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Die Hosen Des Herrn Von Bredow

Titel: Die Hosen Des Herrn Von Bredow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willibald Alexis
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herzustellen, und auch die Gedanken sammelten und lichteten sich im Kopfe.
    Da wischte er mit dem Tuche den Mund, richtete sich im Stuhl auf, und sprach: »Der arme Hans Jochem! – daß es grade der Hans Jochem sein muß.«
    »Das hab ich auch gesagt, gestrenger Herr. Grade der Hans Jochem. Und er war so lustig allezeit.«
    »Wenn's Hans Jürgen wäre –«
    »Dann wär's nicht Hans Jochem, das hab' ich auch gedacht, gestrenger Herr.«
    »Aber das kommt davon.«
    »Ja gewiß, Gestrenger.«
    »Wer nicht hören will, muß fühlen. Wollen Alles besser wissen die jungen Leute. Reiten, das will gelernt sein. Was ist das für 'ne neue Mode! Die Diener sollen jetzt hinter dem Herrn reiten. Die jungen Fante in Brandenburg und Berlin! Wozu ist ein Diener, als daß er seinen Herrn meldet! Darum reitet er vorauf. Thut mir doch leid um den Hans Jochem. Hatte den Jungen lieb.« –
    Herr Gottfried drückte mit dem Finger an's Auge, als fühlte er da etwas, was nicht dahin gehörte. Frau Brigitte trat ein, auch mit rothen Augen; sie setzte eine Kanne auf den Tisch. Selbst setzte sie sich neben ihren Herrn.
    »Da bring ich Dir Zerbster, Gottfried. Das letzte aus dem Faß. Wer weiß, wenn's auch mit uns auf die Letzt geht.«
    »Ja, ja, ja!« sagte Herr von Bredow, »'s ist schlimme Zeit. Sie zapfen, wo sie können.«
    »Trink, Götze, 's ist von dem bittern Zerbster, das spült den Magen wieder klar.«
    Er setzte an und trank und setzte die leere Kanne nieder. Er nickte ihr freundlich zu: »Hast recht, 's ist von dem Bittern.«
    »'S ist mancherlei bitter!« seufzte sie.
    »Der arme Hans Jochem, wer hätte das gedacht, Gitte! Na nu will ich auch zu ihm.«
    »Bleib nur, Götze, sie thun ihn verbinden jetzt. Er schreit jämmerlich. An's Leben geht's ihm nicht,« sagte der alte Hildebrand. »Aber wie's nachher mit ihm gehen wird, ich meine, wenn er durchkommt! Reiten kann er nicht mehr und tanzen auch nicht. Weißt Du noch, wie er bei dem Banket in Plessow herumstrich, er und die Eva? Sie waren noch Kinder, aber die Leute sprachen gar Absonderliches. Na und dann Götze, Unseres und Seines zusammengeschlagen, da hätten die Hohenziatzer auch können den Vettern in Friesack zeigen – das ist nun nichts. Ein Ritter wird er nicht mehr, sein Lebtag nicht, und was ist er dann? Und der Hans Jochem in's Kloster! Mann, Mann, das will mir gar nicht im Sinn. An den Hans Jürgen hatte ich immer gedacht, der taugt doch zu nichts. Aber –«
    »Ich wollt's nicht,« fiel Herr Gottfried ein. »Sein Vater seliger konnte die Pfaffen nicht leidenund ich kann sie auch nicht leiden. Er hat grade Beine, laß ihn gehen, wo er hinläuft.«
    »Und weißt Du, was mir nicht gefällt, Götz?« – Sie sah sich um, der Meier und der Knecht Kasper hatten die Halle verlassen; sie waren allein. – »'S ist was zwischen der Eva und dem Hans Jürgen. Sie haben sich immer geneckt, aber seit ein paar Tagen da ist was los.«
    »Kinderpossen!«
    »Du hast schon Recht, sie sind Kinder. Aber die Agnes, denk' Dir, das stille Kind, die ist wie außer sich um den Hans Jochem. Hat gesorgt für ihn, als wär's ihr Bruder, ist hinausgelaufen, von Allen zuerst, als wir's hörten, und brachte ihm Wasser zu trinken. Eh' Einer sich nur besinnen konnte, hatte sie ihm nasse Umschläge gelegt, und dann, ach Gott, ich weiß nicht Alles. Und daraus kann doch nur Unglück kommen. Und darum, was meinst Du, wir schicken sie nach Spandow, je eher so besser.«
    Das Zerbster Bitterbier mußte wunderbar auf den Ritter gewirkt haben. Er seufzte so tief und schwer auf, als schöpfte er plötzlich Erinnerungen aus dem Ziehbrunnen seiner Seele. Die breiten Hände auf seine Knie schlagend, hub er an:
    »Ich sage Dir, Brigitte, es kommt nirgend was raus als Unglück! Und das kommt alles blos daher, weil die Menschen es immer besser machen wollen, als es ist. Der liebe Gott muß doch gewußt haben, warum er's so machte, aber nein, sie müssen kehren und putzen und scheuern.«
    Frau Brigitte sah ihn bedenklich an, ob ein Vogel von der Wäsche gesungen. Es war anderes, was ihrem Eheherrn hinter'm Ohr hüpfte.
    »In Berlin werden sie lateinisch sprechen, die Jungen sollen durch die Gucker in die Sterne sehn und die Weiber die Nativitäten stellen. Aus dem Reich ist ein lateinischer Gelehrter verschrieben, der soll dem Hofe Unterricht geben, und Komödien wollen sie spielen von einem Heidenmenschen, der vor zwei tausend Jahren schon gestorben ist, der heißt Terwenzel. Mögen sie scharwenzeln, mögen

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