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Die Hosen Des Herrn Von Bredow

Titel: Die Hosen Des Herrn Von Bredow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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sehen, wie ich kein dummer Junge bin, wie ich mich gut halte, weißt Du, an wen ich dachte? Nicht an mich, nur an Dich. Dir wollte ich das Beste bringen, was ich fände. Dann würdest Du mich freundlich ansehen. Nicht darum etwa. Ach Gott bewahre. Denn ich wußte doch, daß Du mir gut bist, aber Du schämtest Dich mein, weil ich so gar nichts bin. Und nun hättest Du Dich einmal freuen können und nicht schämen brauchen. Und nun ist mit einemmal Alles anders, ich bin schlechter als ich war, und der Hans Jochem –«
    Er hielt inne, denn er glaubte einen Seufzer zu hören; aber Eva seufzte nicht.
    »Nun ich will's ihm gönnen,« fuhr er fort, »denn ich habe Dein Amulet. Ich bring's Dir wieder, Eva, ganz gewiß. Und wenn er auch ein Herr wird und zurückkommt mit Beute und Ehren, und Alle ihn loben, und ich komme verachtet wieder und ausgelacht, und meinethalben auch als ein Krüppel, so weiß ich doch –«
    Sie schlang ihre weichen Arme um seinen Nacken und drückte einen Kuß ihm auf die Lippen: »Bleib mir gut, ich bleibe Dir auch gut.«
    Rasch zog sie ihn fort: »Nun darfst Du nicht länger weilen.«
    An der Thür blieb er noch einmal stehen. »Aber Dein Vater, Eva –«
    »Sei ohne Sorgen. Nun hat es noch Zeit. Die Mutter hat's mit dem Kaspar abgemacht, daß der ihm noch einen Morgentrunk reichte. Er steht nun nicht auf, bis der Hahn kräht. Ach wenn Du dann zurück wärest.«
    »Komm gesund zurück, Hans Jürgen!« rief eine andere weibliche Stimme, und eine weiße Hand streckte sich ihm entgegen. Nun bemerkte er erst unter dem Dunkel des Schwiebbogens, daß Eva nicht allein war.
    »Weinst Du auch, Agnes?«
    Eva flüsterte ihm zu: »Still! Es schnitt ihr was in's Herz, als er ausritt.«
    »O wenn er wiederkommt.«
    Trauernde hören scharf.
    »Dann wird er mich auch nicht ansehen,« schluchzte Agnes. »Aber –«
    »Was denn, Agnes?«
    »Ach ich möchte, die Mutter hätte ihn ausgeschickt, wie sie Dich ausschickt.«
    Das verstand Hans Jürgen nicht.
    »Dann wär' er nicht mit dem Ritter aus.«
    »Was weinst denn, Agnes?« fragte Hans Jürgen besorgt, denn das Mädchen wiegte sich in stillen Thränen.
    »Preise Du die Gebenedeite, Hans Jürgen,« sprach Agnes, »daß Du aus den Stricken der Versuchungen kommst. Ein böser Tag war's, aber die Nacht wird noch schlimmer. Geh mit Gott, lieber Junge, und wenn Du Hans Jochem siehst, sag ihm – ach sag ihm nichts, er lacht Dich und mich aus. Wie Gott will. Mir liegt's auf der Brust wie Blei.«
    So gut war es Hans Jürgen nie geworden, und es dünkte ihm wohl ein besonderer Tag, daß die beiden lieben Muhmen ihm das Geleit gaben und um sein Wohlergehen sich kümmerten, als wäre er ihr lieber Bruder.
    Sie standen am Hinterpförtlein, das nur für die Burgleute geöffnet wird und wo sich Nachts ein Bote oder Kundschafter in schlimmen Zeiten hinaus schleicht, der nicht gesehen sein will. Den Weg durch den Sumpf kennt nur ein vertrauter Mann. Der Thorriegel rasselte zurück, die Thür drehte sich in ihren Angeln.
    »Leb wohl, Hans Jürgen!« und Eva hauchte ihm noch einen Kuß auf die Wangen, und ehe er sich des versah, fiel ihm auch Agnes um den Hals: »Denk nicht schlimm von mir Hans Jürgen.«
    Da stand er draußen und wußte nicht wie ihm geschehen. Es war ihm wie ein Traum. War er's, den sie noch eben ausgestoßen und ausgeschickt wie einen Hund, dem man einen Fußtritt giebt, und nun –! Es war ihm, als ob die ganze Nachtgegend hell würde, als ob ein Rosenlicht über den Sumpfdünsten schwebte, und die feuchte Luft dünkte ihm wie ein süßer Athem, der der Brust wohl thut. Nun graute ihn nicht mehr vor dem einsamen, langen Wege.
    Die Eulen mochten schreien, der Wind heulen, die Kiefern knarren. Er hatte Muth, Muth wie der Pilger, der zu einem Heiligenbilde wallfahrtet, denn der Heilige ist ihm im Traum erschienen, und hat ihm verheißen, daß er das Ersehnte durch Nacht, Sturm und Ungethüme erreichen werde.
    Behende ließ er sich den steilen Erd-Abhang hinunter, wo ein Anderer auch bei Tage vorsichtig die Füße setzt; behende sprang er am Pfahlwerk über den Graben, ohne das aufgezogene Brett herabzulassen und suchte alsdann leichten, aber sichern Fußes den Weg durch die Sumpfwiese. Ein Anderer, und auch er zu anderer Zeit, hätte den kleinen Umweg über das Dorf nicht gescheut. Doch wozu sollte er die Hunde wecken, sprach er bei sich, aber er dachte anders. Auf dem kürzesten Weg kam er ja am schnellsten zum Ziel und am frühesten zurück. Er wußte jetzt

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