Die Horde 1 - Der Daemon des Kriegers
ganz fertig wird, bevor das Kind auf die Welt kommt, aber es wird genug Platz bieten, damit wir alle darin leben können.
Vorausgesetzt, du bist dir immer noch sicher, dass du hier leben willst. Chelenshire ist nicht gerade die Speerspitze der Zivilisation …«
»Genau deshalb mag ich diesen Ort«, erwiderte Tyannon und strich ihm über die Wange. »Hast du deine Meinung geändert? Du hast mir versprochen …«
»Nein! Nein, überhaupt nicht. Ich wollte nur sichergehen.« Corvis runzelte nachdenklich die Stirn und blickte den Weg zurück, den er gekommen war. »Weißt du, Chelenshire hat keine richtige Verwaltung. Sie haben bloß einen offiziellen Bürgervogt, der Dispute schlichtet, sowie einen informellen Rat der Ältesten, der die Entscheidungen trifft, und das war’s auch schon. Ich wette, wenn jemand da wäre, der ihnen einen besseren Weg aufzeigte, könnten sie …«
»Corvis?« Tyannon ließ ihre Hand von seinem Gesicht sinken. »Wenn du auch nur daran denkst, dann verspreche ich dir, dass du eines Morgens aufwachen und etwas sehr Großes an einer Stelle vorfinden wirst, die eigentlich nicht dafür vorgesehen ist.«
»Aua«, erwiderte Corvis grinsend. »Vielleicht sollte ich dann …«
Ihm blieben die Worte im Hals stecken, als er sich umdrehte. Fast wäre er daran erstickt. Ihr Tonfall war beiläufig gewesen, und sie hatte immer noch ein schwaches, sehnsüchtiges Lächeln auf den Lippen, aber ihre Augen waren härter, als Corvis sie sich selbst im Traum jemals vorgestellt hätte. Und er hörte aus Tyannons Worten ihr wahres, unausgesprochenes Ultimatum heraus: Wenn du auch nur darüber nachdenkst, wirst du eines Morgens aufwachen … allein.
»Vielleicht sollte ich lieber mal losgehen und das Holz für den Bau besorgen«, beendete er seinen Satz leise.
»Warum tust du es dann nicht?«
»Corvis?«
Tyannon? Bist du das? Oh, den Göttern sei Dank! Ich werde nie wieder von zu Hause weggehen, nie wieder werde ich dich und die Kinder verlassen, nie wieder …
»Ich weiß, dass du wach bist, Corvis. Ich kann es an deinen Atemzügen hören.«
Nein. Er begriff die Wahrheit, vernahm sie in den Worten, die den Kokon aus Schmerz und Erschöpfung durchdrangen, der ihn umgab. Es war nicht Tyannon. Obwohl unverkennbar weiblich, war die Stimme tiefer und hatte den Hauch eines Akzentes, der auf unbekannte Länder hinwies.
Corvis kniff die Augen fest zu, um die Tränen zu verbergen, die er nicht vergießen wollte. »Du warst schon immer sehr aufmerksam, Seilloah«, erwiderte er undeutlich und zwang sich zu einem Lächeln, nach dem ihm ganz und gar nicht zumute war.
»Pah! Ich bin jedenfalls aufmerksam genug, um zu wissen, dass du immer noch die Nachwirkungen dieser verdammten Infektion spürst. Außerdem war ich aufmerksam genug, um deine Stimme zu erkennen, als du vorhin angefangen hast zu schreien. Es war dein Glück, dass du es getan hast. Was ist nur in dich gefahren, dass du versucht hast, den Sidhe zu bekämpfen?«
»In dem Moment«, erwiderte Corvis, dessen Stimme allmählich klar wurde, »schien es mir eine sehr gute Idee zu sein.« Er öffnete die schmerzenden Lider, die sich anfühlten, als wären sie mit Baumharz zusammengeklebt, und richtete sich auf.
»Vorsichtig. Du bist noch sehr schwach.«
»Das ist mir nicht entgangen.«
Corvis schickte ein stummes Gebet zu den Göttern dafür, dass seine Sehkraft nach all diesen schweren Prüfungen wieder zurückgekehrt war, und musterte seine neue Umgebung. Er fand genau das vor, was er von einer Hütte mitten im Wald erwartet hatte. Ein Steinkamin nahm eine komplette Ecke des Raumes ein. Ein heimelig knisterndes Feuer erwärmte einen Kessel, aus dem ein leicht fauliger, bitterer Duft drang. Überall standen Pflanzen herum, Topfpflanzen, Hängepflanzen, wild wuchernde Gewächse, und eines drang sogar durch einen Spalt in den Bodendielen, durch den Corvis kleine Kreaturen hin und her huschen sah.
Auf einem Stuhl neben dem Bett saß Seilloah.
Ihr Haar war ihm immer so schwarz wie ein Fledermausflügel vorgekommen, bis auf jene wenigen Strähnen, die in einem tiefen Braun schimmerten. Ihre Augen waren immer noch so grün, wie er sie in Erinnerung hatte, und funkelten mutwillig. Die Jahre hatten ein paar Furchen in ihr Gesicht gegraben, ihr ein paar Rundungen genommen, aber nach wie vor strahlte sie eine gewisse, wie Corvis fand, zeitlose Schönheit aus. Sie trug ein dunkelbraunes Kleid von schlichtem Schnitt, wie sie es bevorzugte.
Außerdem erinnerte er
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