Die Horde - Die Schlacht von Morthûl

vor morgen früh. Jeder von euch wird für die heute erlittenen Verluste entschädigt.«
    Die Geiseln sprangen auf und eilten hinaus.
    Eriks Herz wie beiläufig in der rechten Hand haltend, wandte sich Morthûl Branden und Dale zu. »Euer Schicksal ist noch nicht besiegelt«, sagte er. Das gelbe Leuchten, das aus dem Innern des Leichenkönigs kam, betonte seine Zähne. »Ihr seid meine Feinde. Ihr habt meine Untertanen bedroht. Und ihr habt einen frappierenden Mangel an Intelligenz gezeigt, als ihr euch auf diese Sache eingelassen habt. Doch Gehorsam und Loyalität sind Tugenden, die ich zu schätzen weiß, selbst wenn sie dummen Kommandeuren und törichten Königen gelten.
    Deshalb mache ich euch dieses Angebot. Fügt euch. Beantwortet meine Fragen wahrheitsgemäß, und ich lasse euch gehen. Wenn ihr euch weigert, dient ihr eurem Vorgesetzten im Tod genauso wie im Leben.«
    Morthûl ließ einen Moment verstreichen, damit die beiden Soldaten über sein Angebot nachdenken konnten, dann: »Warum seid ihr hier?«
    Vielleicht gab es einen letzten Rest von Nationalstolz, der Dales Entsetzen durchdrang. Oder er steckte so voller Schrecken, dass er nicht mehr klar denken konnte. »Wir … wir wollten diesen Ort ausrauben!«, schluchzte er. »Ihr … Ihr wisst, warum wir hier sind. Ihr kennt die Liste mit den Forderungen. Ihr …«
    Diesmal kam Morthûls linke Hand nach vorn, die Finger teilweise von etwas umhüllt, das wie Haut aussah. Ein halb verwester Daumen brach drei von Dales Zähnen und bohrte sich ihm durch den Gaumen. Der Mann zuckte und gab gurgelnde Geräusche von sich, als zwei weitere Finger die Augen wie Pickel zerdrückten. Branden stand nahe genug, um zu sehen, wie mehrere Käfer über die Hand des Leichenkönigs krabbelten und in Dales Kehle verschwanden.
    Er krümmte sich zusammen, würgte und dachte von Schuldgefühlen heimgesucht: Den Göttern sei Dank, dass Dale als Erster von uns gesprochen hat.
    »Für Lügner habe ich nichts übrig«, sagte Morthûl ruhig. »Wer lügt, verliert schnell das Gesicht.« Er krümmte die Finger und zog, wodurch sich der ganze vordere Teil von Dales Schädel löste.
    Trotz der verschiedenen Substanzen, die aus dem klaffenden Loch quollen, flossen und fielen, blieb Dale auf den Beinen. Er taumelte kurz, wankte dann langsam durch die Tür nach draußen. Das blutige Gesicht fiel mit einem dumpfen Pochen auf den Boden.
    »Du hast eine Chance, und nur eine, dem Schicksal zu entkommen, das du gerade gesehen hast«, sagte der Leichenkönig und wandte sich an Branden. »Ich verliere die Geduld. Warum seid ihr hier? «
    »Wir haben die Lage ausgekundschaftet!«, platzte es hysterisch aus dem Offizier heraus. »Wir brauchten eine Bestätigung dafür, dass Eure Soldaten weiter im Norden ausgebildet werden.«
    »Eine Bestätigung?«, fragte Morthûl mit einer neuen Schärfe in der Stimme. »Und woher hat Dororam die Informationen, die er ›bestätigt‹ haben wollte?«
    »Ich weiß es nicht.« Als sich die Hand des Leichenkönigs bewegte, sank Branden schluchzend auf die Knie. »Ich weiß es wirklich nicht, ich schwöre! Bitte, ich würde Euch nicht belügen! Nicht hier, nicht unter diesen Umständen! Bitte …«
    Morthûl nickte langsam. »Ich glaube dir. Nur, mir scheint, wir haben einen Spion in unserer Mitte.« Langsam und nachdenklich wandte er sich ab.
    Und dann, als hätte er etwas vergessen, vielleicht seinen Hut, blieb der Leichenkönig plötzlich stehen und drehte sich um. »Oh, ja«, sagte er wie verwundert. »Du.«
    »I-ich?«
    »Wenn ich dich gehen lasse … Wie soll ich wissen, dass du nicht erneut Unfug in meinem Land anstellst?«
    »Das m-mache ich b-bestimmt nicht!« Bei den Göttern, ich werde nie wieder auch nur in die Nähe von Kirol Syrreth kommen!
    »Nein, wahrscheinlich nicht. Du scheinst klug genug zu sein, deine heutige Lektion gelernt zu haben. Trotzdem, ich möchte ganz sicher sein. Deshalb ein kurzer Test.«
    Branden fühlte, wie ihm der kalte Schweiß ausbrach. Test?
    »Ein Test deines Gehorsams und deiner Furcht. Dies sollte genügen.« Der Offizier riss die Augen auf, und ihm drehte sich der Magen um, als Morthûl ihm Eriks schwarz gewordenes Herz vor die Füße warf.
    »Du kannst gehen, sobald du damit fertig bist«, sagte der Dunkle Lord. »Es sei denn, dir ist das lieber.« Er schnippte mit den knochigen Fingern, und Dales offener Kopf erschien kurz am Fenster. »Iss, Branden. Du hast eine lange Reise vor dir und brauchst Kraft.«
    Das Gelächter