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Die Hosen Des Herrn Von Bredow

Titel: Die Hosen Des Herrn Von Bredow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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es als wie wir gemeine Leute uns denken. Und da meine ich geht's allebenso wie beim Vieh! Einer sitzt auf's Andern Schulter, und drückt ihn. Auf dem Chorendejungen sitzt der Bacchant, auf dem Bacchanten der Präfect, auf dem Präfecten der Ephorus, oder wie sie's nennen thun, und auf dem, ich weiß nicht wer, und das ist allebenso bei den Großen, wie bei den Kindern. Auf dem Bauer sitzt der Edelmann, auf dem Edelmann der Kurfürst, auf dem Kurfürsten der Kaiser und auf dem Kaiser der Papst. Und auf dem, denk' ich mir so, der liebe Gott. Nun sagen sie: Recht muß immer Recht bleiben. Nun ja, meinethalben, aber wer schafft denn nun dem Kücken das Recht, wenn der Stößer es holt?«
    »Du hast ja eben gesagt, Kaspar, das der liebe Gott über dem Papst ist, also er ist über Allen, und der wird ihnen das Recht schaffen,« sagte Agnes.
    »Nun ja, da hab' ich auch nichts gegen, und der liebe Gott wird's wohl am besten wissen, warum der Storch den Frosch frißt, und der Bauer den Rücken halten muß, wenn der Edelmann prügelt, und der Ritter auf's Hochgericht muß, wenn der Kurfürst ihn köpfen läßt, das muß nun so sein, weil's nicht anders eingerichtet ist; aber was sie vom Recht sagen, das ist man ebenso. Wenn ich ein Frosch wäre, würde ich mich denn, wenn der Storch auf der Wiese spaziert, aufblähen und vor ihm quaken: Du hast kein Recht mich zu fressen! So mein ich auch, wenn ich ein Edelmann wäre, und der Kurfürst ginge wüthig durch das Land, um die Edelleute zu fahnden, da würde ich mich auch nicht vor mein Schloß stellen, und in die Trompete stoßen und rufen: Hie Kurfürst, hie bin ich, das ist mein Recht! I bewahre, ich zöge die Brücke auf und ließe das Gitter nieder, und die Fahne nehme ich ab, und thäte, als wenn ich schliefe, bis er vorüber ist. Es stürmt nicht immer, es regnet nicht immer; wie sollte denn das Korn wachsen.«
    »Recht muß aber doch Recht bleiben,« wiederholte Hans Jürgen, der jetzt anfing zu verstehen, was der Knecht gemeint.
    »I freilich, Junker. Wer der stärkste ist, der ist allemal im Recht. Und wer nun schwächer ist, für den kommt auch die Zeit, muß sich nur ducken und schicken, bis es mal umkippt, denn das thut es schon. Wenn der Gestrenge losschlägt, nun lieber Gott, 's thut ein bischen weh, aber ich hab' auch schon gelernt, mich zurecht biegen, und am Ende thut's mir auch nicht mehr weh, und nachher weiß ich, thut's ihm leid, da räuspert er sich, knipst mit Pflaumenkernen nach mir, fragt, was ich denn grunze? Na, und wenn ich nun fortgrunze, nämlich was so meine Art ist, und komm' ihm nicht näher, so kommt er mir näher, und da macht sich's denn so, manches Mal hat er mir den Bart gestreichelt, und mich 'nen verfluchten, eigensinnigen Kerl gescholten. Da weiß ich, die Glocke hat Feierabend geschlagen. Da muß ich in den Keller. Vergiß Dich auch nicht, Kasper, sagte er. Ja, ich kann's wohl sagen, ich hab's recht gut in Ziatz, und wenn ich mir was wünschen thu, da weiß ich schon, nach der Prügelsuppe krieg' ich's. O ich könnte noch viel mehr kriegen, aber ausverschämt muß kein Christenmensch nicht sein. Hätt's mir auch jetzt gesagt: Kaspar, willst Du nicht nach Brandenburg reiten auf den Markt, und wenn Dir ein Wamms in die Augen sticht, da hast Du 'nen Gulden, aber sag's der Frau nicht. Nu so klug bin ich auch. Wer wird denn plaudern! Aber da sind die Hosen zwischengekommen; drum geh' ich das Wamms quitt.«
    Die Mauern von Spandow wurden jetzt sichtbar. Der Knecht hielt ein wenig an, weil die künftige Klosterfrau ihren Anzug in Ordnung bringen wollte. Da sprach Kaspar wie vor sich hin:
    »'S könnt mit den Edelleuten auch besser gehen, meine ich, wenn sie's mit dem Kurfürsten machen thäten, wie ich mit meinem Gestrengen. Eigentlich ist's Vieh doch klüger als der Mensch«, brummte er fort. »Keine Maus kriecht in keine Speiskammer, wo sie nicht ein Loch gemacht, da sie wieder raus kann.«
    Hans Jürgens Gedanken gingen ihren eigenen Weg. Agnes, als sie der Stadt sich näherten, drückte ihrem Vetter die Hand:
    »Ach Hans Jürgen, weißt Du, vorhin auf dem Weg überkam es mich manchmal recht bang, daß ich in's Kloster müßte. Aber nun ist mir wieder ganz wohl und leicht um's Herz. Da in den Mauern ist der Friede Gottes. Sag' ihnen das zu Haus. Und Du, armer Hans Jürgen, Du mußt zurück in die Welt voll Ungerechtigkeit! Was willst Du da anfangen? – Ach, wenn Du nicht heirathen thust, dann gehst Du auch mal in's Kloster.«
    Hans Jürgen

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