Die Horde - Die Schlacht von Morthûl
neigte den Kopf und betrachtete ihr Werk. »Findest du, dass wir Bekays rechte Hand ein wenig schief festgenagelt haben?«
»Für mich sieht alles gut aus, Cræosh.«
»Vielleicht hast du recht.« Der Ork seufzte. »Bei diesen Sachen hat man nie genug Zeit, es richtig zu machen.«
»Cræosh …«
»Schon gut, schon gut. Reg dich ab.« Cræosh suchte an seiner Kutte nach Rissen, die sich nicht so leicht verbergen ließen, zog dann die Kapuze über den Kopf und ging zu den anderen, die bereits durch die Tür traten. »Kommst du, Kurzer?«
»Ich zünde nur noch schnell das Feuer an.«
Cræosh nickte und schlüpfte nach draußen.
Mit vorsichtigen Fingern, wie bei einem besonders schwierigen Diebstahl, zog Gork Gimmols roten Hut unter einem Stuhlbein hervor. Die Feder war in der Mitte gebrochen, und sosehr es der Kobold auch versuchte, er bekam sie nicht wieder gerade. Er gab es auf, schüttelte nur den Staub und die Holzsplitter ab, bevor er ihn dem toten Gremlin auf den Kopf setzte.
Die Nachtluft roch bereits nach Rauch, und hinzu kamen die Gerüche von Alkohol und bratendem Fleisch. Von seinem neuen Aussichtspunkt auf dem Dach einer Bäckerei – das Hinaufklettern war ihm trotz der Kutte leichtgefallen – beobachtete Gork nicht nur die flackernden Flammen, sondern auch die Leute, die zusammenliefen.
Aus der nächsten Nebenstraße kamen bereits die Geräusche eiliger Schritte. Einige besonders geistesgegenwärtige Bürger forderten ihre Nachbarn auf, eine Eimerkette zu bilden. Ein Mann riss ein Pergamentfenster der Taverne auf und schrie, als er sah, was sich drinnen befand.
Der Rest des Korps hockte in der nahen Gasse. Gork löste ein Stück von einer Schindel, warf es in die Gasse und beobachtete, wie es vom Kopf des Orks abprallte. Vier Kapuzen wandten sich ihm zu, und er winkte.
Cræosh erwiderte den Gruß mit einer nicht ganz so freundlichen Geste.
»Ihr solltet die Gasse besser verlassen«, sagte Gork in einem lauten Flüstern. »Der Rauch wird schnell dichter, und wir möchten bestimmt von hier verschwunden sein, bevor zu viele Leute da sind.
Ich sehe mich von hier oben aus um und bin in ein paar Minuten bei euch«, fügte er hinzu.
Die Kapuzengestalten traten auf die Straße und schritten an der bereits recht großen Gruppe vorbei, die sich unweit des Hüpfenden Kobolds gebildet hatte.
Der nicht hüpfende Kobold verzog das Gesicht, als Wächter herbeigelaufen kamen, und versuchte dann, sich zu entspannen. Die Soldaten würden ihn hier oben bestimmt nicht entdecken, und wahrscheinlich waren sie so sehr auf das brennende Gebäude fixiert, dass sie auch die anderen nicht bemerkten. Selbst wenn ihnen Cræosh und die anderen aufgefallen wären, sie hätten sie – hoffentlich – für Mönche gehalten.
Dem Mann, der durchs Fenster gesehen hatte, gelang es schließlich, die Aufmerksamkeit eines Wächters auf sich zu ziehen. Im Licht des Feuers sah Gork, wie aus ärgerlicher Ungeduld Ungläubigkeit und dann Entsetzen wurde, wie der Soldat erbleichte und ganz offensichtlich um seine Fassung rang. Der Kobold konnte kein Wort verstehen, sich aber gut vorstellen, was der Mann dem Wächter beschrieb.
Der Soldat lief los, um seinen vorgesetzten Offizier zu holen, und Gork kletterte übers Dach – er wollte nahe genug sein, um zu hören, was gesprochen wurde. Das Glück und die Sterne blieben ihm hold, denn inzwischen waren die Schaulustigen und das Feuer so laut, dass der Soldat schreien musste, um sich seinem Vorgesetzten verständlich zu machen. Der Kobold konnte nicht jedes Wort verstehen, begriff aber, worum es ging.
Er hörte, wie der Hauptmann etwas erwiderte, das wie »Du solltest ihr besser Bescheid geben« klang.
Wenn sich Gork in Hinsicht auf das »ihr« nicht sehr irrte, rückte das letzte Ziel des Korps in Reichweite. Er lief auf allen vieren übers Dach und achtete darauf, in den dunkelsten Schatten zu bleiben. Er musste die anderen erreichen, ihnen Bericht erstatten und zurückkehren, bevor der Soldat, der »ihr« Bescheid geben sollte, zu weit weg war.
Vom anderen Ende des Daches aus sah Gork, wie seine Gefährten nur einige Gebäude entfernt dahinschlurften und versuchten, so unauffällig wie möglich zu bleiben. Es gelang ihnen nicht ganz. Ein anderer Stadtwächter, eine Frau, die gerade einen Eimer Wasser ins Feuer gekippt hatte, beobachtete die »Mönche« mit unverhohlenem Misstrauen. Sie richtete einige Worte an einen anderen Soldaten, streckte die Hand aus und deutete auf die
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