Die Horde - Die Schlacht von Morthûl
war. Während des ganzen restlichen Wegs grübelte Gork über dieses Rätsel nach, was den für die anderen willkommenen Nebeneffekt hatte, dass es nicht zu weiteren Auseinandersetzungen in diesem kleinen Privatkrieg kam.
Und schließlich, nach einem Marsch von der Dauer mehrerer Leben, erreichte das Dämonen-Korps den Krom dort, wo der Fluss ins eisige Meer der Tränen mündete.
Die Stadt Sularaam befand sich auf einer kleinen Insel mitten im Fluss. Zu erreichen war sie nur per Boot oder Brücke, und die Brücken waren gut bewacht. Als das Korps die östliche Brücke betrat, kamen ihm mehrere in Schwarz gekleidete Wächter entgegen, die ihre Schwerter und Hellebarden bereithielten.
»Was führt euch nach Sularaam?«, fragte ein Bursche mit müden Augen und zotteligem Schnurrbart.
Cræosh schnitt eine Grimasse, und Jhurpess befingerte den Griff seiner Keule. Shreckt schwebte nach vorn und sagte: »Wir sind das Dämonen-Korps und sollen uns im Unheimlichen Schloss melden.«
Die Wächter wichen beiseite.
»Jhurpess nicht versteht«, sagte der Schreckliche leise und ging neben dem Ork.
»Meine Güte, das haut mich um«, sagte Cræosh. »Du verstehst etwas nicht? Ich bin baff. Sag Shreckt, er soll die Kolonne anhalten, damit ich mich hinlegen kann.« Als Jhurpess zum Wicht weiter vorn gehen wollte, packte Cræosh das pelzige Geschöpf am Kragen und zog es zurück. »Schon gut, verdammt. Was verstehst du diesmal nicht?«
»Die Wächter hier netter sind als bei Timas Khoreth.«
»Nicht netter, du Haarball, aber professioneller.« Der Ork ließ einen anerkennenden Blick über die grauen Mauern schweifen. Die Rüstungen der Wächter waren auf Hochglanz poliert, und im Zentrum der Stadt ragten mehrere Festungstürme auf. »Timas Khoreth hat vielleicht eine Garnison größer als das mittlere Bein meines Vaters, aber Sularaam ist wirklich eine militärische Stadt.
Äh, du hast doch nicht vor, dort drin nach wenigen Schritten auszuflippen, oder?«
»Nein. Das Jhurpess nicht mehr macht.«
»Gut.«
Es folgte eine kurze Pause. »Was bedeutet ›Sularaam‹?«
Sie hatten kaum das Ende der Brücke erreicht, als die Kutsche erschien. Gezogen von vier Pferden mit einem derart rein weißen Fell, dass frisch gefallener Schnee daneben schmutzig gewirkt hätte, schien sie nicht über das Kopfsteinpflaster zu rollen, sondern darüber hinwegzuschweben. Die Vorhänge an den Fenstern waren zugezogen, sodass niemand einen Blick ins Innere werfen konnte. Auch der Kutscher blieb verborgen, in einem braunen Kapuzenmantel, der fast wie ein Leichentuch wirkte – ein Toter, der darauf wartete, in irgendeiner muffigen Gruft beigesetzt zu werden.
Cræosh merkte, dass er die Zähne zusammengebissen hatte. Von der Trollin kam ein leises Zischen, und er beobachtete, wie sich ihr Nackenfell sträubte.
»Du spürst es ebenfalls?«, fragte er.
Katim nickte kurz. »Magie. Hör nur!«
Cræosh horchte, und sein Unbehagen wuchs. Er nahm die Stimmen der Stadtbewohner um sie herum und die seiner Gefährten wahr, auch das Rauschen des Flusses – aber von der Kutsche kam nicht das geringste Geräusch. Lautlos wie der Nebel glitt sie dahin. Nicht das leiseste Knarren kam von den großen, mit Gold verzierten Rädern.
»Das gefällt mir gar nicht«, brummte der Ork.
Dann trat Belrotha vor und stieß ihn mit einer massigen Hüfte beiseite. »Ich dies schon einmal gesehen«, verkündete sie. »Königin Anne damit zu mir nach Itho gekommen.« Sie runzelte kurz die Stirn, als ein Gedanke einsam und verlassen durch die leere Weite ihres Bewusstseins kroch. »Hoffentlich Itho gut zurechtkommen ohne mich«, schmollte sie. »Viele Oger in Itho dumm.«
»Peinlich, nicht wahr?« Shreckt, der auf Belrothas Rucksack saß, lachte von oben herab. »Diese Ogerin ist klüger als ihr alle. Wir sind in Sularaam ! Wer sonst könnte die Kutsche geschickt haben?«
Cræosh machte ein finsteres Gesicht. »Bin nur vorsichtig, Sir. Man kann nie wissen …«
» Du kannst nie wissen. Wir anderen können es wenigstens ab und zu. Sei jetzt still – und angetreten !«
Seite an Seiten nahmen sie perfekte militärische Haltung an (hier und dort mit einem bösen Blick auf den kleinen Feldwebel), als die Kutsche herankam und vor ihnen hielt. Der Kutscher im braunen Kapuzenmantel stieg sofort ab – oder schwebte er herunter? – und verbeugte sich.
»Grüße und einen schönen Tag, die Damen und Herren. Im Namen Ihrer Majestät Königin Anne heiße ich euch in Sularaam
Weitere Kostenlose Bücher