Die Hosen Des Herrn Von Bredow
sagte nicht Ja und nicht Nein.
»Weil Du's gern hast, Agnes, will ich zu den Vettern nach Friesack. Aber blos darum.«
»Sie werden itzo nicht hochmüthig sein. Das Unglück macht weich.«
»Aus Mitleid! – Ich will gar nicht, daß Einer sich mein erbarmen soll.«
»Bringen Eine von Bredow zu den Ursulinerinnen!« antwortete der Knecht dem Wachthabenden am Thor, denn schon war der Wagen über die Hangebrücke und hielt unter dem finstern Thor.
»Marsch!« rief der Waibel.
»Ach, Hans Jürgen,« sagte Agnes ängstlich, als der Wagen wieder sanfter durch die ungepflasterten Gassen fuhr, »wie grimmig sahst Du den Waibel an; mir war schon angst, er würde Dich in's Thorhaus stecken lassen.«
»Mich ärgerte sein kurfürstlicher Rock.«
»Nimm Dich in Acht, Hans Jürgen, lieber Junge, daß Dir kein Unglück geschieht. 'S ist schon genug über die Familie kommen.«
Sie waren wieder aus der Stadt heraus, der Wagen hielt vor der Klosterpforte. Ein banger Augenblick war's für Agnes Bredow, ihr Herz pochte, als der Knecht an der Schelle zog.
Den Abschied von ihrem Vetter zu beschreiben, ist nicht unser Wille; auch nicht den Abschied von der Welt. 'S ist überall gut, einen Abschied kurz zu halten, wer nun nachmals will leben für die Welt oder für den Himmel. Auch durfte sie ihr Vetter noch in den Vorhof begleiten, um sie der Priorin zu übergeben. Dort im Sprechzimmer durfte sie die letzten Worte mit ihm wechseln, die letzten Grüße ihren Lieben senden, den letzten Schwesterkuß ihm auf die Stirne drücken.
Aber was sie ihm jetzt noch zu sagen hatte, das schien ihr besser gesprochen unter Gottes freiem Himmel, als da, wo die Heiligen an den Wänden auf ihre Worte lauschten.
»Vetter, treibt's Dich, und Du kannst nicht anders, so zieh Dein Schwert gegen wen es sei, als ehrlicher Mann. Ist's Sünde, wird Gott es Dir verzeihen. Aber lieber Hans Jürgen, thu's nicht wie der Kasper sagt. Der Kasper, der mag Recht haben, aber vor Schlägen fürchtest Du Dich doch nicht. Wenn's auch klug ist, thu's nicht so mit dem Kurfürsten, wie er mit dem Vater. Halt' auf Dich selbst.«
Mit einem frohen Blick schlug er sich an die Brust: »Ich dienen, Männerchen machen, ich schweigen und lügen, damit – Agnes, so wahr –«
Sie griff den Arm, den er zu einem Gelöbniß in die Höhe hielt: »Schwören sollst Du nicht. Um Gotteswillen schwöre nichts, denn Niemand weiß – aber lieber Hans Jürgen, so gefällst Du mir. So sollte Dich Eva sehen.«
Sie wandte sich rasch ab, sie ergriff seine Hand, und mit hastigen Schritten eilte sie der Schwelle und der Thür zu, die jetzt in ihren Angeln knarrte, um hinter ihr – sich auf immer zu verschließen.
Neunzehntes Kapitel.
Der Ueberfall.
Im Anfang war Frau von Bredow sehr traurig gewesen; aber man kann nicht immer traurig sein.
Der Knecht Ruprecht hatte die Kibitze wieder zwitschern gehört im Schilf. »Das ist ein gut Zeichen, gestrenge Frau!« Er hatte die Tauben gezählt, und es fehlte keine. »Da stirbt im Jahr keiner aus dem Haus.« Und am Abend des Tages, wo Hans Jürgen mit Agnes nach Spandow gefahren, flogen drei Kraniche über die Burg. »Die Kraniche, Gestrenge, mit denen hat's was Eigenes. Die wilden Gänse sind dummes Vieh, die bedeuten nur einen strengen Winter; aber die Kraniche sind kluge Thiere. Sie sehen das Verborgene, und wo ein Mörder ist, dem fliegen sie nach. Ja, es ist noch mehr Absonderliches in ihnen, und wo sie über ein Haus fliegen, das bedeutet große Ehre.«
Wo sollte die Ehre herkommen! Ihr Herr saß noch gefangen, und Jammer im Haus in Hülle und Fülle; aber die klugen Vögel mußten doch etwas mehr wissen. War ja ein Schreiben des Dechanten eingegangen; etwas verspätet, denn mit den Gelegenheiten sah es damals schlimm aus, und dunkel lautete es, aber doch tröstlich: sie solle, den Muth nicht verlieren, dem Herrn ihre Wege befehlen, und nebenbei hieß es, auf ihn, den Dechanten, allein vertrauen, denn es lasse sich noch vielleicht Alles zum Guten wenden. Und bald darauf war ein kurfürstlicher Reiter in die Burg gesprengt, und auf den Brief, den er dem Wachtmeister brachte, war die Einlagerung ausgeritten; stumm und still, wie sie vorhin laut gewesen. Was der Bote sonst für Nachricht gebracht, das erfuhr Keiner.
Nun war das Haus leer, und Frau von Bredow allein. Als so aller Lärm plötzlich stumm geworden, war ihr fast bang zu Muthe. Eine Thräne lief über ihre Backe. Da stand all ihr Unglück ihr erst recht vor Augen, ihre
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