.
»Er hätte Euch um Erlaubnis fragen müssen, ob er gehen darf«, meinte Nathaniel leise.
Lorum schien die Bemerkung nicht zu hören. »Er verhält sich in letzter Zeit recht häufig so. Er stürmt davon und ist dann stundenlang verschwunden. Ich frage mich, wohin er wohl geht?«
Der ältere Mann zuckte mit den Schultern. »Irgendwohin, nehme ich an. Jassion würde es niemals zugeben, aber er durchlebt gerade eine harte Zeit. Diese Situation weckt in ihm zwangsläufig Erinnerungen an seine Schwester. Vermutlich verbringt er einfach nur zu oft alleine Zeit mit seinen Gedanken.«
»Ja«, stimmte Lorum ihm gedehnt zu. »Wahrscheinlich ist es so.« Aber er blickte immer wieder in den leeren Flur, lange nachdem Jassions Schritte verhallt waren. Zerstreut fuhr er mit den Fingerspitzen über seinen Siegelring, das Abzeichen für den höchsten Rang in Imphallion, und runzelte die Stirn. Schließlich zuckte er die Achseln.
»Kommt, Nathan. Wir müssen Pläne schmieden, mit oder ohne unseren hitzköpfigen Baron, und wir haben kaum Zeit dafür. Was auch immer Jassion tut, ich bin sicher, dass es uns nicht betrifft.«
8
»Und?«, rief Tyannon, als Corvis über die Anhöhe marschierte. »Wie sieht es aus?«
Sie lehnte an einem hohen, schmalen Baum, der nur wenig Schatten spendete, und strich sich mit einer Hand zerstreut über ihren Bauch, der gerade anzuschwellen begann. Blätter knisterten unter ihren Füßen, als sie ihr Gewicht verlagerte, und es roch deutlich nach Herbst.
»Das Grundstück ist fast geschenkt«, antwortete Corvis, der neben ihr stehen blieb und den Duft ihres Haares einatmete. Er hatte sich in den letzten Monaten fast unmerklich verändert. Seit …
»Corvis? Du machst es schon wieder.«
»Entschuldige. Wo …? Richtig. Die Herberge ist zwar nicht meine erste Wahl, aber wir können sie uns leisten. Außerdem haben wir ein Dach über dem Kopf, bis das Haus fertig ist. Es gibt einige Leute in der Ortschaft, die bereit wären, uns gegen ein geringes Entgelt beim Bau zu helfen. Ich weiß nicht, ob das Haus
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