Die Horde 1 - Der Daemon des Kriegers
so gut er es mit Worten auszudrücken vermochte, von seinem Glück während der letzten Jahre, seiner Freude über die Geburt seiner Kinder und über den Frieden, den er sich niemals erträumt hätte. Er sprach von den Gerüchten über Audriss’ Feldzug und über seine Wut auf die Männer, die es gewagt hatten, seine Tochter anzugreifen. Seine Erzählung endete mit der Schilderung, wie er in den dunklen Gang des Forsts getreten war. »Was danach passiert ist, weißt du ja. Du hast ein sehr interessantes Heim hier, Seilloah. Die Hütte ist geradezu anheimelnd, was ich von deinem Nachbarn nicht gerade behaupten kann.«
»Wir haben eine Übereinkunft«, erwiderte sie zerstreut, während sie in die Ferne blickte. Dann verfinsterte sich ihre Miene. »Ich glaube, du hast die Männer, die deine Tochter überfallen haben, nicht hart genug bestraft. Dir ist klar, was sie Mellorin hätten antun können.«
»Ich weiß«, erwiderte er tonlos. »Ich nehme an, meine Laune war nicht ganz so schlecht, weil ich rechtzeitig eingetroffen bin, um sie daran zu hindern. Wäre ich zu spät gekommen, würden sie jetzt immer noch schreien, das versichere ich dir.«
»Daran zweifle ich nicht.« Ebenso unvermittelt, wie ihre Miene sich verfinstert hatte, überzog nun ein breites Grinsen ihr Gesicht. »Ich kann nicht glauben, dass du den armen Davro in eine solch missliche Lage gebracht hast.« Sie lachte. »Bei allen Göttern, er muss fuchsteufelswild gewesen sein!«
»Er hat sogar versucht, mich mit seinem Spieß zu durchbohren. Aber er ist ein kluger Oger. Er weiß, dass dies seine beste Option ist. Da fällt mir etwas ein … Ich habe ihm versprochen, du würdest eine Möglichkeit finden, für seine Tiere zu sorgen, bis wir zurückehren.«
»Ach tatsächlich?« Seilloahs Augen funkelten grün, und Corvis wusste nicht, ob vor Ärger oder Belustigung. »Warst du dir so sicher, dass ich bereit wäre, dir bei deinem Unterfangen zu helfen? Oder hast du geplant, mich ebenfalls zu erpressen?«
»Davro hat mir dieselbe Frage gestellt. Nein, Seilloah, so etwas würde ich bei dir niemals versuchen.«
Die grünen Augen wurden plötzlich kalt. »Weil du das grundsätzlich nie tun würdest, Corvis, oder weil du nichts gegen mich in der Hand hast?«
Corvis grinste verlegen. »Ich muss zugeben, hätte ich etwas gegen dich in der Hand gehabt, hätte ich diese Option vielleicht in Betracht gezogen. Aber ich bin froh, dass dem nicht so ist. Ich will dich nicht derart unter Druck setzen. Davro war ein guter Leutnant, und ich werde seine Unterstützung dringend brauchen. Aber du warst eine …«
»Wenn du jetzt ›Freundin‹ sagst, dann komme ich am Ende noch auf die Idee, dich höchstpersönlich zu vergiften.« Ihr Blick wurde schwer, durchdringend. Corvis empfand ihn wie einen Druck auf der Brust, und ihm fiel auf einmal das Atmen schwer. »Du hast keine Freunde, Corvis. Weder Davro noch Valescienn, noch mich. Du hattest Leute um dich herum, denen du vertrauen konntest, weil sie es zugelassen haben, von dir benutzt zu werden. Nicht mehr.«
»Das stimmt nicht, Seilloah. Bei dir war ich …«
Bei ihrem starren Blick blieb ihm seine schwächliche Erwiderung förmlich im Halse stecken. Trotzig holte Corvis tief Luft. »Seilloah, was ich in der Vergangenheit auch gewesen sein mag, ich frage dich jetzt: Wirst du mir helfen?«
»Corvis …« Sie erhob sich anmutig von ihrem Stuhl, setzte sich neben ihn auf das Bett und legte ihre Hand auf seine. »Wenn ich dir jetzt sagen würde, dass ich dir nur helfen würde, wenn wir wieder das wären, was wir einst waren, und wenn ich dir versprechen würde, dass Tyannon es selbstverständlich nie erfahren müsste … Wenn dies der Preis für meine Hilfe wäre, würdest du ihn akzeptieren?«
Er starrte sie einen Moment an, während ihm alles Blut aus dem Gesicht wich. »Nein«, erwiderte er schließlich. »Einige Dinge müssen heilig bleiben, selbst für mich. Es tut mir sehr leid.«
»Gut.« Sie stand wieder auf. »Lass mich nur kurz ein paar Vorräte zusammenpacken, dann bin ich bereit. Deine Kleidung und deine Waffen liegen unter dem Bett.« Sie begann herumzuwerken, sammelte etliche Dinge ein und packte sie in einen Beutel.
»Du hilfst mir?« Der plötzliche Stimmungsumschwung verwirrte ihn. »Einfach so?«
Sie hielt inne und richtete sich auf. Dabei starrte sie ins Feuer, den Rücken dem Mann zugekehrt, den sie einerseits so gut und andererseits überhaupt nicht kannte. »Nicht deinetwegen, Corvis.
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