Die Horde 1 - Der Daemon des Kriegers
und baute sich finster hinter Seilloahs linker Schulter auf. »Und wir können sicher sein, dass sie nicht einfach betrunken in irgendeiner Ecke liegen?«, fragte er die drei.
»Da sind wir uns ganz sicher«, beteuerte Teagan. Nachdenklich kratzte er sich den dichten Bart. »Zwei meiner Männer sind ebenfalls verschwunden, und einer von ihnen ist mein eigener Leutnant, also der Stellvertreter meines Stellvertreters. Ich würde mich hüten, einem Trunkenbold die Verantwortung über meine Leute zu übertragen. Aber eins kann ich dir versichern: Wenn er verschwunden ist, sollte es lieber eine bessere Erklärung dafür geben als ein paar Tropfen Bier.«
Der Oger schien noch etwas sagen zu wollen, aber Seilloah stand so unvermittelt auf, dass ihr Stuhl mit einem lauten Knall hinter ihr auf den Boden prallte.
»Danke, dass ihr mich darüber in Kenntnis gesetzt habt«, sagte sie zu den drei Söldnerführern. »Ich versichere euch, dass wir die Angelegenheit genauestens untersuchen werden.«
Die drei wirkten ziemlich verblüfft, weil sie so abrupt abserviert wurden, und sowohl Ellowaine als auch Teagan schienen darauf noch etwas ziemlich Unhöfliches erwidern zu wollen. Losalis jedoch hatte bemerkt, wie der Blick der Hexe zur Tür gezuckt war und ihre Augen sich kurz vor Überraschung geweitet hatten. Daher nickte er nur und verließ den Tisch. Seine beiden Gefährten sahen sich plötzlich alleine und fragten sich, was er wusste, wovon sie keine Ahnung hatten. Also begnügten sie sich damit, Seilloah giftige Blicke zuzuwerfen, bevor sie ihrem dunkelhäutigen Freund folgten.
Davro blinzelte mehrmals. »Seilloah, was …?«
»Sieh hin!«, zischte sie und deutete kurz auf den Mann, der durch die dichtgedrängte Schar der Gäste auf sie zukam.
Der Oger folgte ihrem Blick und entdeckte einen großen, in Leder gekleideten Mann. Sein langes Haar war ergraut, und der struppige Bart verbarg fast sein ganzes Gesicht …
Davros Kiefer wurde schlaff, als er die Züge unter dem Barthaar erkannte. Traurig schüttelte er den Kopf. »Als wäre er nicht schon vorher hässlich genug gewesen.«
»Sei still.« Nachdenklich beobachtete sie, wie der Mann näher kam. Als er den Tisch erreicht hatte, holte sie tief Luft. »Cor…«
Er unterbrach sie mit einer Handbewegung. »Nicht hier«, knurrte er. Seine Stimme hatte sich noch nicht ganz von den arktischen Temperaturen erholt. »Im Hinterzimmer.«
Sie spielte kurz mit dem Gedanken, sich selbst durch die Menge davonzumachen. Doch dann wandte sie sich an Davro. »Sag dem Wirt, dass wir einen seiner Räume benötigen.«
»Warum tust du es nicht selbst? Der Mann hat Angst vor mir.«
»Tollwütige Hunde haben auch Angst vor dir, Davro. Jetzt geh zu ihm hin und sag es ihm.«
Der Oger zuckte mürrisch die Achseln und drängte sich dann durch die Taverne, wobei er Menschen und Möbel achtlos aus dem Weg schob. Obwohl ihm eine lautstarke Welle aus Flüchen und boshaften Bemerkungen folgte, hatte niemand den Mumm, sich direkt mit ihm anzulegen.
Natürlich war kein einziges Zimmer frei, weil in jedem einzelnen mindestens vier Söldner wohnten, aber der eingeschüchterte Wirt war nur zu gerne bereit, ihnen einen seiner Lagerräume zur Verfügung zu stellen, und zwar »so lange Euer Lordschaft ihn benötigen«. Er weigerte sich sogar, von Davro Geld für seine Mühe anzunehmen, und bestand darauf, dass er ihnen nur zu gerne zu Diensten wäre. Sie sollten den Raum nutzen und sich davon überzeugen, dass er ihren Bedürfnissen genügte, deshalb möge Davro bitte sofort hingehen und ihn in Augenschein nehmen.
»Wie ich sehe, war der Bursche nicht sonderlich redselig«, bemerkte Corvis sarkastisch, als der Oger zurückkam.
»Aus irgendeinem Grund scheine ich ihn nervös zu machen«, antwortete Davro.
»Wirklich? Dabei bist du doch so ein lieber Kerl.«
Davro funkelte ihn wütend an. »Weißt du, ich habe unser gestriges Gespräch weit mehr genossen als dieses hier.«
»Gestern war ich doch noch gar nicht … Ach so. Sehr komisch.«
Das Zimmer war nicht besonders einladend. In der feuchten, muffigen Kammer stapelten sich alte Fässer und Kisten, um die sich offenbar seit längerem niemand mehr gekümmert hatte. Immerhin fanden sich ein paar wacklige Stühle und ein Schreibtisch, so dass Corvis und Seilloah sich setzen konnten. Davro überprüfte vorsichtig die Kisten und Fässer, bis er eines fand, das wahrscheinlich nicht unter seinem Gewicht zusammenbrechen würde.
»Also«, begann Corvis.
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