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Die Hosen Des Herrn Von Bredow

Titel: Die Hosen Des Herrn Von Bredow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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Evchen.«
    Eva lachte, als ob sie's bezweifelte. »So war –« sie hielt ihm schalkhaft den Mund: »Versprich nichts, Hans, Ehe Du's halten kannst. Du bist ja noch nicht fort.« – »Wer soll's mir nur wehren!« rief er und seine Augen funkelten. »Der Herr ist mir gut, und wird was besseres aus mir machen, daß keiner sich mein mehr zu schämen braucht.«
    »Hans Jürgen!« rief eine Stimme durch's Dunkel, wie eine Trompete, die zum Gericht schmetterte. Die, welche die Stimme kannten, fuhren zusammen; es war der Ton in dieser Stimme, der ein aufziehendes Ungewitter ansagte. Eva zog ihre Hand zurück und senkte ihre Wimpern. Der, dessen Namen gerufen ward, riß die Augen auf, aber er ließ sie im selben Augenblicke wieder sinken.
    Es war gewiß ein Spuck der Nacht, oder eine arge Frau mußte die Edelfrau mit Blindheit geschlagen haben, als die Stücke vom Wagen geladen wurden. Der Sturm, der Wirrwarr allein konnte ihre scharfen Sinne nicht so geblendet haben, daß sie etwas sah, was nicht da war. Aber wie stand ihr jetzt alles klar vor Sinnen. Da hingen sie ja zwischen den Fichten, vom Winde geschaukelt, Hans Jürgen hatte die Wacht. Sie selbst war nicht mehr hingekommen, sie hatte nicht befohlen, sie abzunehmen. Wer sollte sich's unterstanden haben, es eigenmächtig zu thun?
    »Hans Jürgen, wo sind sie?«
    »Was, liebe Base?« sprach der Ritter Lindenberg und erschreckte doch fast, als er die Frau sah, die ihn nicht sah. So aufgebracht, so keuchend und blaß war sie hinunter gestürzt und stand vor ihrem Kleinvetter, wie der Richter vor einem armen Sünder.
    »Wo sind sie blieben, Hans Jürgen?«
    Es war, als sollte Hans Jürgen der festgeschnallte Harnisch vom Leibe fallen, seine Arme hingen schlaff herunter, die Pickelhaube sank nach vorn über.
    »O weh!« seufzte Eva Bredow.
    »Meines Mannes Elennsbüchsen, Hans Jürgen! Bist Du taub?«
    »Unseres Herrn Elennsbüchsen,« wiederholte es stammelnd aus dem Dunkel des Hofes. Wenn die gestrenge Frau so erschien, fühlte Niemand sich gemüßigt vorzutreten. Der arme Hans Jürgen stand ganz allein und das Wort erstarb ihm auf der Lippe. Er stotterte etwas vom Krämer Hedderich, vom Sturm, vom Kurfürsten. Er hätte auch von den Sternen und seinem seeligen Vater reden können, er wußte nicht, was er sprach.
    »Wie siehst Du aus. Ist hier Mummenschanz?« rief sie, die Fackel ihm fast in's Gesicht haltend. »Zum Aufpassen stellt ich Dich hin, nicht zur Narretheiung.«
    Mit einem raschen Griff hatte sie die Habichtsflügel und die Stahlhaube ihm vom Kopf gerissen; sie flogen auf den Boden. Mit einem zweiten löste sie unsanft den Bauchgurt, der den Degen hielt, daß er klirrend zu Boden niederfiel, und zum dritten hatte sie ihn am Arme aus dem Kreis gerissen.
    »Den Harnisch soll da drinnen der Ruprecht lösen und den Rock ausziehen. Will ihn Dir verschließen; Deines Vaters Erbstück ist zu gut zur Fastnachtsjacke.«
    »Verzeiht nur, gnädiger Herr,« wandte sie sich zu dem Ritter, »daß der ungeschickte Bub' Euch Ungelegenheiten macht. Nichts als Mucken und Nucken im Kopf, wenn man ihm nicht allzeit auf die Finger sieht.«
    »Frau Base,« sagte der Ritter, »er sollte mir das Geleit geben, wie Ihr es bestimmt.«
    »Doch nicht als Mummelack! Erst Birkenreiser und dann Ritterdegen. Der Hahn soll nicht über den Zaun fliegen. Die Leute lachten ja meinem Vetter von Lindenberg, einem kurfürstlichen Rath, nach, wenn er mit 'ner Vogelscheuche durch die Dörfer trottirte.«
    Der arme Hans Jürgen! hörte er das stille Gelächter, in das auch der hohe Ritter, sein Beschützer, unwillkürlich einfiel. Die Bitte und Verwendung desselben half nichts, vielleicht weil sie nicht zu ernsthaft gemeint war. Dringen auf die Begleitung durfte er nicht, Peter Melchior flüsterte ihm zu: »Nehmt Euch in Acht, daß sie nicht den Spaß' merket!« Auch mochte er vielleicht nicht dringen. Die Gunst großer Herren ist ein Sonnenblick bei Aprilwetter. Er bedurfte zu nichts des Jungen.
    »Hans Jochem soll Euch's Geleit geben, auch Peter Melchior, so er Lust hat. –«
    »Nur bis zum Heidekrug,« fiel dieser rasch ein, »Muhme. Bin müd' und will nächten bei meinem Gevatter in Golzow. Wenn morgen einer nach mir fragt, bin ich bei dem zur Nacht gewesen.«
    »Und Hans Jürgen?« fragte lächelnd der Ritter, aber sein Lächeln galt dem vorsichtigen Peter Melchior.
    »Der nächtigen!« rief die Edelfrau, »der soll gar nicht nächtigen und nicht schlafen, weil er schlief, als er wachen sollte.

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