Die Horde - Die Schlacht von Morthûl
Fall war, diese erschütterte Cræoshs Gefühl für die Welt weitaus mehr, als es eigentlich der Fall hätte sein sollen.
Na schön, genug von diesem Blödsinn! Er schüttelte den Kopf, wodurch die Kapuze seiner Kutte raschelte. Über die Unwägbarkeiten des Lebens konnte er bei einer anderen Gelegenheit nachdenken; derzeit ging es darum, einen Auftrag zu erledigen.
»Wen fragen wir?«, brummte er und richtete die Worte nicht an die anderen, sondern vor allem an sich selbst.
Gork antwortete trotzdem. »Einer der Wächter könnte uns bestimmt helfen, aber mir wäre es lieber, wenn wir ihnen aus dem Weg gehen. Nenn es eine Angewohnheit. Ich hätte fast das große Schlottern gekriegt, als ich mit der Offizierin gesprochen habe.«
»Verstehe«, sagte der Ork. »Also wer sonst? Such jemanden aus.«
»Die Frau dort?«
Gimmols Finger deutete auf einen nahen Verkaufsstand, an dem eine Obstverkäuferin ihre Waren feilbot. Sie war schon älter und von einem Leben harter Arbeit gezeichnet, trug ein Kopftuch, dessen Farben verblasst waren, und ein Kleid, das bessere Zeiten gesehen hatte. Während das Korps die Obsthändlerin beobachtete, verhandelte sie mit einer Kundin und wurde dabei immer gereizter.
Und diese Kundin war es, die der Gremlin meinte. Für einen Menschen wirkte sie recht klein, und sie hatte glänzendes schwarzes Haar, wobei sich allerdings kaum feststellen ließ, ob der Glanz natürlichen Ursprungs war oder auf die Anwendung von Öl zurückging. Doch nicht etwa Haar oder Größe hatten Gimmols Interesse geweckt, sondern ihr Intellekt, beziehungsweise der Mangel daran.
»… verstehe nicht«, sagte sie gerade zu der Händlerin und befingerte geistesabwesend eine fleckige und erstaunlich scharf riechende Warzenmelone. »Warum ist das so viel teurer als letztes Jahr?«
Die Händlerin seufzte und wiederholte eine Erklärung, die sie offenbar schon oft gegeben hatte. »Wie ich schon sagte, gute Frau, es hat mit dem Wetter unten in Gorasch zu tun. Dort war der Winter ungewöhnlich lang, und deshalb konnte mit der Saat erst recht spät begonnen werden.«
»Aber wir hatten keinen langen Winter!«, protestierte die Kundin. »Warum sollten wir mehr bezahlen?«
In den Augen der Händlerin begann es zu funkeln.
Cræosh sah auf Gimmols Kapuze hinab. »Gibt es einen besonderen Grund dafür, warum du eine Idiotin ausgesucht hast? Wenn ihr Gehirn noch kleiner wäre, würde es ihr durch den Hals rutschen und verdaut werden.«
»Sie stellt bestimmt nicht zu viele Fragen und macht auch kein Aufhebens wegen unserer … äh … Missbildungen«, erwiderte Gimmol. »Wahrscheinlich wundert sie sich nicht einmal darüber, dass wir den Weg zum Tempel nicht kennen.«
»Du gehst davon aus, dass sie ihn kennt.«
»Sie wohnt hier ganz offensichtlich. Man sollte meinen, dass sie mit den wichtigen Gebäuden in der Stadt vertraut ist.«
»Jhurpess mit Frau spricht!«, verkündete der Schreckliche fröhlich und machte sich auf und davon, bevor die anderen reagieren konnten.
»Oh, bei den weisen und mächtigen Göttern«, ächzte Gork. »Bitte schenkt uns euer Erbarmen und sorgt dafür, dass unser fehlgeleiteter Gefährte weder selbst zu Schaden kommt noch Unheil über seine Brüder bringt.«
»Was war das denn?«, fragte Cræosh.
»Ich spiele weiterhin meine Rolle«, erwiderte der Kobold mit gepresster Stimme. »Auf und ab zu springen und aus vollem Hals zu schreien, würde vielleicht Verdacht erregen.«
Der Ork blickte besorgt zum Verkaufsstand mit den bunten Waren und der Kapuzengestalt, die sich ihm näherte. »Du könntest behaupten, besessen zu sein«, meinte er skeptisch. »Ich hätte selbst Lust, ein bisschen herumzuspringen und zu schreien.«
»Führe mich nicht in Versuchung«, sagte Gork.
Wenn Jhurpess von den Reaktionen seiner Gefährten gewusst hätte, wäre er sehr enttäuscht gewesen, denn er wollte sie vor allem beeindrucken. Der Schreckliche war fest entschlossen, seine frühere Schwäche in Hinsicht auf das wilde Durcheinander in geschäftigen Städten wettzumachen. Zwar zitterte und bebte er innerlich, zwar stand ihm das Fell zu Berge, aber er wollte unbedingt beweisen, dass er in einer Stadt ebenso gut zurechtkam wie im tiefen Wald.
Als er sich dem Verkaufsstand näherte, begriff er, dass er vermutlich nicht seinen richtigen Namen nennen durfte. In Brenald gab es bestimmt niemanden, der wusste, wer »Jhurpess« war, aber vermutlich hatte der Name keinen angemessen menschlichen Klang.
Kurz bevor er die
Weitere Kostenlose Bücher