Die Horde - Die Schlacht von Morthûl
einem bedeutungsvollen, fast verschlagenen Blick zu Cræosh. »Es wäre wirklich schade … wenn eure Sekte verschwinden würde. Ohne euch … wäre niemand mehr da … um eure Götter zu verehren.«
Cræosh grinste und nickte, als er plötzlich verstand. Katim knurrte und schwang ihre Chirrusk . Gork zog seinen Kahrahahk und sprang.
Und dann war die Druidensekte von Ymmeth Thewl wieder ausgestorben.
Jhurpess sank auf die Knie, biss in die nächste Leiche und ignorierte das Zucken und die schwachen Schreie, die darauf hindeuteten, dass Gorks Dolchstöße nicht sofort tödlich gewesen waren. Der Schreckliche ließ sich davon nicht stören; so was hörte immer auf, wenn man die leckeren Teile erreichte. Cræosh öffnete den Mund, um etwas zu sagen, und schloss ihn wieder, als einige scheußliche Flüche erklangen – sie kamen ausgerechnet vom Gremlin!
»Was ist los, Gimmol?«, fragte er. »Hat Belrotha deinen Kopf gegen die Decke geknallt?« Er sprach so ruppig und schroff wie sonst, aber die meisten anderen bemerkten das Fehlen von Verachtung. Cræosh war noch immer damit beschäftigt, sich an die vor kurzer Zeit offenbarten Fähigkeiten des Gremlins zu gewöhnen.
»Wir stecken ziemlich tief in der Scheiße«, sagte Gimmol und sah von dem großen Buch auf, in dem er gelesen hatte.
Der Rest des Korps versammelte sich und sah zu dem Gremlin auf Belrothas Schulter hoch.
»Was hast du?«, fragte Fezeill.
Trotz des drohenden Unheils konnte Gimmol der Versuchung nicht widerstehen. »Was ich habe, Fezeill? Ich habe ein Buch. Wenn du dich bemühst, findest du vielleicht sogar heraus, was man damit macht.«
Cræosh und Gork kicherten, und Katim trat dem Gestaltwandler auf den Fuß, als er antworten wollte. »Gimmol?«, fragte sie rau. »Das Problem?«
»Dies ist ein sehr altes Buch«, sagte der Gremlin. »Ich habe es in der Bibliothek bemerkt, weil es zwischen den anderen herausragte. Vermutlich hat Emmet darin gelesen – es ist eine Abhandlung über nekromantische Magie.«
Mehrere Augenpaare blinzelten. Gimmol seufzte schwer. »Nekromantik. Was man mit Toten und toten Dingen macht.«
Köpfe nickten. »Nekromantische Magie ist sehr selten«, fuhr Gimmol fort. »Die meisten Völker verabscheuen sie, und viele Zauberer vernichten solche Bücher und entsprechende Zauber, wenn sie sie finden. Hier in Kirol Syrreth hat König Morthûl allen Zauberern verboten, solche Bücher zu besitzen. Nur seine speziellen Beauftragten dürfen sich mit diesen Dingen beschäftigen.«
»Na schön, ich kann verstehen, warum dir das Buch wichtig ist«, unterbrach Gork den Gremlin. »Aber warum vergeudest du unsere Zeit damit?«
»Ich bin auf die Beschreibung eines alten Zaubers gestoßen«, sagte Gimmol und blätterte einige Seiten zurück. »Dieser Abschnitt hier listet die einzelnen Ingredienzen auf, die für das Ritual erforderlich sind. ›Die Knochen eines verstorbenen Zauberers; eine Blume vom Grab eines lebendig begrabenen Menschen; ein versteinertes Herz; die Reliquie eines vergessenen Gottes …‹ Na, klingt das nicht irgendwie vertraut?«
Katim schnaufte. »Königin Anne bereitet also … einen Zauber vor. Das ist … keine große Überraschung, Gimmol. Damit … haben wir gerechnet.«
»Ja«, hauchte der Gremlin. »Aber es ist die Art des Zaubers, die mir Sorgen macht.
Dieser Zauber heißt ›Ritus des Zwielicht-Aufstiegs‹. Er hält den Zauberer zwischen Leben und Tod fest. Für immer.«
Gimmol verzweifelte fast, als er das Unverständnis in den Gesichtern seiner Gefährten sah. »Begreift ihr denn nicht?«, heulte er, und seine schrille Stimme hallte von den Ecken der großen Höhle wider. »Wir kennen das Resultat des Zaubers! Wir dienen dem Resultat des Zaubers!«
Schließlich dämmerte es dem Korps. »Du meinst …«, begann Cræosh.
»Ja«, bestätigte der Gremlin. »Dies ist der Zauber, der den Leichenkönig zu dem gemacht hat, was er ist.
Und Königin Anne will so sein wie er.«
8 DER LÜGNER, DIE LEICHE UND DIE BRAUNE KUTTE
Die aufgehende Sonne spähte über die zerklüfteten Grate der Schwefelberge und warf ihr heller werdendes Licht auf das Königreich Kirol Syrreth. Tageslicht kroch über die Berge, über die Gestaltwandler-Stadt Grault, über den Wald von Ymmeth Thewl und die wieder stationären Bäume. Schließlich berührte es widerstrebend die eiternde Wunde namens Darsus.
Darsus war eine hässliche Stadt. Zu Lebzeiten von König Sabryen hatte es dort eine der größten Bastionen des
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