Die Horde - Die Schlacht von Morthûl
fort, Läuse aus seinem Fell zu pflücken und auf den Teppich zu werfen. Gork schauderte noch einmal und versuchte, nicht an das Leid und Entsetzen der Menschen zu denken, die nach dem Festschweißen der Gelenke in den Rüstungen gefangen gewesen und qualvoll gestorben waren. Zum ersten Mal in seinem Leben empfand er Mitleid für die Angehörigen dieses abscheulichen, arroganten Volkes.
Er fragte sich, wie Königin Anne verhindert hatte, dass die Leichen verwesten und sich ihr Gestank im ganzen Schloss ausbreitete – vorausgesetzt natürlich, sie waren tatsächlich tot, dachte Gork mit einem weiteren Schaudern. Er nahm sich vor, nicht mehr daran zu denken.
Gnädigerweise bog der Flur nach links ab, und die grässlichen Rüstungen blieben hinter ihnen zurück. Der neue Flur präsentierte dem Korps eine eigene seltsame Pracht.
An den Wänden zeigten sich vom Boden bis zur Decke reichende Tapisserien, Malereien und Friese, alle das Werk wahrer Meister. Sie präsentierten ruhige, idyllische Szenen, die Welt von seiner besten Seite. Hier erstreckte sich meilenweit smaragdgrüner Wald, die Farben so lebhaft, dass man den Eindruck gewann, man könnte in den nächsten Baum klettern und all die Gerüche des Waldes wahrnehmen. Dort sah man das Meer von hohen Klippen, mit weißem Schaum, der halb die Felswände emporkletterte, bevor er ins Wasser zurückfiel. Grüne Felder erstreckten sich unter den wachsamen Blicken eines einzelnen makellosen Turms auf einem niedrigen Hügel. Alle Bilder vermittelten Ruhe und Frieden.
Abgesehen vom halb verwesten Gesicht des Leichenkönigs, das voller Käfer war und zu jeder Darstellung gehörte. Er schritt würdevoll durch den Wald, in einen langen Mantel gehüllt. Er stand am Rand der Klippen, die Arme weit ausgebreitet, wie der Gebieter des Ozeans. Und der fleischige Teil seines Gesichts spähte, halb im Schatten verborgen, aus dem oberen Fenster des Wachturms. Als Herr über alles blickte er aus den Bildern. Ein einzelner Käfer – ein richtiger Käfer, kein gemalter oder gestickter – krabbelte über den Stoff eines Wandteppichs und verschwand dahinter, als wäre der Dunkle Lord tatsächlich in diesem Flur präsent.
Schließlich näherten sie sich einer weiteren Doppeltür aus dickem Holz, das ebenso üppig verziert war wie die Jade. Kapuzenmantel streckte die Hand nach dem Knauf aus und öffnete die Flügel.
Die Königin saß auf einem goldenen Thron, der auf einem kleinen Podium zwischen zwei Weihrauchgefäßen stand. Bedienstete und Haushofmeister leisteten ihr Gesellschaft, und Kapuzenmantel gesellte sich ihnen rasch hinzu, bezog links neben dem Thron Aufstellung. Der große, eiförmige Audienzraum zeigte noch mehr weiße Jade und war mit verzierten Marmorsäulen geschmückt. Eine Schlange von Bittstellern – hauptsächlich ältere, schwabbelige Männer, offenbar erfolgreiche Kaufleute aus der Stadt – führte vom Eingang zum Podium. Einige dieser Männer brummten verärgert, als das Dämonen-Korps an ihnen vorbeiging, anstatt sich anzustellen, und vor dem Thron stehen blieb.
»Ah, liebe Kinder«, grüßte die Königin und schenkte ihnen ein strahlendes Lächeln. »Ich bin entzückt, dass ihr meiner kleinen Einladung folgen konntet.«
Einladung?, dachte Cræosh spöttisch, blieb jedoch still, denn nicht einmal er war so undiplomatisch. Er sank auf ein Knie und hoffte, dass die anderen seinem Beispiel folgten. »Euer Majestät, es war uns uns eine Ehre …« Er schnappte nach Luft, als ihn ein Blitz (zum Glück nur ein kleiner) an der Seite traf. Cræosh starrte den Gargoyle an, der zurückstarrte, und hielt den Mund.
»Ich bitte um Entschuldigung, Euer Majestät«, sagte Shreckt – diesmal stand er nicht mitten in der Luft, sondern auf dem Boden! – und breitete die Arme aus. »Manchmal lassen sich die mir Anvertrauten zu unpassenden Bemerkungen hinreißen. Ich habe den Befehl über dieses Korps und spreche daher für …«
»Sag mir, Wicht«, unterbrach ihn Königin Anne, »bekleidest du einen so hohen Rang, dass du glaubst, über den Regeln des Protokolls zu stehen?«
»Natürlich nicht, Euer Majestät. Ich …«
»Dann auf die Knie mit dir, bevor ich dir die Beine abschneiden lasse!«
Ein dumpfes Geräusch wies darauf hin, dass sich Shreckt auf die Knie fallen ließ, und hinter ihm konnte sich das Korps ein leises Lachen nicht verkneifen.
»Nun, meine Lieben«, fuhr Königin Anne fort und lächelte wieder sanft, »ihr seid lange unterwegs gewesen. Entspannt
Weitere Kostenlose Bücher