Die Horde - Die Schlacht von Morthûl
Leiche durch ihre blutigen Arme rutschen.
Cræosh war sich auf unangenehme Weise der Tatsache bewusst, dass er bei dem Kampf vielleicht eine zu unbedeutende Rolle gespielt hatte. Er gab dem Toten einige ordentliche Tritte und hörte voller Genugtuung, wie die letzten Rippen brachen. Doch niemand wirkte beeindruckt, und nach einem letzten Tritt richtete er seine Aufmerksamkeit auf die andere Leiche in der Taverne.
Langsam – fast respektvoll , wenn Cræosh nicht geglaubt hätte, es besser zu wissen – hoben Katim und Jhurpess den toten Gremlin aus den Trümmern der Tische. Seine großen Augen waren glasig, und der Kopf baumelte haltlos, als sie ihn trugen. Zum ersten Mal seit ihrer Begegnung vor einigen Monaten auf jenem Hof in Timas Khoreth war die nervöse Unruhe aus dem Gesicht des Toten verschwunden. Gimmol, der nicht so sehr vor dem Feind Angst gehabt hatte, sondern davor, seine Gefährten zu enttäuschen und bei der Ausübung seiner Pflicht zu versagen, fürchtete sich nicht mehr.
Er hat uns nicht enttäuscht, dachte Cræosh. Nicht ein einziges Mal.
Glas- und Holzsplitter knirschten unter seinen Stiefeln, als er sich den Resten der Theke näherte, auf die sie Gimmol gelegt hatten. So sanft wie möglich umfasste der Ork die Schulter des Gremlins. »Mögen Vorfahren und Sterne über dich wachen, Erdbeere.« Er lächelte matt. »Für einen kleinen Scheißer hast du dich wacker geschlagen.« Liebevoller brachte er es nicht zustande, aber er war sicher, dass ihn der Gremlin, wo auch immer er sich jetzt aufhielt, verstehen würde.
Er richtete einen verwunderten Blick auf Katim, als sie begann, dem Toten die Mönchskutte vom Leib zu reißen. »Dies … war er nicht«, krächzte sie, hob die Kutte und untersuchte das Kleidungsstück kurz, bevor sie es zur Seite warf. »Wenn er hierbleiben muss … so viele Meilen von zu Hause entfernt … soll er er selbst sein können.«
Cræosh nickte verblüfft. Er wusste nicht, ob Katim wirklich meinte, was sie sagte, oder ob die Worte in erster Linie dem Korps galten, aber was auch immer der Fall sein mochte: Es war die respektvollste Bemerkung, die er von ihr über jemanden gehört hatte, den sie nicht im Jenseits zu versklaven gedachte.
Jhurpess hinkte heran, noch immer ein wenig gekrümmt. Zunächst zögerte er und starrte auf den roten Hut, der Gimmol bei ihrer ersten Begegnung fast das Leben gekostet hätte. Unsicher hob er die Hand und legte sie, kurz, aber fest, auf die Brust des Gremlins. Dann wandte er sich mit gesenktem Blick ab.
Und schließlich Belrotha. Tränen strömten ihr ganz offen übers Gesicht und wuschen Furchen in das Blut, das auf ihren Wangen klebte. Die Ogerin versuchte gar nicht, sie wegzuwischen. Ein Schluchzen schüttelte sie, und eine einzelne Träne fiel von ihrem Kinn auf die Wange des Gremlins.
Mit zitternder Hand zog sie ein kleines Messer mit dünner Klinge hinten aus ihrem Gürtel. Es schien aus einem Stück Schrott gefertigt zu sein, erhitzt und dann so zurechtgehämmert, dass es Ähnlichkeit mit einer Klinge bekam, die mehr Werkzeug als Waffe war.
»Er immer sitzen auf meiner Schulter«, sagte Belrotha mit vibrierender Stimme. »Er sagen, so sehen besser die Welt als immer nur gucken hoch.« Mit dem Messer schnitt sie dem Toten die Augen aus dem Kopf und senkte ihm dann die Lider, damit die leeren Augenhöhlen verborgen blieben. »Er jetzt immer mit mir reisen«, verkündete sie feierlich, verschluckte erst das eine Auge und dann das andere. »Und vielleicht er über mich wachen …« Noch mehr Tränen strömten ihr über die Wangen. »Auch wenn ich nicht wachen konnte über ihn!« Belrotha wimmerte, sank dann in eine Ecke und weinte.
Eine Zeit lang herrschte Stille in der Taverne, nur unterbrochen vom Schluchzen der Ogerin und einem gelegentlichen Ruf von draußen. Cræosh starrte ins Leere und wusste nicht, was sie jetzt tun sollten. Viel länger konnten sie hier nicht bleiben. Vermutlich hatte sich herumgesprochen, dass Bekay die Schenke für sich allein beanspruchte, aber früher oder später würde jemand hereinkommen, der nichts davon wusste. Bis dahin mussten der Leichnam »zur Schau gestellt« und das Korps verschwunden sein. Und den toten Gimmol durften sie nicht einfach zurücklassen. Ein Mörder, der sich in der Stadt herumtrieb, war für die Wache schon schlimm genug. Aber wenn sie begriffen, dass Angehörige der Horde in Brenald ihr Unwesen trieben, würden sie alles in Bewegung setzen, um sie zu finden.
Es galt nun,
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