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Die Hosen Des Herrn Von Bredow

Titel: Die Hosen Des Herrn Von Bredow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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Denkt Euch, hat meines Herrn Leibkleid auf der Bleiche gelassen, und ich hab's ihm auf die Seele gebunden. Wozu ist er denn, wenn er zu nichts taugt! Zum Maulaffenfeil, zum Brummen und Grunzen wird er nicht gefüttert, auch nicht zum Mummenschanz. Hinaus soll er, auf der Stelle hinaus, und nicht wiederkehren bis er's findet und bringt. Ich sollte strenger sein; aber dank's dem Herrn. Ist das Zucht? Hast Du die gelernt in meinem Hause, daß ich ein Aug' zudrücke. Ach, Herr von Lindenberg, man hat mit dem Jungen seine Noth. Trotz und Uebermuth, und mein Mann ist ein guter Mann, aber zur Erziehung taugt er nicht. Ihr wißt doch, wie er eigensinnig ist auf das alte Erbstück, ich habe meine Noth damit, und gerade die ließ der Junge draußen im Stich, und weiß, wie's mir an die Seele geht. Aber Ihr habt Eile –«
    »Sagt ja,« kreischte Peter Melchior dem Ritter in's Ohr. »Sie sagt Euch sonst die ganze Litanei von den Hosen –«
    Es polterte und rasselte über die Zugbrücke, sie knarrte wieder, und das Fallgitter fiel in seine Fugen, die Fackeln erloschen, die Knechte und Mägde schlichen zurück. Warum mußten sie im Vorbeigehen alle auf ihn sehen, warum draußen durch das Fenster nach ihm schielen, warum wiesen sie mit den Fingern nach ihm? er dachte es sich wenigstens. Der Harnisch lag auf der Erde, der Wappenrock hing über der Schemellehne; den Degen seines Vaters hatte die Muhme vor seinen Augen in den großen Schrank verschlossen. Da perlte ihm die erste Thräne aus dem Auge, als sie vor Allen zu ihm gesprochen: »Lerne was, dann kannst Du was, aber was Hänschen nicht lernt, wird Hans nimmer lernen, und der Du nicht gelernt vor einer Leine Wache stehen, wie soll er vor'm Feind seine Schuldigkeit thun.«
    Sein Stolz war geknickt, sein Muth gebrochen. Wie höhnisch hatte ihm Hans Jochem vom Rosse zugenickt. Der war nun glücklich, der durfte sein Probestück ablegen, der brachte seinen Muhmen Geschenke zurück. Von ihm würden Alle sprechen; wie würde er stolz des Sonntags zur Messe schreiten, wie sollten ihn die Leute ansehen und ihn würde der vornehme Herr von Lindenberg mitnehmen nach Berlin, ihn in's Schloß nach Kölln bringen. Da ward er dem Kurfürsten vorgestellt, kam in die Ritterschule, erhielt besondere Aufträge und stieg in Ehren und Ansehen. Eine goldene Kette hing um seinen Hals, die schönen Fräulein sahen ihn mit Wohlgefallen an, sie scherzten mit ihm und ließen sich gern von ihm unterhalten, und wenn er einmal zurückkam in das Schloß seines Verwandten, selbst nun ein hoher, vornehmer Herr, da würde man ihm entgegenstürzen, wie heut dem Herrn von Lindenberg, vielleicht rief die Base wieder den Hans Jürgen, daß er dem Reiter den Steigbügel halte, daß er sein Pferd in den Stall führe, und er –
    Es war zu viel, zu rasch, zu bitter war die Täuschung gekommen; die Thränen stürzten ihm aus den Augen und das Gesicht in die Arme drückend, lehnte er sich unter heißen Thränen an den Ofen.
    Nun war es ganz still geworden. Die Hunde im Hofe schwiegen; das Stroh raschelte noch, auf dem die Knechte sich wälzten; das Feuer im Heerd war niedergebrannt, einzelne Kienäpfel knisterten noch und sprangen. Die Geisterstunde war's und er allein. Im Augenblick fürchtete er sich nicht. Und wären die Unholde alle aus dem Schlot niedergefahren, was konnten sie ihm thun, er war ja schon vernichtet! Wenn sie ihn umringelt, umstrickt hätten, wenn die Erde sich gespalten und er niedergesunken wäre ins ewige Grab, was war das Schlimmes für ihn? Dann brauchte er nicht mit verschämtem Antlitz das Morgenlicht anzusehen, nicht den Gesichtern zu begegnen, die ihn alle fragten: bist Du noch hier, Hans Jürgen?
    Solche Stimmungen dauern nur kurz. Das war ein erlogener Muth. Als die Eulen draußen anfingen zu heulen, als der Wind wieder in einzelnen Stößen durch die Kiefern sauste, als er an den langen schauerlichen Weg dachte, den er allein bei Nacht und Nebel durch die verrufene Gegend machen sollte, fröstelte ihn. Und es war Zeit. Er hörte es die Treppen herunter rascheln. Die Burgfrau war es, aber wie ein Gespenst, das Schlüsselbund klapperte an ihrer Hand, aber das Eisen war verrostet, das giebt einen eigenen Klang. Er wollte um Alles in der Welt nicht noch einmal ihren zornigen, verächtlichen, vorwurfsvollen Blick aushalten. Er mußte fort, und die Sohlen waren ihm doch wie fest am Boden angewurzelt.
    Es säuselte und rauschte durch die Luft, leise Tritte schwebten näher und der kalte

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