Die Horde - Die Schlacht von Morthûl
einen nervösen Blick auf die zwei Dutzend Zivilisten, die voller Angst auf dem Boden saßen. »Und hiermit wird der Leichenkönig überhaupt kein Problem haben, wie?«
Erik verzog das Gesicht und verzichtete auf eine Antwort.
Abgesehen von der Haarfarbe – Erik war blond, Branden hatte braunes Haar – und der Tatsache, dass Erik etwas kleiner war, gab es kaum einen Unterschied zwischen ihnen. Beide trugen leichte Reisemäntel und darunter eine abgenutzte Lederrüstung mit einem einfachen Schwert an der Hüfte. Und beide bemühten sich, den Stolz von Soldaten zur Schau zu tragen, obwohl sich Sorge und Furcht durch ihre Eingeweide fraßen.
Sie hatten zweifellos allen Grund, besorgt zu sein. Branden und Erik waren zwei von drei befehlshabenden Offizieren einer von Dororam entsandten Spähergruppe. Sie hatten die Schwefelberge ohne Zwischenfall erreicht und es auch geschafft, den Grenzpatrouillen auszuweichen, aber beim Vorstoß ins Gebirge war alles schwieriger geworden. Die Eiserne Burg hatte einige der besten Veteranen damit beauftragt, die Pässe zu bewachen, und außerdem gab es da noch die überaus gefährlichen Troglodyten, die sich alles vorknöpften, was an den Patrouillen vorbeischlich.
Eine echte Herausforderung, gelinde gesagt, aber Erik und seine Männer gehörten zu den besten Spähern von Shauntille, und sie hatten die Schwefelberge erreicht, ohne entdeckt zu werden. Sie wagten sich nur einige Meilen weit über die Grenze von Kirol Syrreth, gerade weit genug, um herauszufinden, dass es dort tatsächlich kaum Militär gab. Welche Quelle auch immer König Dororam darauf hingewiesen hatte, dass die Soldaten nach Norden abgezogen worden waren, damit sie dort ausgebildet werden konnten – sie schien zuverlässig zu sein. Nach dieser Feststellung waren die Kundschafter mit der Absicht umgekehrt, in die Sicherheit der Verbündeten Königreiche zurückzukehren.
Genau an diesem Punkt hatte das Schicksal zugeschlagen, sie zu Boden gestoßen und ausgelacht.
Die Gruppe war entdeckt worden, nicht von einer OrkPatrouille oder einem Troll-Scout, sondern von einem in Lumpen gekleideten Ziegenhirten, der einem Lamm über eine kleine Anhöhe in den Vorbergen folgte.
Er machte den Fehler, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein, und für diese Sünde musste er sterben. Erik fand keinen Gefallen daran, aber es ließ sich nicht ändern. Sie konnten nicht zulassen, dass der Dunkle Lord von ihrem Vorstoß in sein Reich erfuhr. Eriks Männer hatten das ebenso gut gewusst wie er und auf seinen Befehl gewartet. Pfeile waren geflogen, doch der Ziegenhirte hatte bereits seinen Stab fallen gelassen, das Lamm vergessen und sich zur Flucht gewandt. Die Späher waren losgelaufen und hatten ihn verfolgt, erst über einen Hügel und dann einen zweiten …
Und dann rutschte Erik plötzlich das Herz in die Hose, und zwar so tief, dass er sich bücken musste, um es wieder hochzuholen. Dort, in einem kleinen Tal, befand sich ein ebenfalls kleines Dorf. Licht drang aus Fenstern; Rauch kräuselte sich träge über Schornsteinen.
Eigentlich war es nicht einmal ein richtiges Dorf. Erik schätzte, dass die Anzahl der Bewohner nicht über vierzig hinausging. Seine Gruppe konnte sie alle erledigen und musste das vielleicht sogar, um zu verhindern, dass die Eiserne Burg von ihnen erfuhr. Doch Erik, der einige schreckliche Dinge im Namen der Pflicht und seines Königs getan hatte, war nicht bereit, die Einwohner eines ganzen Dorfes umzubringen.
Also gut, Plan B. Wenn sie ihre Präsenz nicht geheim halten konnten, mussten sie eben Verwirrung stiften. Erik gab seinen Männern den Befehl, ins Dorf zu reiten, alles Wertvolle zu stehlen, das eine oder andere Mannsbild zu töten – mit so viel Blutvergießen konnte er leben, wenn es unbedingt sein musste – und sich ganz allgemein wie Räuber zu verhalten, nicht wie Späher oder Spione. Natürlich würde man Bericht über sie erstatten, aber in diesem Bericht wäre die Rede von Kriminellen und nicht von Soldaten.
Und so griffen sie an, die Schwerter hoch erhoben und wie Irre schreiend. Die meisten Dorfbewohner flohen. Einige wenige setzten sich mit Harken und Spaten zur Wehr und wurden natürlich umgehauen. Im Großen und Ganzen spielten Erik und seine Leute ihre Rolle als Räuber recht überzeugend, doch das Schicksal war noch nicht mit ihnen fertig. Eine der Patrouillen, die in den Schwefelbergen unterwegs waren, schien das Geschehen im kleinen Tal von einem der hohen Pässe aus
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