Die Horde - Die Schlacht von Morthûl
stellen sollten, verzichtete sie darauf, ihnen allzu lässiges Gebaren am Tor vorzuwerfen.
Aber es freute sie, als sie sah, wie die Soldaten Haltung annahmen, als sich die Mönche dem Tor näherten, die Säume ihrer Kutten schmutzig von einer langen Reise auf der Straße. Wenigstens wussten die Wächter noch, wann es sich gehörte, Respekt zu zeigen. Sirribeth beschloss, sich selbst um diese Sache zu kümmern. Mit einem Willkommenslächeln auf den Lippen trat sie zum Tor und stolperte fast über die eigenen Stiefel, als der letzte Händlerwagen vorbeirollte und ihr einen ungehinderten Blick auf die Mönche gewährte.
»Ist das ein Kind?«, fragte einer der beiden Soldaten, ein gewisser Korporal Dennis.
Sirribeth starrte verblüfft. Die Gestalt ganz vorn war nicht größer als ihr Sohn. »Wenn ja, dann rekrutiert euer Orden noch jüngere Leute als wir«, sagte sie.
Eigentlich war die ganze Gruppe ein wenig seltsam. Ihr gehörte ein weiteres Kind an, nur wenig größer als das erste, und drei der anderen überragten Feldwebel Boldryn, den größten Mann in ihrer Einheit. Nur einer der Mönche war durchschnittlich groß, schwang beim Gehen aber die Arme wie ein Affe.
Ein erster, noch vager Argwohn regte sich in Sirribeth.
»Gruß euch, Brüder«, sagte sie und näherte sich. Da sie nicht wusste, wer der Anführer der Gruppe war, ließ sie ihren Blick zwischen den ersten beiden Mönchen verweilen. »Darf ich fragen, was euch nach Brenald führt?«
»Du darfst«, erwiderte der kleine Mönch mit heiserer Stumme. Ähnlich klingende Stimmen kannte sie von Männern, die zu lange Pfeife geraucht hatten. Sirribeth hatte von Tabak nie viel gehalten; ihrer Meinung nach stank das Zeug zu sehr.
Sie sah den kleinen Mönch an. »Ich bitte um Entschuldigung, Bruder«, sagte sie. »Es ist nur …«
»Du hast jemanden erwartet, der groß genug ist, um die Pubertät hinter sich zu haben.«
Sirribeth gab ein Geräusch von sich, das eine Mischung aus überraschtem Keuchen und einem leisen Lachen war. »Nun … äh …« Dies hatte sie nicht unbedingt erwartet.
»Schon gut, Hauptmann. Meine Brüder und ich gehören einem speziellen Orden an. Unsere Mitglieder stammen, wie du zweifellos bereits vermutest, aus den Reihen jener, die, sagen wir, nicht der Norm entsprechen.«
Sirribeth nickte wortlos.
»In dieser Welt gibt es kaum Platz für die Missgestalteten, Hauptmann«, fuhr der Mönch fort. Seine Kapuze bewegte sich, vielleicht deshalb, weil der Kopf darunter nickte. Sirribeth erbleichte. »Schon das Wort beunruhigt dich, nicht wahr? Wir sind daran gewöhnt. Wir genießen es sogar, sind wir doch lebender Beweis dafür, dass alle Menschen die Götter ehren, ganz gleich, welche Gestalt ihnen gegeben wurde.«
»Du beschämst mich mit deinen Worten«, sagte Sirribeth. Ihre Wangen röteten sich, und sie deutete eine Verbeugung an. »Euer Erscheinungsbild … Ich bin unhöflich gewesen.«
»Menschen machen Fehler, Schwester«, sagte der kleine Mönch weise. »Bessere dich, und dir wird verziehen.«
»Natürlich, Bruder.«
»Wir sind gekommen, um im größten und prächtigsten Tempel der Verbündeten Königreiche für die Sicherheit und den Erfolg der tapferen Soldaten zu beten, die aufgebrochen sind, um gegen die heidnischen Schergen des Dunklen Lords in den Kampf zu ziehen«, sagte der Mönch und wechselte damit das Thema. Bei den letzten Worten veränderte sich seine Stimme ein wenig. Er verabscheut es sogar, den Titel jener Kreatur auszusprechen, dachte Sirribeth.
»Aber wir sind nie zuvor in eurer großen Stadt gewesen«, fuhr der Mönch fort. »Könntest du uns den Weg zu eurem Tempel weisen, Schwester?«
»Natürlich, Bruder. Die Straßen beim Marktplatz sind sehr verwirrend und kommen praktisch einem Labyrinth gleich.« Sirribeth lächelte reumütig. »Wenn ich versuchen würde, euch den Weg zu beschreiben, so könntet ihr mit den Hinweisen wahrscheinlich nichts mehr anfangen, wenn ihr den Markt erreicht. Außerdem bemerke ich bereits die ersten ungeduldigen Blicke der Leute, die hinter euch warten. Ich erkläre euch, wie ihr zum Marktplatz kommt; dort findet ihr bestimmt jemanden, der euch den Rest des Weges zeigt.«
»Ich danke dir«, ertönte erneut die heisere Stimme des Mönchs.
»Nein, Bruder, ich danke dir .«
Hauptmann Sirribeth beschrieb den Weg, und anschließend zog die Gruppe der Mönche durchs Tor. »Also gut!«, rief die Offizierin und reagierte damit auf die brummenden Stimmen der Wartenden. »Regt
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